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Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen

Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen

Titel: Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen
Autoren: Peter O'Donnell
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Küste zu schaffen. Ein Ablenkungsmanöver war notwendig, und er hatte dafür auch schon einen Plan.
    Plötzliche Bitterkeit stieg in ihm auf, unbändige Wut gegenüber jenen irdischen oder überirdischen Mächten und jenen heimtückischen Fügungen des Schicksals, die dazu geführt hatten, daß sich Wei Lu vor vielen Jahren einen Feind machen mußte und daß dieser Feind nun an ihm Rache üben wollte … ausgerechnet jetzt, da Willie Garvin einen Auftrag zu erfüllen hatte, bei dem die Anwesenheit Wei Lus unbedingt erforderlich war. Der Auftrag an sich war einfach, aber für Willie Garvin das Wichtigste, das er in seinem ganzen Leben bisher unternommen hatte.
    Vor einigen Tagen hatte er mehr als tausend Kilometer entfernt ein dunkelhaariges Mädchen in einem weißen Leinenkleid gesehen, das ihn bei seinem Karatekampf im Thai-Stil gegen den lokalen Champion Chit Leng von einem Sitz in der Nähe des Ringes beobachtete. Willie wollte auf diese Weise genug
baht
verdienen, um das Land verlassen zu können. Wenige Augenblicke nach seinem Sieg, als er sich gerade sein Hemd anzog, war die Polizei gekommen, um ihn wegen der Schlägerei, in die er am Vorabend verwickelt gewesen war, zu verhaften. Als er weggebracht worden war, hatte er ihren Blick aufgefangen, hatte die forschende Neugier in ihren Augen bemerkt und war einen Moment lang aus seiner düsteren Verbitterung emporgetaucht, gerade lange genug, um ihren Blick mit einem Schulterzucken und einem Grinsen zu erwidern.
    Als er nach einer Stunde freigelassen wurde und hörte, Modesty Blaise habe einen ausreichenden Geldbetrag als Kaution für ihn hinterlegt, wußte er, daß es sich um das Mädchen handelte, das er im Stadion gesehen hatte. Er war verblüfft. Seit kurzem wurde der Name Modesty Blaise in der Unterwelt immer öfter genannt. Sie war der Kopf einer Organisation mit dem Namen »Das Netz«, die ihren Sitz in Tanger hatte und erst vor relativ kurzer Zeit gegründet worden war, sich aber rasch vergrößerte und bereits auf verschiedenen Gebieten einige erstaunlich clevere Coups gelandet hatte. Willie Garvin hätte sich nie träumen lassen, daß Modesty Blaise erst ein Mädchen Anfang Zwanzig war.
    Als er erfuhr, daß sie das Gefängnis verlassen hatte, nachdem sie seine Freiheit erkauft hatte, jagte er ihr die Straße hinunter nach, stand dann vor ihr und bedankte sich stotternd, während sie ihn mit dem ruhigen Blick ihrer mitternachtsblauen Augen musterte. Er nahm undeutlich wahr, daß es diese Augen waren, in denen man den Willen, die Intelligenz und vor allem die ungeheure Erfahrung ablesen konnte, die eigentlich jemandem zustanden, der doppelt so alt war wie sie, und daß diese Faktoren dafür ausschlaggebend waren, daß ihr Name mit Hochachtung in Kreisen ausgesprochen wurde, in denen Männer sich sonst nicht so leicht beeindrucken ließen.
    Als er schließlich verstummte und nicht weiter wußte, sagte Modesty Blaise: »Ich habe gehört, Sie seien eine gefährliche Ratte, Willie Garvin. Ich habe keine Verwendung für Ratten, aber ich habe das Gefühl, daß in Ihnen noch ein zweiter Willie Garvin steckt. Wenn Sie für mich arbeiten, könnte er eine Chance bekommen.« Sie nahm ein Bündel Geldscheine aus ihrer Handtasche und gab sie ihm. »Kaufen Sie sich etwas Anständiges zum Anziehen und seien Sie morgen um zehn Uhr vormittag im Hotel Amarin in der Ploenchit Road.«
    Willie Garvin sah ihr nach, während sie davonging, und fühlte, wie sein ganzes Weltbild plötzlich zusammenbrach und er von Gefühlen übermannt wurde, die ihm bisher völlig fremd gewesen waren. Er hatte viele Frauen gekannt und viele Sorten von Frauen, aber niemals eine wie sie. Trotz ihrer Jugend kam sie ihm sehr erwachsen vor, und er hätte alles für sie getan, um ein Lächeln der Zustimmung von ihr zu erringen. Als er ihr nachsah, fühlte er in sich ein tiefes und beinahe schmerzliches Verlangen aufsteigen. Dieses Verlangen war jedoch frei von sexueller Begierde, so seltsam das auch schien, war sie doch ein ausgesprochen gutaussehendes Mädchen mit einem makellosen Körper und jenen besonders geschmeidigen Bewegungen, die auf eine außerordentliche physische Leistungsfähigkeit hindeuteten.
    Willie Garvin war eine halbe Stunde vor der vereinbarten Zeit in der Eingangshalle des Hotels Amarin, frisch geduscht und rasiert. Er trug einen dunklen Konfektionsanzug, der seine stattliche Figur gut zur Geltung brachte. Das Treffen in Modestys Hotelzimmer dauerte nur kurz. Sie übergab ihm einen
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