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Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Titel: Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten
Autoren: Peter O'Donnell
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werde dich um einen Tanz bitten», sagte Collier, während er Modestys und sein eigenes Glas mit Champagner füllte, «sobald es mir gelungen ist, festzustellen, was von mir erwartet wird. Ich bin natürlich nicht mehr auf dem laufenden. Weiß nicht, ob das ein Frug oder ein Watussi oder was sonst ist. Aber nicht zwei Tänzer scheinen sich darüber einig zu sein. Die Dame dort mit dem blauen Haar geht abwechselnd in die Knie und schleudert die Arme in die Luft, während ihr beleibter Partner mit den glänzenden Wangen ein unsichtbares Pferd zu reiten scheint. Welche Methode bevorzugst du?»
    Bevor Modesty antworten konnte, hörte man einen plötzlichen, sehr lauten Tschinellenschlag. Die Musik wurde leise und verklang. Das Stimmengewirr wurde für einen Augenblick lauter, verwandelte sich dann aber sofort in Flüstern.
    Auf dem Musikpodium stand ein Mann. Er trug einen knöchellangen Regenmantel aus Kunststoff, und sein ganzer Kopf war von einer Kapuze verhüllt. Sie hatte keine Augenlöcher; vermutlich konnte man von innen durch das Gewebe sehen, obwohl es von außen undurchsichtig wirkte. Der Mann hielt ein Gewehr mit abgesägtem Lauf in der Hand.
    Ein zweiter Kapuzenmann stand bei der Tür, die zum Landesteg führte, und ein dritter bei der Tür zum Hotel. Beide hatten Gewehre mit abgesägtem Lauf.
    Collier sah die Tänzer zurückweichen, als drei weitere Männer, ebenso verhüllt, mit raschen Schritten das Tanzparkett betraten. Diese drei trugen Dienstrevolver.
    Sie trennten sich; einer ging nach links, der zweite nach rechts, der dritte ging weiter bis zum Ende der Terrasse. Der Mann auf dem Podium sagte in einem langsamen Französisch mit deutlichem Akzent: «Hören Sie mir bitte genau zu. Ich sage das nur einmal. In ein paar Sekunden wird ein Kellner mit einem Tablett umhergehen. Sie werden Ihren Schmuck und alle Wertgegenstände darauflegen. Wenn Sie sich weigern, werden Sie verletzt werden. Das ist alles.»
    Er gab der Musik ein Zeichen. Nach ein, zwei Sekunden des Zögerns begann die Band wieder zu spielen. Der Mann fuchtelte mit der freien Hand ungeduldig in der Luft umher, um anzuzeigen, daß sie lauter spielen sollten. Der Lärm schwoll an.
    Caspar stand unbeweglich mit geschlossenen Augen da, die Hände an den Kopf gepreßt; seine Lippen bewegten sich. Plötzlich rannte er auf einen der Kapuzenmänner zu. Das Krachen des Revolvers ging im Lärm der Band beinahe unter. Caspar blieb abrupt stehen und zuckte zusammen. Er griff nach seinem Arm und fiel mit einem Ausdruck blanken Erstaunens auf die Knie. Die Band spielte weiter. Niemand rührte sich.
    Ein bleicher Kellner wurde nach vorn geschoben, man preßte ihm ein Tablett in die Hand. Collier sah, daß Willie und Dinah ungefähr in der Mitte der Terrasse eng nebeneinander standen. Willie blickte zu Modesty. Collier sah sie an; ihr Gesicht war unbeweglich, ihre Augen auf Willie gerichtet. Sie schüttelte den Kopf und begann, ihre Brosche zu öffnen.
    Collier blickte wieder zu seiner Frau, sah ihr aschgraues Gesicht, sah ihre Hände, die sie gegen die Brust gepreßt hielt. Erst da fiel ihm ein, daß sie Modestys Perlen trug, und er spürte, wie ihm das Blut vor Schreck aus dem Gesicht wich.
    Jetzt stand der Kellner vor Dinah. Sanft zog Willie Garvin ihre Hände weg, öffnete den Verschluß der Perlenkette und legte sie auf das Tablett. Collier fühlte sich krank vor Verzweiflung. Etwas später legte er seine dünne Brieftasche auf das Tablett und sah, wie Modesty ihre Smaragdbrosche auf den glänzenden Haufen von Schmuck und Gold fallen ließ.
    Der Rückzug war ebenso gut organisiert wie die ganze Aktion. Zwei Männer mit Gewehren blieben bei der Terrassentür stehen, während die anderen zum Landesteg gingen. Ein Motor heulte auf. Die beiden Männer drehten sich um und verschwanden. Während die Band zu spielen aufhörte und ein Stimmengewirr sich erhob, hörte man das Geräusch eines starken Bootes, das in die Dunkelheit hinausraste.
    Caspar kniete immer noch mit gebeugtem Kopf mitten auf dem Tanzparkett; zwischen den Fingern der Hand, die einen Arm umklammert hielt, tropfte Blut.
    Jetzt stand Modesty neben ihm.
    «Wieder …» murmelte er wie betäubt. «Mein Gott, es ist
wieder
geschehen!»
    «Lassen Sie mich Ihren Arm sehen, Caspar.»
    «Meinen Arm? Ach, es ist nichts … nur eine Fleischwunde.» Er blickte sie mit ausdruckslosen Augen an und erhob sich unsicher. «Unter meinen Gästen sollte doch auch ein Arzt sein, zum Teufel …» Plötzlich
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