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Moderne Piraten

Titel: Moderne Piraten
Autoren: Hans Dominik
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Himati, daß du die Statuette genommen hast; aber die andern werden es sagen, wenn wir sie nicht finden. Wer war außer dir noch hier im Hause?«
    »Der griechische Herr, Sahib, nur der griechische Herr, sonst niemand.«
    »Der griechische Herr? Wer ist das?«
    »Herr Megastopoulos, Sahib. Er besuchte meinen Herrn oft.«
    Bei der Nennung dieses Namens kam Gransfeld eine Erinnerung. Megastopoulos? Hatte er den Namen nicht vor zwei Tagen im Hotel in Port Said gelesen? »Megastopoulos? Ist das ein mittelgroßer Herr mit schwarzem Haar und Spitzbart? Meinst du diesen, Himati?«
    »Ja Sahib, das ist er, so sieht er aus.«
    »So, so? Der war hier? Sahst du ihn fortgehen?«
    »Ja, er kam zu mir. ›Himati, dein Herr schläft‹, sprach er und sagte, daß er morgen wiederkommen wolle.«
    »Er ist aber nicht wiedergekommen?«
    »Nein, Sahib, er ist nicht wiederbekommen.«
    »Wie war er gekleidet, als er dich verließ?«
    »Wie immer, Sahib. Er trug einen grauen Anzug, darüber einen weiten Raglan.«
    Eine Weile stand Gransfeld nachdenkend. »Einen weiten Raglan, sagst du, Himati? Konnte er da wohl die Statuette drunter verbergen, ohne daß du etwas davon merktest?«
    Schnell kam die Antwort des Boys. »Ja, Sahib, das wäre möglich gewesen.«
    Geraume Zeit schwiegen beide, jeder mit seinen Gedanken beschäftigt. Dann sprach Gransfeld: »Das Haus wird nun zugeschlossen, Himati, bis ein neuer Herr von der Company hierher kommt. Wo wirst du hingehen?«
    »Sahib, ich habe mir im Dienste meines alten Herrn Geld gespart. Ich werde nach Alexandria gehen und am Hafen eine Garküche aufmachen.«
    »Du wirst also zu finden sein, wenn man dich sucht?«
    »Ja, Sahib.«
    Als Gransfeld nach Erledigung der letzten Angelegenheiten das Haus verließ, um nach Port Said zurückzukehren, enthielt sein Notizbuch die neue Adresse, unter der er Himati in Alexandria erreichen konnte.
    *
    Tag und Nacht hatten die Krane im Hafen von Port Said gearbeitet, um die Ladung der »Usakama« zu löschen und neue Lasten in ihren Leib zu senken. Mit Hochdruck waren die Kabinen und Gesellschaftsräume gesäubert und für die Aufnahme neuer Fahrgäste bereitgemacht worden. Fahrplanmäßig ging das Schiff am Abend des fünften Tages nach seiner Ankunft wieder aus dem Hafen. Langsam schob sich der gewaltige Rumpf zwischen den massigen Molen von Port Said nach Westen. Jetzt fuhr es an den letzten Leuchtfeuern vorbei. Ein leises Schwanken des Schiffes verriet, daß die offene See erreicht war. Stärker wurde das Spiel der Schrauben und schneller die Fahrt.
    Das Achterdeck war leer. Am hintersten Teil neben dem Flaggenstock lehnte sich Rudi über die Reling und blickte auf das Schraubenwasser. Der schaumige Wasserstreifen war durchsetzt von unzähligen Lichtflecken. Seequallen waren es, die die Schrauben bei jeder Umdrehung zu Hunderten emporwirbelten und zum Leuchten reizten. Rudi vergaß Zeit und Raum über diesem Schauspiel.
    Da traf unversehens ein schwerer Schlag seine Schläfen, die Sinne schwanden ihm.
    Ein Gefühl der Kühle war die erste Empfindung, die er wieder hatte. Wasser war um ihn! Unwillkürlich machte er Schwimmbewegungen. Wo war er? Weit vor ihm waren der Rumpf und die Rauchfahne der »Usakama« zu erkennen. Weites Meer um ihn herum, das sich in langer Dünung hob und senkte. Hinter ihm die Molenlichter von Port Said. Dies war wenigstens ein Richtpunkt in der Wasserwüste, eine Möglichkeit der Rettung, wenn es ihm gelang, die Mole zu erreichen. Doch eine lange Strecke war es bis dorthin. Würden seine Kräfte reichen? Gab es etwa Haifische? Im Hafen von Port Said hatte er welche gesehen. Waren sie auch hier, im offenen Meer, dann …
    Rudi war ein tüchtiger Schwimmer. Geschickt entledigte er sich der Kleidung, soweit sie ihm hinderlich war, und begann in langen, kraftsparenden Stößen auf das Molenlicht zuzuschwimmen. Stunden verrannen darüber. Nur noch matt und mechanisch führte, sein Körper die Bewegungen aus, während sein Geist abzuirren begann. Schon zeigte sich im Osten der schwache Schein kommender Dämmerung. Noch war er dem Molenfeuer nicht näher gekommen, es schien ihm sogar ferner denn je zu sein. Zu heftig war die Meeresströmung, die ihn abtrieb. Dunkel und traumhaft wurden Rudis Gedanken. Kaum fühlte er noch, wie seine Kräfte nachließen. Ein paar Schwimmstöße, eine Spanne wohliger Müdigkeit – jetzt sich wegsacken lassen, den Seemannstod sterben!
    Die Flut ging bereits über seinen Kopf hinweg. Noch einmal riß er sich in
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