Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Modemädchen Bd. 2 - Wie Marshmallows mit Seidenglitzer

Modemädchen Bd. 2 - Wie Marshmallows mit Seidenglitzer

Titel: Modemädchen Bd. 2 - Wie Marshmallows mit Seidenglitzer
Autoren: Sophia Bennett
Vom Netzwerk:
fremdsprachige Fotos an, aber es zählt trotzdem) und Edie spielt ein langweiliges Videospiel. Ha! Auf einmal fühle ich mich trotz allem nicht mehr ganz so elend.
    Kurz bevor der Zug im Gare du Nord einfährt, taucht Granny auf. Eigentlich sollte sie während der Fahrt auf uns aufpassen, aber sie hasst Großraumabteile, wo telefonieren erlaubt ist, und so hat sie während der Fahrt auf unsere Gesellschaft verzichtet und sich in ein ruhiges Abteil zurückgezogen.
    Granny hat bereits ihr Beerdigungsoutfit an. Schwarzer Kaschmir und Fuchspelz über Stiefeln von Balmain. Granny findet Pelz FABELHAFT und sehr praktisch, wenn es im Winter kalt ist. Sie und Edie über das Thema streiten zu hören ist ziemlich witzig. Heimlich finde ich Pelz auch toll, aber ich würde nie welchen tragen, außer wenn ich ein Eskimo oder so was wäre. Das geht einfach gar nicht, oder? Außer bei Granny – bei ihr geht es.
    »Seid ihr fertig, Mädchen? Ah, die französische Vogue , Nonie. Gut gemacht. C’était bon ?«
    Ich antworte nicht. Grannys Aussprache ist grauenhaft und die einzige Art, sie vom Französischreden abzubringen, ist sie zu ignorieren. Sie denkt, ich wäre unhöflich, aber es ist zu ihrem eigenen Besten.
    Wir sammeln unser Zeug ein und machen uns zum Aussteigen bereit. Mein Blick fällt auf Krähe und ausnahmsweise sieht sie nicht verträumt oder zugeknöpft aus. Sie sieht … anders aus.
    »Alles in Ordnung?«, frage ich.
    Sie nickt und dann flüstert sie das Zauberwort: »Paris!«
    Natürlich! Paris ist der Mittelpunkt des Mode-Universums. Paris ist die Heimatstadt ihres Lieblingsmodeschöpfers – Christian Dior – und gleich wird Krähe zum allerersten Mal den Fuß auf Pariser Boden setzen, nachdem sie davon in allen Einzelheiten geträumt hat, seit sie acht Jahre alt war. Ich hoffe nur, dass Paris ihren Erwartungen gerecht wird.
    Klar, da ist der Eiffelturm und die Seine und das Louvre und der Notre Dame und die kleinen Boutiquen. Aber es gibt auch viel Dreck und Hundehaufen und verrückte Taxifahrer und Touristenmenüs und jede Menge ziemlich einschüchternde Unhöflichkeiten seitens der Pariser, falls man mal einen Fehler macht. Aber dafür gibt es außerdem das Centre Pompidou und die Croissants und die Crêpes und heiße Schokolade und die Cafés und die großen Boutiquen.
    Es wird ihr gefallen. Egal was sie erwartet, Paris wird ihr gefallen.
    Mitten im Bahnhofsgedränge steht ein einsamer kleiner Mann in einem uralten Burberry-Trenchcoat und sieht ein bisschen verloren aus.
    Ich lasse alles fallen und renne auf ihn zu und werfe mich in seine Arme.
    »Papa!«
    Etwas bestürzt stelle ich fest, dass ich inzwischen so groß bin wie er. Sogar ein bisschen größer. Mein Vater ist wirklich mikroskopisch klein. Ich schätze, er musste sich auf eine Kiste stellen, um Mum zu küssen, als sie noch zusammen waren. Heimlich sehe ich von oben nach, ob er eine Glatze bekommt, aber glücklicherweise macht mein Vater, was ihm an Größe fehlt, durch Haarfollikel wett. Haare hat er jede Menge. Sie machen ihn mindestens zwei Zentimeter größer.
    »Nonie! Trésor! «
    Viele, viele feste Umarmungen. Die anderen kommen und Papa umarmt auch Edie und Krähe. Er war bei Krähes erster Modenschau dabei, deshalb weiß er, wie toll sie ist, auch wenn es so klingt, als würde er husten, wenn er ihren Namen ausspricht. Als sie ihn umarmt, verheddert er sich fast in ihrem Poncho. Donnerwetter. Selbst Krähe ist so groß wie er. Armer Papa.
    Granny und Papa begrüßen einander mit einem nervösen Lächeln und einem Kopfnicken. Granny hält Papa für einen traurigen künstlerischen Versager und Papa hält Granny für eine elegante, aufgeblasene Irre mit schrecklicher Aussprache. Glücklicherweise hat sie sich im Ritz eingemietet und die beiden werden nicht allzu viel voneinander mitbekommen.
    »Bis morgen, Mädchen«, sagt sie und legt die Finger fest um den Koffergriff. »Halb zwölf. Schlaft, so viel ihr könnt.«
    Dann eilt sie mit fliegendem Fuchspelz auf die Schlange am Taxistand zu, während Papa uns zum Métro-Eingang bringt. Papa hat kein Auto, kann nicht fahren und versteht den Sinn von Taxis nicht, wenn es doch U-Bahnen und Busse gibt. Er hält einen Fächer kleiner weißer Métro-Karten für uns hoch und mir wird warm ums Herz. Pariser Métro-Karten stehen bei mir auf der Liste der zehn romantischsten Dinge aller Zeiten.
    Während Papa uns durch die Schranken, Treppen und Gänge bis zum richtigen Bahnsteig führt, sehe ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher