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Modemädchen Bd. 1 - Wie Zuckerwatte mit Silberfäden

Modemädchen Bd. 1 - Wie Zuckerwatte mit Silberfäden

Titel: Modemädchen Bd. 1 - Wie Zuckerwatte mit Silberfäden
Autoren: Sophia Bennett
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inzwischen, doch genauso elegant: James und Grace Lamogi. Krähe, fällt mir auf, ist das Ebenbild ihres Vaters. Stocksteif steht er da, ohne zu lächeln, ohne zu klatschen, doch ich kenne seine Tochter gut genug, um zu wissen, dass er jeden Augenblick in sich aufsaugt, und ich habe das Gefühl, dass er möglicherweise einen Anflug von Stolz verspürt.
    Ich beobachte Krähes Schultern vor mir. Sie hängen herab, schüchtern, verlegen im Angesicht des Begeisterungssturms. Dann sehe ich, wie sie sich plötzlich aufrichtet. Ihr Körper spannt sich. Sie starrt ins Publikum, und ich vermute, sie hat ihre Eltern entdeckt. Doch erst, als ich noch mal nachsehe, erkenne ich, was Krähe sieht.
    James und Grace Lamogi sind nicht allein. Es steht noch jemand neben ihnen. Er starrt Krähe eindringlich an, als könnte nichts auf der Welt die Verbindung zwischen den beiden zerstören. Er trägt einen kleinen Ranzen, genau wie den, den Krähe immer bei sich hat. Er lächelt nicht. Mit den Augen stellt er Krähe eine Frage.
    Plötzlich springt sie vom Laufsteg und fliegt durch den Raum. Wie sie dort hinkommt, über die Stühle und die Leute und die Kameras und Fotoausrüstungen, ist mir ein Rätsel. Doch sie ist innerhalb von Sekunden dort. Sie ist bei Henry, und ich höre ihren Schrei trotz des ganzen anderen Lärms im Raum, der ohrenbetäubend ist.
    Sie wirft ihm die Arme um den Hals und drückt ihn, als wollte sie fünf Jahre wiedergutmachen. Was immer er sie mit den Augen gefragt hat, ihre Antwort ist Ja. Beiden laufen die Tränen über das Gesicht.
    Im gleichen Moment gehen auf dem Laufsteg die Lichter aus,und nur ein einziger Spot bleibt übrig, der auf die Stelle gerichtet ist, wo Krähe eben noch gestanden hat. Die Zuschauer werden still. Perfektes Timing. Nur dass Krähe nicht mitspielt. Im Publikum werden Rufe laut, man will sie wieder auf der Bühne sehen. Doch ich weiß, dass sie nicht mehr kommt. Das alles ist nur noch Nebensache. Krähe hat ihren Bruder gefunden. Jemand anders muss die Modenschau zu Ende bringen.
    Ich trete vor Svetlana und stelle mich ins Scheinwerferlicht. Seltsamerweise ist mein Lampenfieber mit einem Schlag verschwunden. Ich glaube, was ich spüre, ist Euphorie. Es fühlt sich an wie ein Rausch, nur ohne Nebenwirkungen. Egal was es ist, auf einmal kommt mir die Aufgabe, die ich zu erledigen habe, wie ein Kinderspiel vor.
    »Vielen Dank, dass Sie alle gekommen sind«, beginne ich. Jede Menge Jubel. Zuerst bedanke ich mich bei Skye und allen Models und all unseren Helfern und Andy Elat und Amanda. Ja, es stellt sich heraus, dass ich gut in solchen Sachen bin.
    »Manche von Ihnen wissen«, schließe ich irgendwann, »wie lange Krähe darauf gewartet hat, dass ihr Bruder endlich nach Hause kommt. Große Brüder sind wichtige Menschen …« Plötzlich fällt mir Harry ein, und ich winke ihm von der Bühne zu. Er grinst und winkt zurück. »Bitte sehen Sie in Ihre Geschenktüten. Sehen Sie sich die Website an. Spenden Sie. Unterschreiben Sie die Petition. Erzählen Sie jedem von den unsichtbaren Kindern, damit sie alle irgendwann nach Hause kommen.«
    Wieder brandet eine Welle Applaus durch den Saal, und dann kramen die Leute nach ihren Programmen und den Geschenktüten und fangen an, mit den Stühlen zu rücken. Dann geht die Tür auf und Edie sorgt dafür, dass Krähe und Henry und ihreEltern die Ersten sind, die verschwinden können. Womit es in den nächsten zwei Stunden an mir hängenbleibt, Fragen zu beantworten, dafür zu sorgen, dass die Kleider ordentlich eingepackt werden, den Models noch einmal zu danken, von etlichen überkandidelten Modefuzzis abgeküsst zu werden, Blumen entgegenzunehmen, Wegbeschreibungen zur After-Show-Party weiterzugeben, Entscheidungen zu treffen und ganz einfach meinen Job zu machen.

  
    Wenn Andy Elat seine besonderen Gäste in London unterbringt, tut er das nicht im nächsten Flughafenhotel. Oh nein. Er bringt sie in seiner Lieblingssuite im Dorchester unter, dem Lieblingshotel von Rock-Göttern und Filmstars. Jetzt wohnen die Lamogis ein paar Tage lang hier. In vierzehn Tagen kommt Hollywoods heißestes Paar.
    Wir haben uns in der Suite versammelt und bewundern die Einrichtung. Eigentlich stimmt das nicht ganz. Wir lästern über die Einrichtung, die für uns Londoner Minimalisten viel zu plüschig und für die Lamogis viel zu protzig ist.
    Es ist Sonntag. Wir sind heute Abend hier, um uns auf einem der teuren, überdimensionalen Fernseher alle zusammen die
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