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Model-Ich (German Edition)

Model-Ich (German Edition)

Titel: Model-Ich (German Edition)
Autoren: Eva Padberg
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Ansammlung von einfachen Lehmhütten. Obwohl gerade Unterrichtszeit ist, sehe ich viele Kinder. Es gibt nicht genug Platz für alle und die ärmsten Familien können es sich nicht leisten, ihre Kinder zur Schule zu schicken.
    Später besuchen wir ein Ausbildungs- und Schulprojekt in Bobo. Ältere Kinder, die dazu vorher keine Chance hatten, können hier ihre Ausbildung nachholen und im Anschluss einen handwerklichen Beruf erlernen. Ich frage die Mädchen, was sie einmal werden wollen. Schneiderin, sagen viele. Und vielleicht irgendwann einmal einen eigenen Laden besitzen.
    Die Klassen sind sehr viel kleiner, nur zehn bis 20 Kinder nehmen am Unterricht teil. Es fehlt das Geld, um den Kindern mehr Kapazitäten zu bieten. Die Lehrer kommen mir so jung vor, als wären sie gestern selbst noch zur Schule gegangen, vielleicht sind sie deshalb so motiviert und so geduldig im Umgang mit den Kindern und Jugendlichen. In den Klassenzimmern wird konzentriert gearbeitet. Jeder hier weiß, dass sie hier eine Möglichkeit haben, sich selbst eine bessere Zukunft zu gestalten und ihren eigenen Kindern später ein anderes Leben, ohne Armut und Hunger, zu ermöglichen.

Tag 3
    Auf der Rückfahrt nach Ouagadougou machen wir halt und sprechen mit einigen Bauern, deren Felder die Straße säumen. Baumwolle ist eines der wichtigsten Exportgüter in Burkina Faso. Die Industrie ist riesig und gnadenlos auf Profit ausgerichtet. In der Erntezeit muss die ganze Familie mit anpacken, um
das Überleben zu sichern. Auch die Kleinsten verrichten harte körperliche Arbeit in unerträglicher Hitze. Seit einiger Zeit bemühen sich Organisationen wie Transfair, den Bauern durch gezielte Projekte zu helfen. Durch fairen Handel verdienen die Familien mehr Geld und können ihre Kinder zur Schule schicken. Baumwolle und andere Produkte (wie Tee, Kaffee oder Schokolade) aus diesen Projekten kann man bei uns mittlerweile ganz normal im Handel kaufen und so einen Beitrag leisten.

Tag 4
    Zurück in Ouagadougou. Im September 2009 haben viele Einwohner der Stadt wegen Überschwemmungen ihre Häuser verloren. Wir besuchen eines der Notfalllager, die mithilfe von UNICEF errichtet wurden. In der Zeltstadt versuchen 4000 Menschen, so etwas wie einen Alltag zu leben. Die Männer gehen auf Arbeitssuche in die Stadt, die Frauen kümmern sich um die Babys, während die älteren Kinder eine Schule besuchen.
    Ich treffe eine Frau, deren Familie alles verloren hat, ihr Haus und ihr gesamtes Eigentum. Die Regierung plant, ihre und andere Familien bald an einen anderen Ort umzusiedeln, damit sie sich ein neues Zu Hause aufbauen können. Als Unterstützung sind 100 Euro vorgesehen. 100 Euro für ein Haus, die Eltern und drei Kinder – das klingt unmöglich. Aber es ist eine Hoffnung. Während die Frau darauf wartet, dass Ärzte einen ihrer siebenmonatigen Zwillinge versorgen (sie hat nicht genug Milch für beide), sagt sie, dass sie wieder für ihre Familie sorgen möchte, für sie kochen und einen Haushalt führen. Sie wartet, dass die Tage bis dahin schnell vorüberziehen.
    Egal, wohin wir kommen, werden wir von den Menschen ohne Skepsis und mit Offenheit und Neugierde begrüßt. Am meisten beeindrucken mich immer wieder die Frauen, die mit unfassbarer Kraft ihr Leben bewältigen. Ihre Stärke und ihr Stolz machen mich demütig. Sie sind das Herz dieses armen Landes.
    Auf unserem Weg aus dem Lager werden wir wie überall von einer Horde Kinder begleitet. Sie sind aufgedreht und machen Späße, wollen spielen und toben. Kinder sind immer Kinder, egal auf welchem Kontinent, egal wie sie aussehen oder welche Sprache sie sprechen – wenn man sie lässt.
    An diesem Nachmittag sehen wir einen Ort, an dem es keine Kindheit gibt. In einem Granitsteinbruch bei Ouagadougou begegne ich einem 14-jährigen Jungen, der jeden Tag elf Stunden lang in der prallen Sonne Granitsteine zu Kies zertrümmert. Seine Mutter und sein Vater arbeiten auch hier. Es gibt keinerlei Sicherheitsvorkehrungen für die Arbeiter und über allem liegt ein beißender Geruch von verkohltem Gummi. Um den Granit porös zu machen, wird er auf brennende Autoreifen gelegt. Nach nur kurzer Zeit bekommt man von dem Gestank Kopfschmerzen und einen sehr trockenen Hals. Unvorstellbar, welche Auswirkungen das Arbeiten in dieser Umgebung langfristig hat. Überall sieht man Kinder – Babys, die auf dem Rücken ihrer Mütter festgebunden sind, Kleinkinder, die barfuß herumlaufen und von Kopf bis Fuß mit Steinstaub
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