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Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Titel: Mode ist ein glitzernder Goldfisch
Autoren: Holly Smale
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nach, wie aufgeregt mein Vater war, wie stolz Annabel und wie selbstlos Nat. »Nein, das Modeln an sich mache ich sehr gern«, sage ich und bin selbst überrascht. »Aber ich will nicht jemand anders sein müssen, um es zu tun. Ich will immer noch ich sein können, und wenn das bedeutet, in meiner Freizeit ein Kostüm zu tragen und meine Mathehausaufgaben zehn Tage vor dem Abgabetermin zu machen und etwas über die Russische Revolution zu lernen, weil mich das interessiert, dann ist es okay Und wenn das nicht okay ist, dann sollte ich vielleicht nicht modeln.«
    Â»Aber wenn Sie Mode hassen …«
    Ich schüttle den Kopf, denn plötzlich ist mir klar geworden, dass das auch nicht stimmt. »Ich hasse Mode nicht. Wissen Sie, Jane, man hat Belege dafür gefunden, dass schon die Höhlenmenschen verschiedene Felle und Knochen getragen haben, um sich voneinander und von anderen Stämmen zu unterscheiden.«
    Â»Tatsächlich …«
    Â»Ich hasse also nicht, was Mode sein sollte. Wenn es eine kreative Möglichkeit ist, der Welt zu zeigen, wer man ist und zu wem man gehört, dann ist das gut, nicht wahr? Aber wenn ich ein Pu-der-Bär-Pullover bin, dann sollte mir erlaubt sein, meinen Pu-der-Bär-Pullover so oft zu tragen, wie ich will.« Ich halte inne und schaue in die Dunkelheit, wo Toby steht. »Oder ein T-Shirt mit einem elektronischen Schlagzeug drauf.« Ich sehe meinen Vater und Annabel an. »Oder ein Roboter-T-Shirt oder ein Nadelstreifenkostüm.« Und dann sehe ich Wilbur an. »Oder einen pinkfarbenen Zylinder, aus keinem besonderen Grund.«
    Â»Aber …«
    Â»Aber selbst wenn ich so was trage, sind und bleiben es nur Kleider. Sie können einen nicht zu etwas machen, was man nicht ist. Sie können einem nur helfen zu zeigen, wer man ist.«
    Halt den Mund, Harriet. Halt sofort den Mund.
    Die armen Moderatoren kommen nicht mehr zu Wort. Ich glaube, inzwischen habe ich völlig vergessen, dass ich im Fernsehen bin: Ich habe meine kleine Erleuchtung vor laufender Kamera vor fünf Millionen Menschen. Ich sitze »auf dem hohen Ross«, wie Annabel es ausdrückt, vor dem größten denkbaren Publikum.
    Na gut. Wenigstens lüge ich nicht mehr.
    Patrick sieht aus, als würde er ein wenig schwitzen, und einer der Kameramänner macht jetzt eine Drehbewegung mit dem Finger. Nick beugt sich vor. »Ich muss sagen, da bin ich ganz anderer Meinung«, sagt er, und ich zucke zusammen. Na klar. Er ist schließlich Yukas Neffe.
    Jane schenkt ihm ein Lächeln. Ich glaube, sie hat inzwischen mehr Spaß an dem Interview, als ihre Chefs es für wünschenswert halten. »Ehrlich?«
    Â»Absolut. Ich finde, Ferkel ist Pu haushoch überlegen. Harriet unterliegt da einer Fehleinschätzung.«
    Ich glotze ihn mit offenem Mund an. Was erzählt er da?
    Â»Ferkel?«, fahre ich auf.»Ferkel? Was hat Ferkel denn je Bedeutsames getan?«
    Â»Hat Pu zum Beispiel geholfen, als der bei Kaninchen in der Tür festgesteckt hat.«
    Nick und ich sehen einander ein paar Sekunden lang an und kommunizieren stumm. Auch wenn ich mir – wieder mal – nicht ganz sicher bin, was.
    Â»Also«, sagt Jane schließlich und unterbricht das Schweigen, »das war ein sehr interessanter Einblick in …« Sie überlegt.»… tja, nicht wahr? Mode aus der persönlichen Perspektive einer Muse.« Sie schaut zu Patrick und legt den Finger ans Ohr. Hat sie etwa auch ein Mikro? Sagt hier überhaupt irgendjemand, was in seinem eigenen Kopf ist? »Leider ist unsere Zeit für unser Mode-Spezial abgelaufen. Nach der Pause geht es weiter mit dem Thema: Wie kompostiert man am besten, was man dem Haustier aus dem Fell gebürstet hat?« Jane grinst in die Kamera und greift wieder zu ihrem Skript.
    Â»Und Schnitt!«, ruft der Kameramann. »Werbung läuft.«
    Ich bin fertig. Erledigt.
    Angesichts dessen, was ich gerade live im Fernsehen von mir gegeben habe, stimmt das wahrscheinlich in mehr als einem Sinne.
    Â»Tut mir leid, dass ich das Interview vermasselt habe«, sage ich leise zu niemand Bestimmtem.
    Oder – vielleicht … zu allen.
    Ich ziehe das Mikro unter meinem Hintern raus, flüstere »Tut mir leid,Yuka« und laufe in den dunklen Saal, wo meine Familie auf mich wartet.

73
    S ie sind sie gar nicht schwer zu finden, selbst bei dem trüben Licht.
    Schon von der anderen Seite des Raums
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