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Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Titel: Mode ist ein glitzernder Goldfisch
Autoren: Holly Smale
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zwinkert in die Kamera. »Ich glaube, das erraten wir leicht!«
    Mathe. Physik. Chemie.
    Â»Textilkunde und Kunst natürlich«, sage ich pflichtbewusst, nachdem ich eine Nanosekunde auf mein Stichwort gewartet habe. »Ich lebe und atme Mode.«
    Â»Und was ist mit deinen Schulfreundinnen? Ich wette, die sind beeindruckt, oder? Du bist jetzt sicher sehr beliebt.«
    Ich denke an Alexas mürrisches Gesicht und wie sie mir über die Straße »Affenmädchen« zugebrüllt hat. Ich denke an dreißig hochgereckte Hände. »Mhm«, sage ich.
    Â»Mhm war nicht, was ich gerade gesagt habe«, murmelt Yuka.
    Â»Und als neue Muse einer der größten Figuren der Modewelt«, sagt Jane aufgeregt, »ist das Modelleben so, wie du gedacht hast?«
    Yuka räuspert sich, und ich zucke leicht zusammen: Es ist wirklich unangenehm, so ein Räuspern direkt in den Kopf geschossen zu bekommen. »Modeln ist alles, wovon ich je geträumt habe.«
    Â»Modeln ist alles, wovon ich je geträumt habe …«
    Â»â€¦ Ich liebe Mode, weil es dabei um Individualität und Kreativität geht, um den Glauben an sich selbst und den Ausdruck der eigenen Persönlichkeit in seiner reinsten und ureigensten Form.«
    Â»Ich liebe Mode, weil es dabei um Individualität und Kreativität geht und … den Ausdruck der eigenen Persönlich…« Ich werde immer leiser und schweige.
    Jane beugt sich vor. »Persönlich?«, hakt sie nach.
    Â»Persönlichkeit«, sage ich leise, und dann schweige ich wieder und starre in die Dunkelheit, wo meine Familie sitzt. Hinter der Kamera gibt es einen Aufruhr, und irgendwo in meinem Ohr höre ich, dass Yuka in Panik gerät.
    Was mache ich bloß?
    Was zum Teufel mache ich hier bloß?
    Ich sitze hier vor fünf Millionen Menschen und rede mit einem Mikro im Ohr über den Ausdruck der eigenen Persönlichkeit? Ich labere was von wegen Individualität, dabei trage ich ein Kleid, in das jemand anders mich gesteckt hat, meine Frisur haben andere bestimmt, mein Make-up hat jemand anders aufgetragen, und ich plappere die Worte eines anderen nach?
    Ich rede über den Glauben an sich selbst, wo ich doch nur Model geworden bin, weil ich nicht an mich geglaubt habe?
    Ich lüge schon wieder. Habe ich denn gar nichts gelernt?
    Ich nehme das Mikro aus dem Ohr und setzte mich drauf. Unter meinem Hintern meine ich Yukas leises Brüllen zu hören.
    Â»Das stimmt nicht«, sage ich und atme tief durch. »Das ist alles nicht wahr.«
    Jane zuckt zusammen, und Patrick starrt aufgebracht auf den Teleprompter, weil er nicht kapiert, was hier abgeht.
    Â»Ich habe nie davon geträumt, Model zu werden«, sage ich entschlossen, ohne Nick anzusehen. »Ich wollte immer Paläontologin werden. Ich hab mich als kleines Mädchen auch nie vor dem Spiegel gedreht, meine Lieblingsfächer sind Mathe und Physik, in der Schule bin ich sehr unbeliebt, und ich glaube, das hier ändert daran auch nicht viel.«
    Â»Also«, sagt Jane und lacht nervös, »ist das nicht …«
    Â»Und ich liebe Mode nicht«, sage ich, denn jetzt kann ich nicht mehr an mir halten. Es kommt mir vor, als wäre es das Wichtigste, was ich je gesagt habe. »Kein bisschen. Ich habe mich nie für Mode begeistert und tue es auch jetzt nicht. Es sind nur Kleider.«
    Im Studio steigt ein kollektives Keuchen auf, und selbst das Mikro unter meinem Hintern hat aufgehört zu vibrieren.
    Â»Es gibt Wichtigeres«, fahre ich fort, richte den Blick in das dunkle Studio und rede zu schnell. »Und ja, der Glaube an sich selbst, der Ausdruck der eigenen Persönlichkeit und Individualität sind auch wichtig, aber wenn man trägt, was andere einem vorschreiben, und sagt, was andere einem vorsagen, und denkt, was andere einem vordenken, dann … na ja, dann hat man nichts von alldem, oder?«
    Patrick wirkt allmählich ein wenig verängstigt, und auf Janes Wangen machen sich rote Flecken breit. »Sie mögen es nicht?«, sagt sie und zieht die Stirn kraus. »Wollen Sie das damit sagen? Sie mögen das Modeln nicht?«
    Ich denke darüber nach. Ich denke darüber nach, wie ich nach Russland geflogen, im Schnee herumgehüpft und den Laufsteg runtergegangen bin. Ich denke an die Schmetterlingsmädchen. Ich denke darüber nach, wie viel Spaß es machen kann und wie ich mich dabei gefühlt habe. Ich denke darüber
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