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MK Boeckelberg

MK Boeckelberg

Titel: MK Boeckelberg
Autoren: Arnold Kuesters
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zusammenpassen, könnte ich mir vorstellen, dass wir den Schädel rekonstruieren lassen können. Es gibt Rechtsmediziner, die können vom Schädel eine Weichteilrekonstruktion machen. Ich habe da kürzlich mit einem Professor gesprochen, der auf diese Weise gerade versucht, einem etwa 15 Jahre alten Mädchen wieder ein Gesicht zu geben. Allerdings ist die Kleine vermutlich schon länger tot als unser Skelett, so rund 2.700 Jahre, wenn ich mich nicht irre.« Böllmann hob die Hand. »Also, dann, gutes Gelingen. Ach ja, bevor ich es vergesse – die Presse braucht noch nichts zu wissen. Erst brauchen wir mehr Fakten. Die Geier kommen noch früh genug.«
    Als Böllmann gegangen war, seufzte Frank. »Wie sollen wir das bloß anstellen? Ich habe überhaupt keine Idee. Außerdem will ich mich um Lisa kümmern. Sie ist heute morgen, kaum dass sie in der Schule war, bei mir aufgetaucht. Ihr war schlecht. Ich weiß nicht, was sie hat.«
    »Quatsch, mach dir keinen Kopf. So was ist normal. Und bei der ersten Schwangerschaft macht man sich sowieso viel zu viele Gedanken. Warte ab, wenn du erst vier Kinder hast, siehst du das auch lockerer.« Ecki sah seinen Freund aufmunternd an.
    * * *
    Böllmanns Ahnung wurde einen Tag später zum Horror-Szenario. Kaum hatten die Zeitungs- und Fernsehredakteure den druckfrischen Express gelesen, wurden Staatsanwaltschaft und Polizeipräsidium von den Medien förmlich überrollt. Nicht nur das Fernsehen blockierte mit seinen Recherchen die Telefonzentrale an der Theodor-Heuss-Straße, auch die diversen Nachrichtenagenturen und einige internationale Sportzeitungen überhäuften die Pressestelle mit Anfragen. Höhepunkt war am Nachmittag der Anruf einer japanischen Illustrierten, die exklusiv ein Interview mit dem Polizeipräsidenten verlangte. Der Anruf war zunächst irrtümlicherweise in der völlig ahnungslosen Abteilung für das interne Beschaffungswesen gelandet, was zur Folge hatte, dass der für den behördlichen Einkauf zuständige, angesichts der nur schwer zu verstehenden fernöstlichen Journalistin überforderte Beamte, lediglich bestätigen konnte, jahrelang eine Dauerkarte für den Block 26 gehabt zu haben. Irgendwelche Knochen seien ihm dagegen nie begegnet, hatte er auf Englisch zu erklären versucht. Dann, restlos am Ende seiner Hilfsbereitschaft, hatte er sich nur durch ein hastiges Auflegen des Hörers zu retten verstanden.
    Frank und Ecki waren schon kurz nach neun Uhr zum Rapport beim Polizeipräsidenten bestellt worden, der ihnen in seinem Büro zunächst wortlos die Ausgabe des Express auf den Tisch geknallt hatte.
    Die beiden Ermittler hatten fassungslos auf das riesige Foto gestarrt. Dort war deutlich zu sehen, dass Frank vor Ecki hockte und ihm einen menschlichen Unterkiefer und andere Knochen entgegenhielt.
    Die beiden konnten sich das Foto nicht erklären. Es konnte nur Zufall gewesen sein, dass der Fotograf just in dem Moment am Bauzaun des Bökelbergstadions gestanden hatte, als Frank und Ecki auf die Knochen gestoßen waren. Sie hatten jedenfalls niemanden bemerkt. Frank kannte den Fotografen, dessen Name neben dem Bild abgedruckt war: Diethelm Wichtelmanns, der vorwiegend Sportfotos machte und ansonsten gerne Bilder von Unfällen und anderen menschlichen Tragödien an die Boulevardblätter lieferte.
    Ausgerechnet Wichtelmanns, diese Pfeife, hatte Frank geflucht. Aber das hatte nichts an der Tatsache geändert, dass der Express den Knochenfund exklusiv vermarktet hatte. Grausiger Fund im alten Stadion! Fußballspiele fanden auf Grabstätte statt. Sperrt der DFB die Lizenz? stand in fetten Buchstaben über dem Foto. Allen war klar, dass von einer geordneten Pressearbeit, ganz zu schweigen von einer geordneten Ermittlungsarbeit, nicht mehr die Rede sein konnte. Jede Bewegung der Mönchengladbacher Polizei würde von nun an von den Boulevardblättern aufmerksam verfolgt und gierig vermarktet werden.
    Ein Skelett im Bökelbergstadion – diese Sensation würde die Medienwelt über Wochen beschäftigen, hatte der Polizeipräsident getobt. Schlagzeilen und Unruhe, die er nicht gebrauchen konnte. Sowieso nicht und wegen der Debatte um die Neuorganisation der Polizei in der Region schon gar nicht, hatte er die beiden Beamten angebrüllt. Der kleinste Fehler in den Ermittlungen würde ihnen allen das Genick brechen, und überhaupt … – eine geschlagene Viertelstunde hatte die Schimpfkanonade gedauert, die Frank und Ecki wortlos über sich ergehen ließen. Sie wussten nur
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