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Mittsommerzauber

Mittsommerzauber

Titel: Mittsommerzauber
Autoren: Inga Lindström
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nicht mehr ausgehalten hatte. Plötzlich hatte sie das Gefühl, Britta davon erzählen zu müssen.
    »Du musst niemandem dankbar sein. Ich bin froh, endlich mal aus der Tretmühle rauszukommen!« Sie setzte sich vorsichtig auf die Sofakante und nahm Brittas Hand.
    Als Britta fragend zu ihr hochschaute, fügte sie eilig hinzu: »Du weißt schon. Hirn durchlüften und so. Ich hatte in letzter Zeit das Gefühl, dass alles, was ich entwerfe, schon mal da war!«
    Sie hörte selbst, dass in ihrer Stimme ein verzweifelter Unterton mitschwang, und im selben Moment verfluchte sie sich, dass sie überhaupt davon angefangen hatte. Ja, sie hatte eine Kreativitäsblockade, und ja, sie hatte seit Monaten keinen vernünftigen Entwurf mehr zu Papier gebracht! Sie litt wie ein Tier deswegen und war davon überzeugt, dass Henning sie längst rausgeworfen hätte, wenn sie nicht zufällig seine Freundin gewesen wäre. Aber wie konnte sie so dämlich sein, Britta damit zu belasten? Ihre Freundin war in ihrem derzeitigen Zustand weiß Gott nicht in der Verfassung, sich auch noch mit Problemen Dritter herumzuschlagen!
    Britta suchte ihre Blicke und nickte unmerklich, einen wissenden Ausdruck in den Augen. »Du hast es richtig gemacht. Für Hirndurchlüften ist diese Gegend berühmt. Du wirst schon sehen, in ein paar Tagen werden die neuen Entwürfe nur so aus dir heraussprudeln!« Sie verlieh ihrer Stimme einen scherzhaften Ton, doch Eva spürte den Ernst hinter ihren Worten. In einer Aufwallung von Dankbarkeit drückte sie Brittas Hand.
    »Jetzt bin ich erst mal nur für dich da.« Sie sprang auf. »Du wolltest doch Milch trinken! Hätte ich fast vergessen! Einen Moment, kommt gleich!« Sie lief in die Küche und überhörte dabei geflissentlich Brittas entnervtes Seufzen. Sie fand, es sei höchste Zeit, sich auf die eine oder andere Weise nützlich zu machen! Bei diesem Gedanken spürte sie, wie der Druck langsam von ihr wich. Was auch immer ihr die nächsten Wochen an Verpflichtungen bringen würden - sie war entschlossen, ihre Sache gut zu machen.

    *

    Eine Woche später war sie davon überzeugt, dass sie auf dem besten Weg war. Nicht, dass ihr irgendetwas eingefallen wäre, das Henning zu Begeisterungsstürmen hingerissen hätte, im Gegenteil: Alle Versuche, neue Stoffmuster oder Tapetendekors zu zeichnen, waren bisher kläglich danebengegangen. Vor zwei Tagen hatte sie schließlich damit aufgehört, weil es einfach nichts brachte. Die Zeiten, in denen sie sich für eine wirklich gute Textildesignerin gehalten hatte, waren gar nicht mal so lange her, doch im Augenblick kam es ihr so vor, als hätte sich alles, was sie je an Talent für sich in Anspruch genommen hatte, sang- und klanglos in nichts aufgelöst.
    Dafür machte sie sich als Geschäftsfrau gar nicht mal so übel, wie sie selbst fand. Sie hatte den Laden drei Stunden am Vormittag und vier am Nachmittag geöffnet, und bisher war kein Tag vergangen, an dem sie nicht einen akzeptablen Umsatz eingefahren hatte. Britta konnte mehr als zufrieden sein - ein Zustand, von dem sie jedoch weiter entfernt war denn je. Zu ihrem größten Verdruss hatte ihr der Arzt untersagt, länger als drei Stunden täglich auf den Beinen zu sein. Leichte Hausarbeiten waren gestattet, etwa Kochen oder Blumengießen. Verboten waren hingegen Putzen, Wäscheaufhängen, Unkrautjäten - und natürlich die Arbeit im Laden. Es waren noch drei Wochen bis zum errechneten Geburtstermin, aber die gehäuft auftretenden Wehen deuteten daraufhin, dass das Kind möglicherweise früher kommen würde. Britta war jedoch vernünftig genug, sich den Anweisungen des Arztes zu fügen. Sie hielt die Ruhezeiten, die er ihr verordnet hatte, jeden Tag strikt ein und achtete darauf, sich nicht zu viel zuzumuten. Evas Eifer, ihr bei jeder sich bietenden Gelegenheit Arbeit abzunehmen, tat ein Übriges.
    Als Eva an diesem Morgen nach Barkhult radelte, fühlte sie sich wie immer in den letzten Tagen von einer beinahe rastlosen Energie durchdrungen, fast wie bei einer Vorahnung von etwas Neuem, Unerwartetem.
    Nach außen hin sah alles genauso aus wie immer. Die rot gestrichenen Holzhäuser mit den in der Sonne funkelnden Fenstern, die verschwenderisch blühenden Sträucher in den Vorgärten, die Menschen, die ihre Besorgungen erledigten. Die meisten Geschäfte hatten bereits geöffnet. Auf dem großen Platz vor der Kirche waren schon am frühen Morgen die Marktstände aufgebaut worden, und überall waren Leute zum Einkaufen
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