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Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman
Autoren: Ken Follett
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Bomber nach dem anderen die Meldung, er befände sich auf dem Heimflug. Nur zwei Maschinen meldeten sich nicht: C für Charlie und G für George.
    Der Offizier kam noch einmal zu Digby und sagte: »Der Heckschütze von F für Freddie hat einen von den Unseren abstürzen sehen. Er weiß nicht, wer es war, aber ich fürchte, es klingt wie G für
    George.«
    Digby schlug die Hände vors Gesicht.
    Die Markierfähnchen, die die Bomber darstellten, wanderten auf der Europakarte wieder zurück. Allein C und G blieben bei Hamburg stehen.
    Digby rief in London an. Danach berichtete er Harald: »Der Bomberstrom hat funktioniert. So, wie es aussieht, hatten wir heute die geringsten Verluste seit über einem Jahr.«
    »Ich hoffe nur, Bart hat es geschafft«, sagte Karen.
    In den frühen Morgenstunden kehrten die Bomber einer nach dem anderen zurück. Digby ging hinaus. Harald und Karen folgten ihm und beobachteten, wie die großen Maschinen auf der Rollbahn landeten und ihre erschöpften, aber jubelnden Besatzungen ausspuckten.
    Als der Mond unterging, waren alle wieder da – bis auf Charlie und George.
    Bart Hoare kehrte nie zurück.
    Harald fühlte sich niedergeschlagen, als er sich auszog und in den Pyjama schlüpfte, den Digby ihm geliehen hatte. Eigentlich hätte er überglücklich sein sollen. Er hatte einen unglaublich gefährlichen Flug überstanden, den Briten entscheidende Hinweise gegeben und miterlebt, wie seine Informationen Hunderten von Air-Force-Angehörigen das Leben gerettet hatten. Doch die Tatsache, dass Barts Flugzeug auf der Vermisstenliste stand, und Digbys von Trauer gezeichnetes Gesicht erinnerten Harald unwillkürlich an Arne, der sein Leben geopfert hatte. Auch an Poul Kirke musste er denken und an all die anderen Dänen, die verhaftet worden waren und für ihre Beteiligung an der letztlich triumphalen Mission höchstwahrscheinlich hingerichtet werden würden. Unter diesen Umständen war Trauer das Einzige, was er empfinden konnte.
    Er sah zum Fenster hinaus. Draußen brach der Tag an. Harald zog die dünnen Vorhänge zu und ging zu Bett. Lange fand er keinen Schlaf und fühlte sich furchtbar elend.
    Plötzlich kam Karen herein. Auch sie trug einen geliehenen Schlafanzug, der ihr allerdings viel zu groß war, sodass sie die Ärmel und die Hosenbeine aufgekrempelt hatte. Ihre Miene war ernst. Ohne ein
    Wort zu sagen, legte sie sich zu Harald ins Bett. Er nahm ihren warmen Körper in die Arme, und sie drückte ihr Gesicht an seine Schulter und fing an zu weinen. Er fragte nicht nach dem Grund. Er hätte schwören können, dass ihr die gleichen Gedanken durch den Kopf gingen wie ihm. In seinen Armen weinte sie sich in den Schlaf.
    Viel später döste er selbst ein. Als er die Augen wieder aufschlug, schien die Sonne durch die Vorhänge. Verwundert betrachtete er das Mädchen in seinen Armen. Er hatte sich oft vorgestellt, wie es wäre, mit ihr zu schlafen – diese Szene allerdings hatte er nicht in seinen Tagträumen gesehen.
    Er spürte ihre Knie, und eine ihrer Hüften drückte gegen seinen Oberschenkel. An seiner Brust spürte er etwas Weiches, wahrscheinlich eine ihrer Brüste. Er betrachtete Karens schlafendes Gesicht, die Lippen, das Kinn, die rötlichen Wimpern, die Augenbrauen. Ihm war, als müsse ihm das Herz vor Liebe übergehen.
    Dann öffnete auch Karen die Augen. Sie lächelte ihn an und sagte: »Hallo, mein Liebster.« Dann küsste sie ihn.
    Nach einer Weile liebten sie sich.
    Drei Tage später tauchte Hermia Mount auf.
    Harald und Karen betraten ein Pub in der Nähe des Palace of Westminster, wo sie sich mit Digby treffen wollten, und da saß Hermia an einem Tisch, vor sich ein Glas mit Gin Tonic.
    »Wie hast du es geschafft, wieder nach England zu kommen?«, fragte Harald sie. »Als ich dich das letzte Mal sah, hattest du gerade dieser Jespersen deinen Rucksack über den Kopf geschlagen.«
    »In Kirstenslot herrschte das totale Chaos, sodass ich mich unentdeckt davonstehlen konnte«, erklärte Hermia. »Im Schutz der Dunkelheit bin ich zu Fuß nach Kopenhagen gegangen, bei Sonnenaufgang war ich dort. Und dann habe ich das Land auf dem gleichen Weg verlassen, auf dem ich es betreten habe: Von Kopenhagen mit der Fähre nach Bornholm, von Bornholm mit einem Fischkutter nach Schweden und von Stockholm hierher per Flugzeug.«
    »So leicht, wie es klingt, war es bestimmt nicht«, wandte Karen ein.
    Hermia zuckte mit den Schultern. »Aber völlig harmlos, verglichen
    mit dem, was ihr
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