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Mitternacht

Mitternacht

Titel: Mitternacht
Autoren: Dean R. Koontz
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Zeitalter als der Rest von Kalifornien.
    Als sie die Formation umkreist hatte und zu dem festen Sand nahe der schäumenden Brandung zurückkehrte, war Janice zu der Überzeugung gekommen, daß sie sich vom Mondschein und dem Nebel - zwei geschickten Täuschern hätte narren lassen. Sie hatte sich die Bewegung nur eingebildet; sie war allein am Strand.
    Sie stellte fest, daß der Nebel immer dichter wurde, aber sie lief dennoch weiter am sichelförmigen Strand entlang zur Südspitze der Bucht. Sie war sicher, daß sie dorthin gelangen und zur Ocean Avenue zurückkehren konnte, bevor die Sichtverhältnisse allzu schlecht wurden.
    Wind kam auf und wehte übers Meer; er wirbelte den Ne bel durcheinander, der sich von gazeartigem Dunst zu weißen Schlieren zu verfestigen schien, als wäre er Milch, die zu Butter gestampft wird. Als Janice das südliche Ende des schmäler werdenden Strands erreicht hatte, wehte der Wind heftiger, die Gischt war ebenfalls lebhafter, schäumende Schleier wurden aufgewirbelt, wenn Wellen auf den gemauerten, künstlichen Wellenbrecher brandeten, der als Erweiterung der natürlichen Landzunge erbaut worden war.
    Jemand stand auf dieser fünf Meter hohen Mauer und sah zu ihr herunter. Janice sah auf, als sich eine Nebelschwade verzog und der Umriß im Mondlicht zu erkennen war.
    Jetzt bekam sie Angst.
    Der Fremde befand sich zwar direkt vor ihr, aber sie konnte sein Gesicht im Halbdunkel nicht sehen. Er schien groß zu sein, über einen Meter achtzig, aber das konnte auch eine Täuschung der Perspektive sein.
    Abgesehen von seinem Umriß waren nur seine Augen zu erkennen, und diese erfüllten sie mit Angst. Sie leuchteten weich wie Bernstein, wie die Augen eines Tiers in Scheinwerfern.
    Als sie direkt zu ihm aufsah, schlug sein Blick sie einen Moment in den Bann. Er war vom Mond beleuchtet, ragte über ihr auf, groß und reglos auf Mauersteinen, während Gischt rechts und links von ihm explodierte, er hätte ein aus Stein gehauenes Götzenbild mit Juwelen als Augen sein können, das von einem dämonenanbetenden Kult in einem längst vergangenen dunklen Zeitalter errichtet worden war. Janice wollte sich umdrehen und weglaufen, aber sie konnte sich nicht bewegen, sie schien am Strand festgewachsen und befand sich im Griff einer lähmenden Angst, wie sie sie bis her nur in Alpträumen gekannt hatte.
    Sie fragte sich, ob sie wach wäre. Vielleicht war ihr mitternächtlicher Lauf tatsächlich Teil eines Alptraums, vielleicht lag sie in Wirklichkeit wohlbehalten unter warmen Decken schlafend im Bett.
    Dann gab der Mann ein eigentümliches, leises Knurren von sich, teilweise ein zorniges Fauchen, aber auch ein Zischen; teilweise ein heißer, drängender Schrei des Verlangens, aber gleichzeitig kalt, kalt.
    Dann bewegte er sich.
    Er ließ sich auf alle viere nieder und kam den hohen Wellenbrecher herunter, aber nicht wie ein gewöhnlicher Mensch die unebenen Steine heruntergekommen wäre, sondern mit katzenhafter Schnelligkeit und Anmut. Sekunden, dann würde er bei ihr sein.
    Janice riß sich aus der Lähmung, drehte sich in ihren Fußstapfen um und lief zum öffentlichen Strandabschnitt zu rück - der eine ganze Meile entfernt war. Häuser mit erleuchteten Fenstern standen auf der steilen Klippe, die über die Bucht aufragte, von einigen verliefen Treppen zum Meer herab, aber sie traute sich nicht zu, diese Treppen in der Dunkelheit zu finden. Sie verschwendete keine Energie für einen Schrei, denn sie bezweifelte, daß sie jemand hören würde. Wenn der Schrei sie verlangsamte, und seien es nur Sekundenbruchteile, würde sie vielleicht überwältigt und zum Schweigen gebracht, bevor jemand aus dem Ort auf ihre Schreie reagieren könnte.
    Ihre zwanzigjährige Hingabe an das Laufen war noch nie so wichtig gewesen wie in diesem Augenblick; es ging nicht mehr um ihre Gesundheit, das spürte sie, sondern um ihr Leben. Sie preßte die Arme fest an die Seiten, senkte den Kopf, sprintete, mehr auf Schnelligkeit denn Ausdauer bedacht, weil sie sich dachte, daß sie nur bis zum ersten Block der Ocean Avenue kommen mußte, um in Sicherheit zu sein. Sie glaubte nicht, daß der Mann - oder was, zum Teufel, es auch war - sie bis auf die beleuchtete, bevölkerte Stra ße verfolgen würde.
    Schnelle Wolkenstreifen huschten über einen Teil des Mondgesichts. Das Mondlicht wurde düster, heller, düster und wieder heller, ein ungleichmäßiger Rhythmus, der durch den zunehmend dichter werdenden Nebel pulsierte und so
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