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Mitten im Gefühl: Roman (German Edition)

Mitten im Gefühl: Roman (German Edition)

Titel: Mitten im Gefühl: Roman (German Edition)
Autoren: Jill Mansell
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nicht ein phantastischer Brief? Heute vor einem Jahr bist du gestorben und hast Barney dadurch das Leben neu geschenkt. Zum ersten Mal hast du etwas Anständiges getan. Und er klingt wirklich süß, nicht? Ich muss ihm antworten und ihm danken. Ich frage mich, wie lange er brauchte, um den Brief zu formulieren – und eine nette Handschrift hat er auch. Schwarze Tinte auf gutem, cremefarbenem Schreibpapier. Und … «
    Daisy brach abrupt ab, als sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm. Jemand in einer leuchtend roten Jacke stand am überdachten Friedhofstor zu ihrer Linken. Ihr war klar, dass man sie entdeckt hatte, aber um nicht als komplette Spinnerin dazustehen, blieb Daisy, wo sie war, und verhielt sich ruhig.
    Der Metallrand des Eimers bohrte sich allmählich immer schmerzhafter in ihren Hintern. Die Person unter dem Friedhofstor bewegte sich nicht, darum drehte Daisy schließlich den Kopf und starrte sie direkt an. Als ihr klar wurde, um wen es sich da handelte, wäre sie um ein Haar vom Eimer gekippt.
    Natürlich war es der Jahrestag von Stevens Tod. Vielleicht hätte es sie gar nicht so sehr überraschen sollen.
    Daisy erholte sich zügig und rief: »Ist schon okay, Sie können ruhig herkommen.«
    Der Parka – nur dass sie dieses Mal keinen Parka trug – zögerte, dann fädelte sie sich langsam durch die Grabsteine. Das gefrorene Gras knirschte unter ihren flachen Lederstiefeln. Sie trug eine scharlachrote Webpelzjacke, weiße Jeans, einen leuchtend grünen Wollschal und blaue Strickhandschuhe. In den Armen hielt sie einen kleinen Strauß weißer Rosen in Zellophan.
    Argwöhnisch näherte sie sich Daisy und meinte: »Hören Sie, es tut mir Leid. Ich sollte wieder gehen und später zurückkommen, wenn Sie … «
    »Keine Sorge, ich bin hier ohnehin fertig. Sie können meinen Platz haben, wenn Sie wollen.« Daisy hob den Hintern vom Eimer – aua! –, stand auf und winkte die junge Frau heran. Zutiefst neugierig lächelte sie sie an. »Ich erkenne Sie aus dem Krankenhaus wieder. Ich bin Daisy.«
    »Ich weiß.« Nase und Wangen der jungen Frau waren rosa vor Kälte, und sie sah aus, als fühle sie sich unwohl. Ha, dachte Daisy, warte, bis du dich auf diesen Eimer setzt.
    »Ich heiße Mel«, sagte sie schließlich.
    Daisy fragte sich, ob sie einander die Hand schütteln sollten, aber ihre Hände wärmten sich gerade in den Manteltaschen auf. Außerdem sah die junge Frau nicht so aus, als wäre sie scharf darauf.
    »Na gut, ich glaube, das hier zählt mit Fug und Recht zu den heiklen gesellschaftlichen Situationen, aber das muss nicht sein.« Jetzt, da die Frau hier war, wollte Daisy mehr über sie erfahren. »Ich bin sicher, Steven hat Ihnen erzählt, dass es mit unserer Ehe nicht zum Besten stand. Tja, nicht zum Besten ist noch milde ausgedrückt.« Sie tat ihr Möglichstes, um ihre freundlichen Absichten kundzutun, aber es schien nicht zu fruchten.
    »Das weiß ich.« Mel wickelte die Rosen aus dem steifen, knisternden Zellophan. »Er wollte sich scheiden lassen und Sie haben sich geweigert.«
    Verwirrt sah Daisy auf den gesenkten Scheitel der jungen Frau.
    »Was?«
    »Er wollte Sie verlassen«, wiederholte Mel. »Aber Sie wollten ihn ja nicht gehen lassen.«
    »O nein, es tut mir Leid, aber das stimmt nicht. Ganz und gar nicht!« Abrupt wurde Daisy klar, dass Steven immer noch die Fähigkeit besaß, sie in Erstaunen zu versetzen. »Ich wünschte mir nichts sehnlicher als die Scheidung! In der Woche vor Weihnachten erklärte ich ihm, dass zwischen uns alles aus sei. Und dann sagte er mir, er habe Krebs.«
    » Krebs ?« Jetzt wirkte Mel verblüfft. »O Gott, ich wusste nicht, dass er Krebs hatte!«
    »Tja, hatte er auch nicht. Er hat gelogen. So wollte er mich erpressen, ihn nicht zu verlassen.« Daisy zwang sich, ruhig zu bleiben. »Und wissen Sie, was? Ich bin darauf hereingefallen. Ich dachte, ich könnte ihn in einem solchen Moment nicht allein lassen.« Sie hielt inne, erinnerte sich an den Augenblick im Büro für schlechte Nachrichten. »Dummerweise war es gar nicht wahr.«
    »Ich glaube Ihnen nicht.« Mel war schneeweiß, ihre Hände zitterten. »So etwas hätte er nie getan. Das erfinden Sie nur.«
    »Glauben Sie mir, wenn ich eine solche Geschichte erfinden wollte, würde ich mir etwas Originelleres einfallen lassen!«, schoss Daisy zurück. »Was für eine mickrige Story, wie aus einer schlechten Vorabendserie! Steven war ein Hochstapler. Er erzählte mir, seine einzige Chance auf Heilung
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