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Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten

Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten

Titel: Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten
Autoren: Reinhard Barth
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die karolingischen Hausmeier noch vom Königtum trennte. 751 schickte er den Merowinger Childerich III. ins Kloster und ließ sich von den Franken zum König wählen. Zuvor hatte er sich der Zustimmung des Papstes Zacharias (741–752) versichert. An ihn hatte Pippin die rhetorische Frage gerichtet, ob es gut sei, wenn Könige keine Macht hätten. Und der Papst hatte geantwortet, König solle sein, wer die Macht hätte – und das war nach Lage der Dinge nur Pippin. Krönung und Salbung des früheren Hausmeiers vollzog dann Papst Stephan II. im Jahr 754.
    Der letzte Merowinger
    Als Popanz und lächerliche Figur schildert ihn Einhard in seiner um 830 verfassten Lebensbeschreibung Karls des Großen: Der letzte Merowingerkönig Childerich III. hat absolut nichts zu tun und zu befehlen, er sitzt im Schmuck seines wallenden Haupthaares und seines Rauschebartes auf dem Thron oder lässt sich in einem Ochsenkarren durch die Lande kutschieren; kein Wunder, dass ihn der Hausmeier Pippin III. 751 absetzt, scheren lässt und ins Kloster steckt. Den Fußtritt, der ihm hier nachträglich versetzt wird, hat er eigentlich nicht verdient. Die langen Haare waren das Zeichen des freien Mannes bei den Germanen, die Merowingerkönige kultivierten nur einen alten Brauch. Das Ochsengespann war gleichfalls ein Relikt aus heidnischen Tagen. Pippin aber wusste, dass den Merowingern immer noch ein beträchtlicher Nimbus anhing. Das „Heil“, die sakrale Kraft des germanischen Königtums, fand sich in ihnen besonders ausgeprägt. So wagte er die Absetzung des letzten Merowingers auch erst, als er durch sein Bündnis mit dem Papsttum eine moralische Autorität für sich gewonnen hatte, die mit Krönung und Salbung das fehlende Geblütsrecht ersetzen konnte
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Die Schlacht von Tours und Poitiers in einem Historiengemälde des 19. Jahrhunderts (Carl von Steuben, 1837). Der Sieg des fränkischen Hausmeiers Karl Martell über Abd ar-Rachman, den Statthalter des Kalifen in Spanien, verhinderte das weitere Ausgreifen der Muslime nach Europa
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    (c) akg, Berlin

Ein neuer Kriegertyp
Der fränkische Panzerreiter (seit 1. Hälfte 8. Jh.)
    Unter den Karolingern tauchte ein neuer Kriegertyp auf: der schwerbewaffnete, gepanzerte Reiter. In dem ständig sich vergrößernden Fränkischen Reich wurden die Räume militärischer Einsätze immer weiter. Zu Pferd gelangte man rascher auf den Kriegsschauplatz als im Fußmarsch, und Stärke und Geschwindigkeit des Pferdes ließen sich auch im Kampf nutzen. So hatte ein Lanzenstoß, den ein Reiter tat, durch die Energie des mit ihm verbundenen Pferdes eine ganz andere Durchschlagskraft, als wenn er von einem Mann zu Fuß ausgeführt wurde. Voraussetzung war natürlich, dass er sich fest auf dem Rücken seines Tieres hielt; aber das war seit der Einführung des Steigbügels möglich.
    Nicht jeder konnte sich die nötige Bewaffnung und Ausrüstung leisten, und um voll einsetzbar zu sein, musste der Reiter sich ständig in Übung halten. Es bedurfte daher bestimmter sozialer Voraussetzungen, dass ein solch hochgerüsteter Kriegertyp entstehen konnte. Diese fanden sich im Lehenswesen: Nur wer ausreichend Grundbesitz hatte (den er von anderen bewirtschaften lassen konnte), kam für ein Berufskriegertum in Frage.
    Fränkische Panzerreiter sollen bereits die Schlacht von Tours und Poitiers gegen die Araber (732) entschieden haben. Die Anordnung Pippins III. von 755, die jährliche Heeresversammlung nicht mehr im März, sondern im Mai abzuhalten (wenn für die Pferde genug Weidemöglichkeiten vorhanden sind), belegt die Bedeutung der Kriegführung zu Pferde, ebenso die Umstellung des Tributes, den die Sachsen zu leisten hatten: Seit 758 bestand er nicht mehr in Rindern, sondern in Pferden. Und im gleichen Sinn sind Verordnungen Karls des Großen zu interpretieren, die sich mit der Pferdezucht auf den Königsgütern beschäftigen.
Überfälle und Plünderungszüge
    Der Panzerreiter war mit Lanze, Schwert sowie Pfeil und Bogen ausgerüstet, er schützte sich mit Schild und Helm und der Brünne, einem Panzerhemd aus Stoff oder Leder, auf das Metall- oder Hornplatten in Schuppenform aufgenäht waren. Ein Masseneinsatz kam wohl kaum vor, man wird sich die Reiterheere der Karolinger nur als Gruppen von einem Dutzend oder wenigen hundert Mann vorzustellen haben, die sich entsprechend der damaligen Kriegführung hauptsächlich auf Überfälle und Plünderungszüge verstanden. Dass eine Reiterattacke aber auch schief gehen konnte,
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