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Mitteilungsheft - Leider hat Lukas

Mitteilungsheft - Leider hat Lukas

Titel: Mitteilungsheft - Leider hat Lukas
Autoren: Niki Glattauer
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    –  Gruber, so wirst du nicht durchkommen!
    –  Wie, so, Herr Professor?
    –  Indem du ununterbrochen störst.
    –  Ich hab den Gottfried nur gefragt, wie …
    –  Du sollst aber nichts fragen, wenn ich etwas erkläre. Mach mit – oder fall mir wenigstens nicht auf!
    –  Ja, Herr Professor.
    Durchkommen heißt es allerdings nur auf der einen Seite der Front, auf der anderen Seite heißt es: Durchlassen. Und da kann einer durchkommen wollen, so viel er will, wenn auf der anderen Seite jemand sitzt, der ihn nicht durchlässt, hat er keine Chance. Wie hatte Sabine also letztens beim gemütlichen Abendessen unter dem Fernseh-Altar begonnen: „Lukas, wenn das mit dir so weitergeht, lässt dich die Söllner heuer nicht durch.“ Freitag, ca. 19.35 Uhr. Sabine, Laura, Lukas und ich bei Spaghetti Bolognese, Marie-Claire Zimmermann mit den Weltnachrichten am Bildschirm auf dem Fernseh-Altar:
    –  Wenn das mit dir so weitergeht, Lukas, lässt dich die Söllner heuer nicht durch.
    –  Wie, so weitergeht.
    –  Dass du nichts auf die Reihe kriegst. Hefte, Schreibzeug, Hausschuhe. Du weißt, was ich meine.
    –  Pscht!
    –  Nein, weiß ich nicht.
    –  Pscht jetzt bitte!
    –  Wieso besorgst du dir deine GZ-Sachen eigentlich nicht selber? Du wirst dir doch noch einen Radiergummi und ein paar Lineale auch ohne mich besorgen können.
Und dann würde ich auch noch gerne wissen, was du in Turnen mit deinem Piercing anstellst, dass das jetzt sogar im Mitteilungsheft steht.
    –  Selber besorgen. Supernett! Wenn die Laura etwas braucht, gehst du immer mit ihr!
Gib’s zu, Laura, wenn du etwas brauchst, geht die Mami immer mit dir.
    –  Die Laura ist neun, Lukas, no-hoin. Und sie ist in der Volksschule. Volksschulkinder gehen noch nicht allein einkaufen, okay?
Und die Hausschuhe müsstest du nur endlich einpacken. Die liegen im Schuhkasten. Oder soll ich jetzt deine Schultasche auch wieder kontrollieren?
    –  Ich scheiß auf Hausschuhe. Ur schwul. Ur Caritas.
    –  Könnt ihr jetzt, verdammt noch einmal, endlich still sein. Da geht’s um die amerikanische Präsi…
    –  Lukas, red bitte nicht so: ur schwul, ur Caritas. Weißt du überhaupt, was die Caritas ist? Ohne die Caritas könnten Millionen arme Menschen weltw…
    –  Mir sind aber die Millionen armen Menschen weltweit egal. Und, Vater, es heißt, wenn schon, US-amerikanisch, es heißt nicht amerikanisch. Amerika ist ein Kontinent, zwei Kontinente sogar, nicht nur ein Land. Da ist noch Kanada. Und Mexiko. Und vom mexikanischen Präsidenten sprichst du ja nicht, oder?
    –  ---
    –  Oder?
    –  Von was spreche ich nicht? Vom mexikanischen Präsi… Zum Kuckuck, was willst du mir eigentlich sagen?
    –  Er will dir sagen, Wawa, dass du nicht erwarten kannst, dass …
    –  Und du nenn mich bitte nicht Wawa! Es genügt, dass meine Mutter noch immer Wawa zu mir sagt.
    –  … dass alle still sind, nur weil du glaubst, dass du et…
    –  Ich nenne dich schließlich auch nicht Kälbchen.
Und jetzt endgültig pscht!
    –  … dass du etwas versäumst, wenn du nicht jeden Tag Nachrichten schaust.
    –  Er schaut nicht Nachrichten, er schaut Zimmermann.
    –  Erstens, lieber Wawa, hat mich nur meine blöde Schwester Kälbchen genannt, und zweitens solltest du wissen, dass dein Herr Sohn offenbar gerade alles daran setzt, heuer sitzenzubleiben.
Und WAS schaut er?
    –  Marie-Claire Zimmermann. Vater steht auf Marie-Claire Zimmermann, weißt du das nicht?
    –  DÜRFTE ICH BITTE DIE NACHRICHTEN HÖREN!!!
ESST! UND HALTET ENDLICH DIE KLAPPE!!!
    –  Ich hab geglaubt, ich bin zu dick und soll nicht so viel essen.
    –  Du stehst echt auf diese Zimmermann?
Mitteilungsheft
Reingard Söllner
    Montag, 11. Oktober
    Sehr geehrter Herr Gruber!
    Es freut mich, dass ich mich in Zukunft an Sie wenden kann, gern in der von Ihnen gewünschten Form, besonders freut es mich, dass Sie die Zeit finden, zu einem persönlichen Gespräch in die Schule zu kommen.
    Allerdings bin ich am Mittwoch mit einer Klasse auf Lehrausgang. Ich kann Ihnen jedoch Donnerstag nächster Woche anbieten, donnerstags halte ich von 11 bis 12 Uhr meine Sprechstunde. Es kann sein, dass Sie ein paar Minuten warten müssen, denn an diesem Tag habe ich bereits zwei andere Mütter.
    Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass sich die BS-Lehrerin erneut darüber beklagt hat, dass Lukas sich weigert, sein Nasenpiercing abzunehmen.
    Anbei noch eine Auflistung der Beiträge, die wir zu
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