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Mitteilungsheft - Leider hat Lukas

Mitteilungsheft - Leider hat Lukas

Titel: Mitteilungsheft - Leider hat Lukas
Autoren: Niki Glattauer
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Schule gegangen sind, dort irgendetwas geändert hat? Erinnerst du dich, als Laura in die Volksschule gekommen ist? Das war vor nicht einmal vier Jahren. Hat da irgendetwas in der Klasse anders ausgeschaut als fünf Jahre vorher, als Lukas in die Volksschule gekommen ist? Von der Tafel bis zur Frisur des Lehrerin – alles gleich. Und hat Lukas irgendetwas anderes gelernt, als wir selber vor 30 Jahren gelernt haben? Sogar das Kapitel über das Holzfällerleben in Kanada habe ich wiedererkannt. Also eben!
    –  Was heißt also eben.
    –  Ich finde, wir sollten uns überlegen, Lukas zu Hause zu unter-richten.
    –  Und warum sollten wir uns das überlegen? Nur weil Nora das macht? Weil deiner lieben Schwester zu Hause fad ist mit zwei Bio-Swimmingpools, die sich von alleine sauber halten? Und weil sie vor lauter Charity-Events keine Zeit findet, um einmal im Jahr zu Jan-Laurins Elternsprechtag zu gehen?
    –  Zweimal. Abgesehen davon heißt das jetzt KEL-Gespräch.
Und Jan-Laurin wird nicht deswegen seit drei Jahren zu Hause unterrichtet, weil meiner Schwester fad ist, sondern weil sie zu Recht nicht versteht, wieso sie unsere Gratisschule jeden Monat alles zusammen 500 Euro kostet – Schule, Essen, Nachmittagsbetreuung –, und sie mit Jan-Laurin trotzdem Abend für Abend bei den Hausaufgaben sitzt oder Referate ausarbeitet. Verstehst du?
    –  ---
    –  Und wir machen das, weil Lukas sonst nicht durchkommt.
    –  Wer sagt, dass Lukas nicht durchkommt. Natürlich kommt Lukas durch. Und wenn deine Schwester so dumm ist, einer Schule 500 Euro für die tägliche Pizza und Kindern-ein-paar-Stunden-beim-Nichtstun-Zuschauen zu schenken – bitte! Selber schuld! Dreimal im Jahr drei Wochen Kroatien kann man sich damit finanzieren!
    – Ich will nicht schon wieder nach Kroatien.
Scheißsteinstrand überall!
    –  Sei still, Lukas, du bist jetzt nicht gefragt.
    – Wenn ihr nach Kroatien fahrt, fahr ich nicht mit.
Niko hat mich eh gefragt, ob ich in den großen Ferien nicht mit
ihm mitfahren darf! Er fahrt mit seiner Mutter nach Sri Lanka!
    –  Fährt.
    – Was?
    –  Fährt, heißt das. Sri Lanka? Nikos Eltern machen in Sri Lanka Urlaub?
    –  Niko? Wer ist Niko?
    –  Niko van Butte, Schatz! Niko ist Lukas’ bester F…
    – Nur seine Mutter. Es gibt’s keinen Vater.
    –  Meine Güte, Lukas, das heißt nicht: Es gibt’s. Es heißt: Es gibt. Wer sagt so etwas: Es gibt’s …
    – ---
    –  Sri Lanka? Bist du sicher, Sri Lanka?
    – Scheißsteinstrand! Fuck!
    –  Und aus jetzt, Lukas! Ok? Aus! Jetzt!
    – SCHEISSSTEINSTRAND!
    –  Jedenfalls, lieber Walter, könnten wir uns viel Geld ersparen, wenn wir Lukas zum Heimunterricht anmelden würden.
    –  Okay, ich erkundige mich. Ich meine, ich erkundige mich, ob das überhaupt geht. Von den Fristen her. Und vom Alter. Und mit Lukas müssten wir reden, ich m…
    –  Hab ich.
    –  Wie, hab ich?
    –  Ich habe mit ihm geredet. Er ist einverstanden. LUKAS, SCHATZ, STIMMT’S?
    – Was stimmt? Und schreit bitte nicht so!
    –  Ich hab nicht gesehen, dass du im Zimmer bist. Also, stimmt’s, du kannst dir vorstellen, dass dich dein Vater nächstes Jahr zu Hause unterrichtet?
    – Ich hab gesagt, vorstellen. Und ich hab gesagt, wenn ich
dafür einmal pro Woche am Abend zu Niko gehen darf.
    –  Das ist jetzt nicht das Thema.
    – Das ist schon das Thema.
    –  So. Geh jetzt bitte wieder in dein Zimmer, ich möchte das mit deinem Vater allein besprechen.
    –  ---
    –  ---
    –  Okay, Wawa, das müssen wir natürlich nicht jetzt besprechen. Du gehst dich also erkundigen.
    –  Hab ich gesagt.
    –  Ehrlich?
    –  Ehrlich.
    –  ---
    –  ---
    –  Was glaubst du, Schatz, fährt Nikos Mutter wirklich allein nach Sri Lanka? Ich meine, ohne Mann?
    Natürlich bin ich mich damals nicht erkundigen gegangen. „Im Heimunterricht kann Lukas lernen, was ihn interessiert, und nicht das, was gerade dran ist.“ Von wegen! Noch nie etwas von einem Lehrplan gehört? Und der, der Lukas hätte sagen müssen, was gerade dran ist, wäre ich gewesen. Nicht wirklich die supere Rolle für den liebenden Vater eines Buben, der in jedem wichtigen Gegenstand auf dreiviertel fünf steht. Heimunterricht, nein danke, ohne mich!
    Es ist dann am nächsten Abend richtig hässlich geworden. Sabine rein bei der Tür, die Sonnenbrille noch nicht abgenommen, die Tasche noch nicht abgestellt:
    –  Und?
    –  Was und?
    –  Hast du dich wegen dem Heimunterricht
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