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Mit Konfuzius zur Weltmacht

Mit Konfuzius zur Weltmacht

Titel: Mit Konfuzius zur Weltmacht
Autoren: S Aust
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vorsichtig aus: »Das Regime mit einer radikalen Revolution umzustürzen löst Chinas Probleme nicht.« Gleichzeitig erklärte er aber, und das wurde auch so gedruckt: »Ich werde mich nie aus der Politik heraushalten, keiner von uns kann das. Wir leben in einer politisierten Gesellschaft. Wenn du kneifst, gibst du deine Rechte auf. Natürlich mag man ein leichteres Leben führen, wenn man auf einige seiner Rechte verzichtet. Aber es gibt zu viele Ungerechtigkeiten und begrenzte Mittel für die Bildung. Sie alle schmälern das Glück. Niemals werde ich aufhören, gegen das Unrecht zu kämpfen.«
    Inzwischen sieht Ai Weiwei also nicht nur wie Konfuzius aus. Er redet auch wie der Weise zu Zeiten, als dieser gegen das Unrecht im Staate Lu auftrat. Allerdings riet Konfuzius dabei auch zu einer gewissen Vorsicht: » Man sollte beherzt handeln, doch seine Worte zurückhalten.« Bei Han Han, dem Rennfahrer, Schriftsteller, Sänger und Blogger, klingt das so: »Ich kann mich damit abfinden, dass es in absehbarer Zeit keine wirkliche Demokratie mit mehreren Parteien in diesem Land geben wird.« Darin unterscheidet er sich von offenen Regimekritikern wie dem Nobelpreisträger Liu Xiaobo, der wegen solcher Forderungen im Gefängnis sitzt. Der Rennfahrer weicht einer solchen direkten Konfrontation aus, er meint: »Es gibt dringendere und realistischere Anliegen wie Pressefreiheit und Freiheit der Kultur. Zumindest sind diese Angelegenheiten nicht hoffnungslos. Und ich ziehe es vor, Dinge zu tun, die nicht hoffnungslos sind.«

Was der Westen von Konfuzius lernen kann
    Als Guido Westerwelle von »spätrömischer Dekadenz« in deutschen Landen sprach, wurde ihm zu Recht Ignoranz vorgeworfen. Schließlich bezog er seinen Vergleich auf Empfänger von Hartz IV, also auf die Schwächsten in der Gesellschaft. Spätrömische Dekadenz herrscht aber durchaus; etwa wenn Manager von Kaufhäusern oder Banken Millionen von Euro an Tantiemen kassieren, während ihre Angestellten gleichzeitig die Arbeit verlieren oder die Einlagen ihrer Kunden sich in Luft auflösen. Oder wenn »Wutbürgern« der Schutz eines Käfers wichtiger ist als vernünftige Zugverbindungen. Oder auch wenn »Normalbürger« kein höheres Ziel im Leben mehr haben als den nächsten Urlaub. Vergleicht man derartige Tendenzen mit dem aufsteigenden China, drängt sich tatsächlich die Frage auf, ob der Westen nicht im Begriff ist unterzugehen − wie einst das Römische Reich: übersättigt und arrogant.
    Einen Mangel an hohen Zielen kann man Kai-Alexander Schlevogt nicht vorwerfen. Der Deutsche war der erste fest angestellte ausländische Professor an der Peking-Universität, unterrichtete dort Management auf Chinesisch. Mehrere Jahre lehrte er in Singapur und wechselte 2011 nach Russland zur St.-Petersburg-Universität. Den Verfasser der wissenschaftlichen Untersuchung The Art of Chinese Management bewegt die Frage, was der Westen von Konfuzius lernen kann. Schlevogts Antwort ist klar: »Sehr viel!« Er ist überzeugt: »Der Konfuzianismus ist jetzt schon 2500 Jahre alt, aber mutet geradezu avantgardistisch an. Die Kunst des chinesischen Managements ist für mich ein Leitbild für die Organisation der Zukunft.« Er sieht sich darin durch globale Entwicklungen in den letzten Jahren bestätigt. »Die Finanzkrise hat gezeigt, dass Unternehmen nicht wie bisher weitergeführt werden können«, meint er. »Die meisten Unternehmen im Westen setzen überwiegend auf materielle Anreize, um das Verhalten ihrer Mitarbeiter zu steuern. Dadurch werden diese zu Fremdenlegionären. Das Unternehmen ist nur noch eine anonyme Körperschaft, ein Bündel von Verträgen.« Wenn überhaupt. Viele haben oft nicht einmal mehr einen Vertrag mit dem Unternehmen, für das sie arbeiten. 2010 stieg die Zahl der befristet Beschäftigten in Deutschland auf acht Millionen. 75 Prozent des Jobwachstums gehen auf Leiharbeiter und befristet Beschäftigte zurück. Das spart kurzfristig Kosten, untergräbt aber die Loyalität und verhindert eine Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen. Sie suchen nur noch ihren persönlichen Vorteil und verlieren ihr Interesse an der Arbeit. In der Sowjetunion und der DDR hat man gesehen, wohin das führt – im Zweifel zum Ende von ganzen Staaten. Motto: Die tun so, als würden sie uns bezahlen. Dann tun wir so, als würden wir arbeiten.
    Der westliche Reflex bei derlei Fragen: Behandeln chinesische Fabrikanten ihre Arbeiter nicht sehr viel schlechter? Rein materiell
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