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Mit heißer Nadel Jagd auf Kids

Mit heißer Nadel Jagd auf Kids

Titel: Mit heißer Nadel Jagd auf Kids
Autoren: Stefan Wolf
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die
bisherigen Verbrechen im Ausland verübt wurden. Und dass jemand seinen
Schwiegervater abzocken will, ist ja auch nicht die Regel. Jedenfalls nicht auf
diese Weise.“
    „Dumme Kuh!“, meinte Karl.

    Gaby sah ihn an. „Du meinst
Katja?“ Und als Karl nickte, fuhr sie fort: „Liebe kann man nicht mit Vernunft
messen, Karl. Ob eine Liebe dumm oder schlau ist, ist nicht der Maßstab. Liebe
ist Gefühl. Und Gefühl ist nicht Verstand, sondern manchmal das Gegenteil.
Deshalb können wir Katja nicht verurteilen.“
    Die Jungs staunten Gaby an. Und
Tim sagte, ein wenig Verstand dürfe schon dabei sein, damit ein Gefühl nicht
von Anfang an aussichtslos sei, und im Übrigen verdiene ein Verbrecher keine
Liebe.
    Der Ansicht waren alle.
    Klößchen zuzzelte mit
vernehmlichem Schlürfen die letzten Tropfen aus seinem Shake und hielt ein
,Bäuerchen’ gerade noch zurück, denn Gabys Blauaugen-Blick hätte ihn
aufgespießt. Tim ließ den Rest seines Getränkes stehen. Statt Espressomilch
hatte er einen Nougat-Shake erhalten — von kitschiger Süße. Aber keine
Beschwerde! Denn die Studentin war nett und konnte Reklamationen nicht mehr
verkraften. Schon an drei Tischen hatte sie die falschen Getränke serviert und
dem Chef hinter der Theke runzelten sich vor Ärger die Ohren.
    „Die Waffe des Erpressers“,
sagte Tim, „ist seine Drohung. Er hat keine Geisel — wie bei einem Kidnapping.
Deshalb können wir was riskieren. Damit meine ich: Wir können ihm auflauern bei
der Geldübergabe. Denn zu uns hat Schneider Vertrauen. Bei uns wird er
ausplaudern, was wann wo läuft.“
    „Und das erzählen wir dann
gleich meinem Papi.“ Gaby lächelte.
    Tim grinste zurück. „Das wäre
ein Missbrauch schneiderschen Vertrauens. Denn die Polizei wird er nicht
einweihen. Er will zahlen und seine Ruhe haben — für Katja und sich. Aber echte
Ruhe hat er erst, wenn die Nummer eins erwischt wird. Und die mindestens vier
anderen Mitglieder, die noch auf freiem Fuß sind. Wo, wissen wir noch nicht.
Vielleicht hier als seine Helfer. Oder in Dirnbadhausen und Katlwaldstetten, wo
sie unserer Beachtung entgangen sind. Oder sie sitzen auf der Reservebank, weil
Prickners Tattoo-Bande europaweit arbeitet und noch viel vorhat.“
    „Um 18 Uhr will der Erpresser
abermals anrufen“, rief Karl die Fakten ins Gedächtnis zurück. „Wir sollten
schon vorher in der FS-Villa sein.“
    „Spätestens um 17.30 Uhr“,
nickte Tim.
     
    *
     
    Gabys Vater — Kommissar
Glockner — war allein in seinem Büro, als das Telefon klingelte.
    Er trank noch einen Schluck
Mineralwasser, nahm den Hörer ab und blendete — gehörlich — den Lärm aus, der
durch das geöffnete Fenster herein drang. Straßenlärm von unten, vom Vorplatz.
Autos, Autos, Autos. Busse. Motorräder. Die Straßenbahn quietschte in der
Kurve, obwohl man vor zwei Monaten neue Schienen verlegt hatte. Ein
Hubschrauber — Polizei-Hubschrauber — schnatterte über das Präsidium hinweg und
landete gekonnt auf dem neuen Landeplatz — einer 50 mal 50 Meter großen
Betonfläche mit großem aufgemaltem weißem +, das bei Nacht mit Leuchtfarbe
glimmerte und dem Pilot Ziel war.
    „Glockner.“
    „Ein Anrufer, Herr Hauptkommissar“,
sagte die Vermittlung und stellte durch.
    „Glockner.“
    Der Anrufer schnaufte, als
hätte er trotz Lungenentzündung den City-Sprint gewonnen. Als er sprach, klang
seine Stimme verstellt, grabes-dumpf und sehr leise.
    „Von dir will ich kein Geld, du
Scheißbulle. Aber wir werden deiner Tochter das Gesicht tätowieren — das
hübsche Gesichtchen mit der Pfirsichhaut und den Vergissmeinnicht-Augen. Du
wirst sie nicht wieder erkennen, Bulle. Das ist meine Quittung für damals. Für
damals als du mich... Aber das spreche ich nicht aus. Sonst kommst du noch
drauf, wer ich bin. Ende.“

    Es knackte in der Leitung.
Aufgelegt.
    Kommissar Glockner verharrte
vier, fünf, sechs Sekunden in seiner Haltung. Ein Finger ruhte noch auf dem
Knopf der Mitschnitt-Anlage — die, sobald eingeschaltet, jeden Anruf auf Band
aufzeichnet. Ab ,Scheißbulle’ war der Anruf gespeichert. Aber eine
Voraus-Erkennung des Typs war sicherlich unmöglich. Erst wenn man einen
Verdächtigen gefasst hatte, würde sich durch Stimmenvergleich feststellen
lassen, ob er der Anrufer war.
    Glockner legte auf, wählte eine
Nummer und wartete — mit eisiger Ruhe, denn die war jetzt angesagt, bis seine
Frau sich meldete.
    „Hallo, Liebling. Ich bin’s.
Ist Gaby zu Hause?“
    „Sie ist mit den
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