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Mit einem Bein im Modelbusiness

Mit einem Bein im Modelbusiness

Titel: Mit einem Bein im Modelbusiness
Autoren: Lars Mario und Amend Galla
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Berlin.
    » Beim Casting hattest du erwähnt, dass du eine Behinderung hast, richtig?«
    » Ja, genau.«
    » Komm, lass uns zurückgehen! Und erzähl mir das ganz genau. Ich will alles darüber wissen.«
    Michalsky nahm sich beim Fitting unglaublich viel Zeit für mich. Ich zeigte ihm meine Orthese und erklärte ihm en détail, wie das mit dem Laufen funktionierte. Er interessierte sich wirklich sehr dafür und stellte viele Fragen, was in der Form noch kein anderer Designer vorher gemacht hatte. Und all das mitten in dem enormen Vorbereitungsstress, denn die Show fand ja bereits am nächsten Tag statt. Ich muss gestehen, dass mich die Art, wie er mich behandelte, emotional schon sehr berührte. Endlich fühlte ich mal wieder ein bisschen Menschlichkeit in diesem Business.
    Nachdem sich Michalsky meine Geschichte angehört hatte, klopfte er mir freundschaftlich auf die Schulter und ging kurz zu seinem Casting-Director rüber, der in der anderen Ecke bei den Outfits stand, um etwas zu besprechen. Nach zwei, drei Minuten kam er zurück, schaute auf meine Orthese und fragte: » Sag mal, könntest du dir vorstellen, auch in kurzen Hosen zu laufen?«
    Was? Also, wenn ich mit einer Frage nicht gerechnet hätte, dann mit dieser.
    » Auf jeden Fall!«, zögerte ich keine Sekunde. » Im Gegenteil, das finde ich richtig cool!«
    » Ja?«
    » Klar!«
    » Na, dann machen wir das!«
    » Ja, dann machen wir das«, wiederholte ich und strahlte vor Glück.
    Ein Traum wird wahr
    In kurzen Hosen zu laufen, damit die ganze Welt – okay, zumindest die Modewelt – meine Orthese sehen konnte, war schon immer ein Traum von mir gewesen. Doch nie im Leben hätte ich damit gerechnet, dass ein Designer von sich aus auf diese Idee kommt und es am Ende auch tatsächlich durchzieht. Ich war total überwältigt. Endlich konnte ich mich in einer Show einmal so präsentieren, wie ich wirklich bin, ohne etwas verstecken zu müssen. Ich konnte mich kaum beruhigen. Sofort rief ich Lea an, um ihr von den Neuigkeiten zu erzählen. Sie kippte fast vom Stuhl.
    » Veräppelst du mich? Sag, du nimmst mich auf den Arm!«
    » Nein, Schatz, tu ich nicht.«
    » Wie geil ist das denn?«
    » Ich weiß!«
    » Oh mein Gott!«, schrie Lea.
    » Ja, ich weiß.«
    Dann kam auch schon eine Schneiderin zu mir, nahm meine Maße ab, und die Hose, die für mich vorgesehen war, wurde über Nacht zurechtgeschneidert. Die Glückshormone schossen nur so durch meinen Körper, als hätte ich 500 doppelte Espresso auf einen Schlag getrunken. Alle Models, die ich kannte, wollten in die Michalsky -Show, und ich war dabei. Sogar in kurzen Hosen. Unglaublich!
    Auf dem Weg zu Hakan, bei dem ich schon während der Castings übernachtet hatte, rief ich Peter an.
    » That is major! That is major! That is major!«
    Er bekam immer nur diese drei Wörter raus.
    » Mario, glaube mir, wenn du morgen in kurzen Hosen läufst …«
    Er war so aufgewühlt, dass er richtige Schnappatmung bekam und hyperventilierte. Jedenfalls hörte es sich über das Telefon so an.
    » … wird danach nichts mehr so sein wie vorher.«
    » Ach, jetzt übertreib mal nicht«, lachte ich nur. Ich war der Meinung, dass es maximal einen kleinen Hype geben würde, aber selbst das hielt ich für wenig realistisch. » Lass uns mal abwarten, ob morgen überhaupt was passiert und wie major das dann tatsächlich wird. Du darfst nicht vergessen, am Ende des Tages ist es immer noch eine Michalsky -Show. Da kann ich doch gar nicht mithalten. Will ich auch gar nicht. Aber hey, ich laufe in kurzen Hosen. Das ist schon mehr, als ich je zu träumen wagte.«
    » Mario, du kannst so viel erzählen, wie du willst. Das wird dein Leben verändern. I’m telling you, brother!«
    Ich ging früh ins Bett und schlief wie ein Murmeltier. Ungewöhnlich, denn normalerweise brachte ich vor wichtigen Ereignissen die ganze Nacht kein Auge zu. Selbst kurz vor der Show, die übrigens im Tempodrom vor über 1000 geladenen Gästen stattfand, war ich völlig ruhig – keine Schweißausbrüche, kein Herzrasen, kein nervöses Zappeln, nichts! Ich war ganz klar im Kopf und konnte jeden einzelnen Moment vollkommen in mich aufsaugen und genießen. Ich spürte, dass diese Nacht eine ganz besondere werden würde, und ließ mich einfach treiben. Während ich mit den anderen Models im Dressing Room darauf wartete, dass irgendwer » Showtime!« rief, wuselte Michalsky hektisch um uns herum, zupfte hier und da an einem Outfit und stellte mir plötzlich eine
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