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Mit dir in meinem Herzen: Roman (German Edition)

Mit dir in meinem Herzen: Roman (German Edition)

Titel: Mit dir in meinem Herzen: Roman (German Edition)
Autoren: Nicola Moriarty
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sie eingeklemmt in einer Ecke seines Schranks entdeckt, während sie den Nintendo aus einem Durcheinander von unnützem Kram herausgeschält hatte. Ich hatte keine Ahnung, dass er geraucht hat. Was ist mir sonst noch alles entgangen? Hätte sie die Zigaretten vor zehn Jahren gefunden, hätte sie ihm den Hals umgedreht. Aber die Wut, die beim Anblick der Packung – verborgen zwischen der alten Lego-Sammlung, von der er sich nicht hatte trennen können, und dem nagelneuen, noch verschweißten Star-Wars-Game (das er in ungefähr zwanzig Jahren bei eBay verkaufen wollte) – kurz in ihrer Magengrube gebrannt hatte, verflog sehr schnell, als ihr klar wurde, dass die Zielperson ihres Ärgers gar nicht mehr existierte.
    Als ihre nicht an Nikotin gewöhnte Lunge den Dienst zu versagen drohte und sie es leid war, immer wieder in diesem brutalen Videospiel getötet zu werden, stand sie von der Couch auf und ging ins Bad. Sie schrubbte sich den Nikotinfilm von den Fingern und kämmte ihr Haar, legte etwas rosa Lippenstift und Rouge auf und strich sich die Hose glatt.
    Anschließend ging sie einkaufen.
    Wenn es galt, nach außen hin Haltung zu wahren, war sie Expertin, geschult in der Kunst, Gefühle zu unterdrücken. Tränen waren schlicht nutzlos. Hysterie kam nicht infrage. Ganz im Gegenteil. Sie hielt sie sicher und tief versteckt, weggesperrt – abgeschlossen, den Schlüssel weggeworfen, die Lippen versiegelt, das Gesicht eine undurchdringliche Maske.
    Bla, bla, bla. Wem zum Teufel will ich was vormachen? Mein verdammter Sohn ist tot.
    Ah, schau an! Die neue Sommerkollektion ist bei Noni B im Schaufenster! Ein geschmackvoller anthrazitfarbener Hosenanzug dürfte das perfekte Outfit für die Beerdigung sein. Außerdem muss ich diesen charmanten Floristen anrufen, der die Hochzeit der beiden ausstatten sollte.
    *
    »Socken? Unterwäsche? Winterstrümpfe? Winterunterwäsche?«
    »Ja, Mum. Alle mögliche Unterwäsche und Socken für das ganze Jahr. Pass auf! Hier sind meine Herbstsocken und dort die Frühlingssocken, und oh, schau an, da sind ein paar Sommerunterhosen. Sind die nicht anbetungswürdig?«
    »Mach dich nicht über mich lustig, Junge. Ich habe dich auf diese Welt gebracht, und ich kann dich verdammt gut wieder dorthin packen, wo du hergekommen bist!«
    »Reizende Vorstellung, Mum!«
    »Du musst entschuldigen, aber ich bin ein bisschen angefressen. Schließlich wollen zwei Drittel meiner Familie in weniger als vierundzwanzig Stunden ein Flugzeug besteigen und für weiß der Geier wie lange um die halbe Welt reisen.«
    »Oh Gott! Du fängst nicht wieder mit dieser Schuldgefühle-Nummer an, oder?«
    »Ich sage nur, was Tatsache ist, Andrew. Wo zum Beispiel ist dein Zwillingsbruder? Hat er überhaupt schon angefangen zu packen?«
    »Machst du Witze? Du solltest nicht mal erwarten, dass James gepackt hat, wenn morgen früh draußen das Taxi vorfährt. Warum sich unnötig Hoffnungen machen? Du musst nur deine Erwartungen runterschrauben, dann schockt er dich eines Tages, indem er sich selbst übertrifft und dem Sonnenuntergang entgegenschreitet.«
    »Herzchen, du weißt, wie sehr es mich ärgert, wenn du sinnlose Metaphern benutzt. Das klingt, als wärst du schwul.«
    »Herrje, Mum!«
    *
    Sie stand in der Umkleidekabine bei Noni B und starrte auf ihr halbnacktes Spiegelbild. Sie legte die Hände auf die Hüften und drehte sich von einer Seite zur anderen.
    Schlaffes weißes Fleisch, die Kaiserschnittnarbe. Wann ist mein Körper so alt geworden?
    Sie stieg in die Hose, zog den Reißverschluss über ihrem Bauch hoch und strich den Stoff glatt. Als Nächstes kam die knisternd neue schwarze Bluse und darüber das anthrazitfarbene Jackett. Ihr nackter Körper mit all seinen Schwachstellen trat in den Hintergrund. Im Spiegel zeigte sich stattdessen ein selbstsicheres (und jüngeres) sowie schlankeres Konterfei. Blendend gepflegte Fingernägel. Gut frisiertes kurzes kastanienbraunes Haar (ohne einen Anflug von Grau). Wunderschöne Perlenohrringe.
    Sie hatte sich vollkommen unter Kontrolle.
    Gefasst.
    Gleichmütig.
    Unerschrocken .
    Sie steckte die Preisschilder ihres neuen Outfits außer Sichtweite in Taschen und Hosenbund, griff nach ihrer Handtasche, ließ ihre alte Hose und Bluse in einem Häuflein auf dem Boden zurück und verließ mit energischen Schritten die Umkleidekabine und den Laden. Die Sicherheitsetiketten lösten zwar Alarm aus, doch sie passierte die Glastür zufällig gemeinsam mit einer Mutter und deren zwei
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