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Mit den Augen der Fremden

Mit den Augen der Fremden

Titel: Mit den Augen der Fremden
Autoren: Gordon R. Dickson
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ihn nicht im Stich gelassen. Inmitten der zerbröckelten Erde entdeckte er ein winziges, totes, organisches Lebewesen. Ein Wurm, kaum von primitiven Würmern zu Hause zu unterscheiden.
    Kator holte ihn vorsichtig mit einer Pinzette aus der Erde und verschloß ihn in einem kleinen Würfel aus durchsichtigem Material. Er schob den Würfel in die Tasche seines Harnischs. Das gehörte ihm, sagte er sich. Im Rest des Artefakts gab es genügend Material, um die Untersuchungskommission zu Hause glücklich zu machen. Daraus sollten sie die Herkunft der Rasse, die das Artefakt hergestellt hatte, ergründen. Aber dieses kleine Wesen, den Grundstein seines künftigen Reiches, würde er bei sich behalten. Und wenn der Zufallsfaktor fortfuhr, seine Situation zu unterstützen, würde er dieses kleine Ding auch gebrauchen können …
    Kator zeichnete seine Position im Logbuch auf, ebenso die Richtung, in die das Artefakt getrieben war, als er es zum erstenmal entdeckt hatte. Dann nahm er es ins Schlepptau, stellte seinen Kurs auf die Heimatwelt ein und legte sich in Atons Bett, um sich der wohlverdienten Ruhe hinzugeben.
    Als der Schlaf ihn umfing, begann er sich an einige der gemeinsamen Forschungsexpeditionen zu erinnern, die er mit Aton unternommen hatte, und das Bedauern brannte wie körperlicher Schmerz in ihm, bis der Schlummer ihn linderte.
    Sie waren zwar nie verwandt gewesen, nicht einmal durch eine entfernte Heirat. Aber Kator hatte im Laufe der Zeit gelernt, tiefe Freundschaft für den älteren Ruml zu empfinden, und es fiel ihm gewöhnlich nicht leicht, Bekanntschaften zu schließen.
    Nur, so dachte er an der Schwelle zum Schlaf, was kann man machen, wenn es schließlich um ein Reich geht?
     

 
3
     
    Der Schläfer erwachte und stellte fest, daß er weinte. Einen Augenblick lag er reglos da, das Gesicht im Kissen vergraben. Er konnte nur daran denken, daß Aton tot war, daß er ihn getötet hatte.
    Und dann verdrängte langsam das vertraute Summen der Klimaanlage die Erinnerung an Aton. Und das weiche Bett gemahnte ihn daran, daß er sich an einem ganz anderen Platz befand, nicht im leeren Weltraum, nicht an einem Ort, wo es darum ging, Reiche zu gründen. Die Erinnerung an ein anderes Leben erwachte im Hintergrund des Gehirns des Schläfers und überflutete noch einmal sein Bewußtsein. Dann wischte er sich sein Gesicht an der dünnen weißen Decke ab und setzte sich im Bett auf.
    Er befand sich in seinem eigenen Schlafzimmer. Die Leuchtziffern seiner Uhr funkelten zu ihm herüber. Es war ein Uhr dreiundzwanzig früh. Er tastete nach dem schwarzen Umriß des Telefons auf dem Nachttisch. Seine vom Schlaf noch etwas ungeschickten Finger schlugen den Hörer von der Gabel, ehe sie ihn umfassen konnten. Aber es gelang ihm, ihn ans Ohr zu ziehen, und er wählte Meles Nummer. Es klingelte und klingelte wieder.
    „Hello …“ Das war ihre verschlafene Stimme, die da plötzlich antwortete.
    „Mele …“ sagte er. Seine Stimme schien ihm in der Kehle steckenbleiben zu wollen. „Ich bin es, Jason. Ich bin durch. Ich habe gerade im Schlaf Verbindung bekommen.“
    „Jason …“ Sie schien nur langsam wach zu werden. Und dann kam ihre Stimme plötzlich deutlicher. „Jason? Ist alles in Ordnung, Jason?“
    „Ja.“ Er fuhr sich mit zitternder Hand über das Gesicht und atmete tief. Den Umständen nach war es einfach lächerlich, so zu fühlen. Aber er konnte nicht anders.
    „Deine Stimme klingt so eigenartig, Jason. Bist du auch sicher, daß dir nichts fehlt?“
    „Ja“, sagte er. „Es ist bloß auf der anderen Seite etwas passiert. Das ist alles.“
    „Was?“
    „Das sag’ ich dir später.“ Langsam gewann er die Kontrolle über sich selbst zurück. Seine eigene Stimme klang bereits vertrauter, kühler, geschäftsmäßiger. „Ich ziehe mich jetzt gleich an und komme zur Stiftung. Rufst du den Ausschuß an?“
    „Sofort …“
    „Jetzt gefällt mir deine Stimme schon besser.“
    „Ich fühle mich auch besser“, sagte er. „Ich zieh’ mich jetzt an und packe. Ich fahre hier in fünfzehn bis zwanzig Minuten weg. Ich nehme ein Taxi. Soll ich dich unterwegs mitnehmen?“
    „Das wäre nett.“ Jetzt, da sie anfing wach zu werden, bekam ihre Stimme einen freundlichen, warmen Klang. Er liebte sie sehr. „Ich rufe jetzt die Leute vom Ausschuß an, und nachher rufe ich dich zurück. Wiedersehen, Liebster.“
    „Wiedersehen … Liebste“, antwortete er und hörte, wie auf ihrer Seite der Hörer auf die Gabel
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