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Mit dem Wolf in uns leben. Das Beste aus zehn Jahren Wolf Magazin (German Edition)

Mit dem Wolf in uns leben. Das Beste aus zehn Jahren Wolf Magazin (German Edition)

Titel: Mit dem Wolf in uns leben. Das Beste aus zehn Jahren Wolf Magazin (German Edition)
Autoren: Elli H. Radinger
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könnte. Zwar sei der letzte hier schon vor über hundert Jahren geschossen worden, und viele Leute würden in ihrer Panik einen wildernden Hund mit einem Wolf verwechseln, aber man habe ja bereits in den Nachbarländern die Erfahrung gemacht, dass Wölfe sich nicht an Grenzen hielten. Und im Osten gebe es ja schließlich noch einige Wölfe. Vielleicht stamme das Tier aber auch wieder aus einem Zirkus oder irgendeiner privaten Haltung, so wie der Panther, den man erst vor Kurzem zur Strecke gebracht habe.
    Ein kurzer Steckbrief über Wölfe rundete den zweigeteilten Artikel ab.
    Man sprach darüber. In den Büros, den Cafés, auf der Straße oder im Plausch mit den Nachbarn. Ganz besonders in der Nähe des kleinen Waldes, in dem Paul H. spazieren zu gehen pflegte. Manche nahmen die Sache nicht sehr ernst, andere wiederum machten sich große Sorgen um ihre Kinder und verboten ihnen, draußen zu spielen. Die Jäger und Förster streiften vermehrt durch ihre Reviere, allzeit wachsam und schussbereit, und die Polizei hatte ihre liebe Not, die unzähligen verängstigten Anrufer zu beruhigen und die vielen Vorschläge und Hilfsangebote dankend abzulehnen. So manche Wolfsgeschichte machte ihre Runde, und in einigen Fällen schlössen sich kleine Gruppen mit Gewehren und Pistolen zusammen, um den Wolf zur Strecke zu bringen. Doch weder im Rundfunk noch im Fernsehen wurde darüber berichtet, und auch die seriösen Zeitungen brachten keine einzige Zeile zu dem Vorfall.
    So ging der Freitag vorüber, und obwohl manche des Nachts in die Stille hinein lauschten, ob denn nicht das Heulen eines Wolfes zu hören wäre, deutete nichts darauf hin, dass hier nach über einem Jahrhundert wieder ein Wolf durch die Gegend streifen könnte.
    Die Samstagsausgabe der Boulevardzeitung schwieg sich zum Thema Wolf aus, und auch die Sonntagsblätter wussten nichts darüber zu berichten.
    Doch am frühen Montag schmückte wieder das Bild eines Wolfes eine Titelseite: Förster: „Ich sah den Wolf!“, lautete diesmal die Schlagzeile. Dem folgte, neben dem Bild eines stämmigen Mannes, der irgendwohin deutete, sowie einigen wenigen zusammenfassenden Zeilen, ein längerer Artikel auf der letzten Seite. Hans M., 41, von Beruf Förster, habe den Wolf gesehen, nicht weit von der Stelle, an dem Paul H. ihn entdeckt hatte. Es sei ein großes Tier mit dunklem Fell, wahrscheinlich ein Einzelgänger. Er sei direkt vor ihm über die Lichtung gelaufen, als er auf seinem Hochsitz Ausschau gehalten habe. Leider habe er nicht mehr schießen können und dann auch seine Spur verloren. Daran schlössen sich noch einige Aussagen von vermeintlichen Augenzeugen und verschiedenen Fachleuten an, ergänzt durch eine Reihe von Zitaten besorgter Anwohner. Das Spektrum reichte von „Ich traue mich schon gar nicht mehr aus dem Haus ...“ bis zu „Man sollte ihn sofort abschießen, bevor noch etwas passiert!“
    Diesmal fanden sich auch in vielen anderen Blättern Artikel über den Wolf. Schlagzeilen wie: Die Wölfe sind wieder da! kontrastierten mit schlichten Überschriften wie: Wolf gesichtet!, Furcht einflößende Archivfotos mit nüchternen Hintergrundinformationen und ausgedehnte Artikel mit Kurzmeldungen. Am Abend konnte man dann im Fernsehen eine Reihe von Interviews sowie Bilder von den beiden Schauplätzen sehen. Auch die obligatorischen Aussagen der Anwohner und der besorgten Bürger fehlten nicht. In einer der Sendungen kam dann sogar jemand zu Wort, der die Anwesenheit des Wolfes ausdrücklich begrüßte. Einige Kanäle beschränkten sich aber lediglich auf eine Kurzmeldung in der Rubrik „Inland“ oder „Verschiedenes“.
    Während der nächsten Tage wollten immer mehr Menschen den Wolf entdeckt haben. Die Berichte kamen von überall her, selbst Hunderte von Kilometern entfernt schwor ein Jogger, den schwarzen Wolf gesehen zu haben. Menschen mit Gewehren begaben sich ebenso auf die Suche wie solche mit Fotoapparaten, Ferngläsern, Videokameras oder der schlichten Hoffnung, einmal einen lebendigen Wolf in Freiheit zu sehen.
    Mittlerweile war auch eine breite Diskussion in Gang gekommen, und man stritt sich öffentlich und privat, vehement und zurückhaltend, verängstigt oder erfreut um das Für und Wider von Wölfen in einer dicht besiedelten Gegend, die sich ihrer schon vor langer Zeit entledigt hatte. Man stellte verschiedene Theorien auf, woher er wohl gekommen sein konnte und wohin er gehen würde.
    Es wurden Stimmen laut, die die Zusammenstellung
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