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Mit dem Kühlschrank durch Irland

Mit dem Kühlschrank durch Irland

Titel: Mit dem Kühlschrank durch Irland
Autoren: Tony Hawks
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hier war ich in Dublin, und Dublin war die Realität, ein kräftiger Schlag ins Gesicht. Es war eine pulsierende Geschäftsstadt am Dienstagmorgen kurz nach elf. Die Leute mussten arbeiten, ihre Leben leben, hungrige Mäuler stopfen und, Gott sei Dank, Radio hören.
    Die Radiozuhörer hatten an einem ziemlich spektakulären und auf seltsame Weise bewegenden Tag in der Geschichte ihrer Hauptstadt Anteil. Zwischen dem Bild, das sich die Zuhörer von den Vorgängen machten, und dem tatsächlichen Geschehen gab es allerdings einen ziemlichen Unterschied. Für diejenigen, die RTE 2 auf Mittelwelle empfingen, ganz egal, wo sie in Donegal, Galway oder sogar oben auf Tory Island wohnten, war es der emotionale Höhepunkt einer rührenden Geschichte, als jubelnde Menschen dicht gedrängt am Wegesrand standen, mit Girlanden warfen und ihrem Helden zuwinkten. Für den Marschierenden, der gerade bei der Connolly Station losging, war es schwierig, es auch so zu sehen. Wir waren zu dritt. Ich, ein rasender Reporter mit einem Mop und ein pensionsberechtigter Dudelsackspieler, der keinen Schimmer hatte, was da vor sich ging.
    Wir zogen die Talbot Street entlang und gelangten in eine Fußgängerzone. Die Leute beim Einkaufsbummel, die leider nicht Radio hörten, betrachteten uns mit belustigtem Staunen. Waren wir auf dem Weg zu einem Kostümball? Warum marschierten ein Mann mit einem Kühlschrank, ein Kerl mit einem Mop und ein Dudelsackspieler so stolz durch das Einkaufsviertel?
    Wir waren kein bisschen verlegen. Warum hätten wir es auch sein sollen? Christy zog vermutlich mehrmals die Woche seinen Kilt an und ging irgendwohin, um Dudelsack zu spielen, ich hatte einen ganzen Monat in der Gesellschaft eines Kühlschranks verbracht, und es war Johns Beruf, mit einem Mikrofon herumzuwedeln. Und was den Mop anging, nun ja, ich glaube, an den dachten wir gar nicht mehr, und John benutzte ihn als Spazierstock und stützte sich bei seinen langen Schritten auf ihn. Ein paar Minuten lang schwatzten wir fröhlich und hatten unsere Umgebung und die angebliche Bedeutung dieses Ereignisses völlig vergessen.
    Als wir die O’Connell Street überquerten und die Henry Street hochgingen, erzählte Christy mir, wie ihn einmal eine wütende Ehefrau, die der Faulheit ihres Mannes überdrüssig geworden war, engagiert hatte, damit er morgens bei Tagesanbruch vor ihrem Schlafzimmerfenster Dudelsack spiele, um den Faulpelz aus dem Bett zu jagen. Der Mann hatte das gar nicht witzig gefunden und ihn mit Schuhen, Parfümflaschen und allem, was ihm gerade in die Hände fiel, beworfen. Christy erklärte, dass dies das schlimmste Engagement gewesen sei, das er je gehabt hatte. Ich hoffte, dass es am Ende dieses Tages immer noch an Nummer eins stehen würde.
    Eine Zeit lang schon hatte der Kühlschrank, den ich auf seinem Wägelchen hinter mir herzog, schwerer als sonst gewirkt. Vielleicht setzte Müdigkeit ein, denn beinahe zum ersten Mal fühlte er sich wie die Last an, für die ich ihn anfangs gehalten hatte, zu der er dann aber doch nie geworden war. Ich drehte mich um und entdeckte den Grund: Ein kleiner, ziemlich frecher Junge auf Rollerblades nutzte den Kühlschrank als Mitfahrgelegenheit, indem er sich am Griff der Tür festhielt. Obwohl er immer schwerer zu werden schien, verbot ich es ihm nicht.
    Das war nur angemessen. Es war eine Geste, die mich sehr freute, denn es war ein symbolischer Dank an alle, die mich während des letzten Monats mitgenommen und so meine Reise möglich gemacht hatten.
    Kurz vor der Kreuzung Henry Street und Upper Liffey Street bemerkte ich, dass wir ein Drittel unserer Teilnehmer eingebüßt hatten. John war nirgendwo zu sehen. Das war Grund zu leichter Beunruhigung, denn er war der Einzige, der eine Ahnung hatte, wo wir hinsollten. Die Zahl derer, die an dem triumphalen Einzug teilnahmen, war jetzt auf zwei geschrumpft. Als wenn ein triumphaler Einzug mit zwei Teilnehmern nicht schon peinlich genug wäre, würden Christy und ich uns bald noch weiter erniedrigen müssen, indem wir nach dem Weg fragten. Biblische Vergleiche waren nicht mehr angemessen.
    Als ich auf eine Bank stieg und nach John Ausschau hielt, konnte ich mit einem Ohr über den Kopfhörer Brenda Donohue hören, die für die Gerry Ryan Show berichtete:
    »Hier im ILAC Centre hat sich eine gewaltige Menschenmenge versammelt, und wir sind alle ganz wild darauf, endlich Tony zu Gesicht zu bekommen. Wir hatten gehofft, dass er es in der Zwischenzeit hierher
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