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Mit Blindheit Geschlagen

Mit Blindheit Geschlagen

Titel: Mit Blindheit Geschlagen
Autoren: Christian Ditfurth
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können das beweisen.«
    Dreilich schwieg.
    »Wenn es herauskommt, dann kriegen Sie keinen öffentlichen Auftrag mehr. Und ein paar private Auftraggeber werden Sie auch verlieren.«
    Dreilich räusperte sich. Er schaute sich im Zimmer um. Sein Blick blieb an einem Ölschinken hängen, der einen See zeigte, umstanden von einem Wald. Er verharrte eine Weile so. Dann sagte er mit rauer Stimme: »Und Sie könnten dafür sorgen, dass mein Name nicht auftaucht.«
    Stachelmann nickte.
    »Warten Sie«, sagte Dreilich. Er erhob sich und verließ das Zimmer. Stachelmann hörte seine Stimme durch die Tür. Offenbar saß er im Vorzimmer und telefonierte. Vielleicht überprüfte er Stachelmanns Identität. Stachelmann wurde unruhig. Vielleicht hatte er etwas übersehen? Wenn man Menschen in die Enge treibt, werden sie unberechenbar. Stachelmann stellte sich vor, wie Dreilich zurückkam, mit einer Pistole in der Hand.
    Er kam ohne Pistole in der Hand zurück. Stachelmann schien es, als wäre Dreilich blass geworden. Dreilich setzte sich wieder hinter den Schreibtisch. »Aber Sie machen es nicht umsonst.«
    »Sie meinen, es kostet Sie was, Ihren Namen verschwinden zu lassen.«
    »Das meinen offenbar Sie.«
    Stachelmann nickte. »Allerdings weiß ich noch zu wenig von Ihnen, wir sind noch nicht fertig mit unserer Arbeit, da warten noch ein paar Säcke mit Papierschnipseln auf mich und das schlaue Computerprogramm, das seit kurzem unsere Arbeit so enorm beschleunigt. Bisher weiß ich, dass Sie die Fluchthilfegruppe bespitzelt haben, der auch Wittstock, Pawelczyk, Zakowski und ein paar andere angehörten. Sie haben Fluchthilfeaktionen an die Stasi verraten. Das fiel Ihnen am Anfang leicht, weil Sie die Pässe ausstellen ließen. Da hatten Sie die Fotos der Flüchtlinge frei Haus, für die Stasi war es nur noch eine Fleißarbeit, die Leute zu finden. Als die Gruppe das Verfahren änderte und von Ihnen nur noch Blankopässe verlangte, haben Sie Wolf Griesbach angeheuert. Und der hat unter anderem den Kontakt zu demjenigen gepflegt, der die Pässe fälschte, oder sagen wir, ausfüllte. Vielleicht war es auch nur so, dass Griesbach die Aktionen koordinierte und ihm dabei die Daten der Flüchtlinge in die Hände fielen. Er gab sie an die Stasi weiter, und die Sache lief weiter wie geschmiert. Stimmt’s?«
    Dreilich starrte Stachelmann an. Er zeigte keine Regung. Es verunsicherte Stachelmann.
    »Worüber ich bisher nur spekulieren kann, das ist die Frage, wen hat die Stasi fliehen lassen, wen nicht? Da können Sie mir doch bestimmt weiterhelfen.«
    Dreilich stand auf und ging zum Fenster. Er zeigte Stachelmann den Rücken und schaute hinaus. Dann drehte er sich um. Sein Gesicht hatte etwas Farbe zurückgewonnen. »Das wissen Sie nicht, Sie Experte? Das ist doch einfach. Die Genossen haben die nicht rausgelassen, die wichtig waren für die DDR,Spezialisten, Ärzte und so weiter. Und die anderen durften gehen, damit unsere lieben Fluchthelfer auch Erfolge vorweisen konnten. Glauben Sie es mir, es war eine gute Zusammenarbeit. Und unsere Erfolgsquote war nicht niedriger als die anderer Fluchthelfer.«
    Warum wurde Dreilich plötzlich redselig? Warum überwand er den Schock so schnell? Was hatte er gesehen, als er zum Fenster hinausschaute?
    »Aber dass Schlösser in den Knast kam, war doch ein Fehlschlag.«
    »Überhaupt nicht, der hatte was spitzgekriegt, deshalb haben wir ihn aus dem Verkehr gezogen.«
    »Und warum haben Sie Griesbach ermordet?«
    Da lachte Dreilich laut auf. »Ich? Sie Witzbold. Ich habe überhaupt niemanden ermordet. Schon gar nicht den Tausendsassa Wolle.«
    »Der war auch IM, vielleicht wollte er Sie verraten nach der Wende?«
    »Wie konnte der jemanden verraten, ohne sich selbst zu entlarven? Sie sollten nicht nur Akten fressen, sondern auch mal nachdenken.« Was machte Dreilich plötzlich so selbstsicher? Stachelmann überlegte eilig. Du hast einen Fehler gemacht. Nur welchen?
    »Und wer war es?«
    »Das interessiert einen von dieser komischen Behörde? Woher wissen Sie überhaupt, dass Wolle ermordet wurde?«
    Fieberhaft suchte Stachelmann eine Lüge. »Die Polizei hat uns unterrichtet. Die vermutet, dass es eine Stasiverbindung geben könnte.«
    Dreilich zögerte. Dann sagte er: »Wenn ich richtig unterrichtet bin, ist da ein Kollege von Ihnen in der Bredouille, ein gewisser Stachelhaus oder so ähnlich.«
    Draußen im Sekretariat klapperte etwas.
    »Ich will Ihnen mal was sagen, Sie Oberschlauer. Sie können mich
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