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Mistreß Branican

Mistreß Branican

Titel: Mistreß Branican
Autoren: Jules Verne
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gerathen, so essen sie ihre kleinen Kinder!
    Diese Neger Australiens, die nicht würdig sind, als Menschen angesehen zu werden, concentriren ihr Leben nur in dem einzigen Worte: »Ammeri!… Ammeri!« das fortwährend in ihrer Sprache vorkommt und Hunger bedeutet.
    Ihre häufigste Handbewegung besteht darin, daß sie sich an den Bauch schlagen, denn ihr Bauch ist nur allzu oft leer. In diesen wild-und culturlosen Ländern ißt man bei Tag und Nacht, wenn sich gerade die Gelegenheit bietet. Wovon können sich denn diese Eingebornen ernähren, diese unglücklichsten Menschen, die je die Natur auf die Oberfläche der Erde verpflanzt hat? Sie haben eine Art grobes Brot, das sie aus Getreide ohne Hefe nicht im Ofen, sondern unter glühender Asche backen; dann manchmal Honig, den sie in den Gipfeln der Bäume finden, wo die Bienen ihre Stöcke aufschlagen; Eier, welche eine Hühnerart in den Sand legt und von der Sonne ausbrüten läßt; jene Tauben, die ihre Nester an der äußersten Spitze der Aeste hoher Bäume bauen, dann noch die Larven gewisser Insecten, die sie hinter der Rinde der Bäume oder aus der Mitte verfaulten Holzes graben. Das ist Alles.
    Aus diesem steten Kampfe um das tägliche Brot erklärt sich auch ihr Cannibalismus mit all seinen Schrecken, der nicht ein Zeichen natürlicher Wildheit, sondern die Folge einer Nothwendigkeit ist, wozu die Natur den Australier treibt, denn er müßte sonst verhungern. Wird dieser Cannibalismus daher eines Tages schwinden?
    Die Stämme am Unterlaufe des Murray und in den nördlichen Gebieten haben die Gewohnheit, ihre eigenen Kinder zu verzehren. Furchtbar! Wenn man nichts mehr zu essen hat, so verzehrt die Mutter ihr Kind, dem sie das Leben gegeben hat, und die Reisenden haben die Unglücklichen von dieser Grausamkeit wie von etwas ganz Natürlichem sprechen hören!
    Aber nicht der Hunger allein treibt die Australier zum Cannibalismus, sondern auch ein besonderer Geschmack für Menschenfleisch, das sie »Talgoro« nennen. Dank ihren fortwährenden Kriegen, die nur zu diesem Zwecke unternommen werden, verschaffen sie sich »Talgoro« und essen es nicht nur frisch, sondern heben es sich auch auf.
    Dr. Carl Lumholtz sagt bei der Beschreibung seiner Reise durch die nordöstlichen Provinzen, daß die Schwarzen seiner Escorte stets diese Ernährung im Auge hatten, denn »Menschenfleisch geht dem Australier über Alles«. Und doch verschmähen sie das Fleisch der Weißen, weil es einen unangenehmen, salzigen Nachgeschmack haben soll.
    Die Australier haben noch einen Grund, sich gegenseitig aufzufressen, indem sie ungemein grausam sind. Was ihre Religion anbelangt, so geben sie die Gegenwart eines höheren und bösen Wesens zu, dessen Stimme Kving’gan’ sie fürchten; es eilt die Länder entlang und wohnt in den Klüften der hohen Gebirge, obwohl diese Stimme nur der melancholische Gesang eines reizenden Vogels ist, eines der sonderbarsten der Ornithologie Australiens. Aber diese Wilden beten nie, wie wir aus den Reiseberichten hören, und nirgends kann bei ihnen die Spur eines Cultus gefunden werden.
    Aber sie sind sehr abergläubisch, und da sie der Meinung sind, daß ihre Feinde sie durch Zauberei vernichten, so trachten sie dieselben zu tödten, wodurch diese dem Cannibalismus ergebenen Gegenden allmählich entvölkert werden.
    Wir müssen noch erwähnen, daß die Australier Achtung vor den Todten haben. Sie bringen dieselben nicht mit der Erde in Berührung, sondern umgeben den Leichnam mit Blüthen und Rinde, legen ihn dann in ein wenig tiefes Grab, mit den Füßen gegen Sonnenaufgang; doch machen sie das Grab nicht zu, wie dies auch bei anderen Stämmen Sitte ist. Das Grab eines Häuptlings wird mit einer Hütte bedeckt, deren Eingang gegen Osten ist. Nicht unerwähnt soll bleiben, daß die Wilden glauben, die Todten stehen als weiße Menschen auf; nach der Bemerkung des Dr. Carl Lumholtz haben diese Australier für den Geist und den Weißen dasselbe Wort.
    So beschaffen sind die Stämme des australischen Continentes, die ebenso einmal verschwinden werden, wie die Bewohner von Tasmanien. So waren nun auch die Indas, in deren Hände Capitän John und Harry Felton gefallen waren.
    Nach dem Tode der Matrosen mußten John und Harry Felton die Indas auf ihren fortwährenden Wanderungen durch die Gegenden des Nordwestens und des Centrums begleiten. Bald von anderen Stämmen angegriffen, bald sie angreifend, gelangten sie allmählich, Dank den Rathschlägen ihrer Gefangenen,
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