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Mission Sphinx: Thriller

Mission Sphinx: Thriller

Titel: Mission Sphinx: Thriller
Autoren: Glenn Meade
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Verwesung. Ich konnte den hölzernen Bogen erkennen, der in die eigentliche Leichenhalle führte, aber dahinter versank alles im Dunkel. Nur eine einzelne Glühbirne und ein paar flackernde Duftkerzen brannten dort. In dem Raum standen mehrere Metalltische, auf denen unter schmuddeligen, weißen Tüchern die Leichen lagen. Außerdem gab es in den Granitwänden der Leichenhalle noch mindestens ein Dutzend Fächer hinter verkratzten, verbeulten Stahltüren.
    Ismail sah mich an. Seine traurige Miene wirkte gekünstelt. Er war klein, dick und trug eine verschlissene Dschellaba aus Baumwolle. »Sind Sie ein Verwandter des Toten?«
    »Ich bin Journalist.«
    Der Ausdruck der Trauer verschwand augenblicklich aus seinem Gesicht. »Das verstehe ich nicht.« Ismail runzelte die Stirn. »Was wollen Sie denn hier?«
    Ich nahm meine Brieftasche heraus, zählte großzügig ein paar Scheine ab und gab sie ihm. »Für Ihre Bemühungen.«
    »Wie bitte?«
    »Ihre Zeit, aber ich werde nicht viel davon in Anspruch nehmen. Ich möchte nur die Leiche des alten Mannes sehen.
    Wäre das möglich? Es ist vielleicht eine Story für mich drin, verstehen Sie?«
    Ismail verstand offensichtlich. Das Geld verhinderte jeden Widerspruch, und er lächelte, als er sich die Scheine in die Tasche stopfte. »Natürlich, wie Sie wünschen, einem Mann von der Presse bin ich immer gern behilflich. Sie sind Amerikaner?«
    »Ja, das stimmt.«
    »Das dachte ich mir schon. Bitte kommen Sie hier entlang.«
    Er führte mich in die Leichenhalle. Es war sehr kühl dort, und von den Wänden blätterte die blaue Farbe ab. Die filigrane arabische Holzschnitzerei der Bögen und Türen war außerordentlich kunstvoll, aber der Raum sah trotzdem schäbig aus. Eine Renovierung war längst überfällig.
    Ismail zeigte in eine Ecke, die mit einem schweren Perlenvorhang abgetrennt war. »Er liegt dort. Ich habe gerade an ihm gearbeitet, als Sie geklingelt haben. Nicht sehr angenehm, wenn so eine Leiche mehrere Tage im Wasser gelegen hat.
    Möchten Sie sie immer noch sehen?«
    »Deshalb bin ich ja hier.«
    Ich folgte ihm, und er zog den Vorhang beiseite. Ein paar flackernde Duftkerzen standen neben einem Marmorblock, auf dem eine nackte, männliche Leiche lag. Daneben stand ein kleiner Metalltisch, auf dem sich die einfachen Instrumente eines Bestattungsunternehmers befanden. Gewachste Fäden, Watte, ein paar Schüsseln mit Wasser. Neben dem Tisch lagen ordentlich gefaltete, saubere Kleidungsstücke: ein alter Leinenanzug, Hemd und Krawatte, Socken und Schuhe.
    Wahrscheinlich waren sie für die Leiche gedacht.
    Der alte Mann, der dort aufgebahrt lag, war sicher schon über siebzig und ziemlich groß, mindestens ein Meter achtzig. Seine Augen waren offen und starrten glasig ins Leere. Das dünne graue Haar war straff nach hinten gekämmt, die Haut weiß und vom Wasser ganz runzlig. Seine Gesichtszüge waren schrecklich verzerrt, aber es fehlte die lange Narbe auf der Brust, die auf eine Autopsie hingedeutet hätte. In moslemischen Ländern werden die Toten rasch begraben, meistens noch vor Sonnenuntergang, wenn der Tod am Morgen eingetreten war, sonst am nächsten Tag. Die Toten gelten als heilig und werden selten angerührt. Selbst die Opfer eines Mordes werden gewöhnlich nur einer Nekropsie unterzogen: einer oberflächlichen Untersuchung der Leiche, um die Ursache des Todes festzustellen, bloße Vermutung also.
    Ich schauderte, denn der Duft der Kerzen konnte den Gestank der Verwesung nicht überdecken. »Was können Sie mir über ihn sagen?«
    Der Leichenbestatter zuckte die Achseln. Als ob ein Toter mehr in einer chaotischen Stadt, in der fünfzehn Millionen Menschen lebten, wichtig wäre. »Er ist gestern gebracht worden.
    Die Polizei hat ihn im Wasser in der Nähe der Eisenbahnbrücke gefunden. Er trug einen deutschen Ausweis auf den Namen Johann Halder bei sich, und er besaß eine Wohnung im Imbaba-Viertel.«
    Soviel wußte ich bereits. »Hat sich irgend jemand gemeldet?«
    »Noch nicht. Die Leiche wird noch eine Weile aufbewahrt werden, während man nach Verwandten sucht. Aber bis jetzt haben sie niemanden gefunden. Es sieht aus, als hätte er allein gelebt.«
    »Ich nehme an, er ist kein Moslem?«
    »Die Polizei hält ihn für einen Christen.«
    »Ist er ertrunken?«
    Ismail nickte. »Das sagt jedenfalls der Pathologe. Wie Sie selbst sehen können, weist der Körper keinerlei Wunden auf.
    Der Pathologe glaubt, daß der alte Mann aus Versehen in den Fluß gefallen ist,
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