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Mission Munroe 03 - Die Geisel

Mission Munroe 03 - Die Geisel

Titel: Mission Munroe 03 - Die Geisel
Autoren: Taylor Stevens
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fallen. Hob die Jericho vom Boden auf. Gleichzeitig zielten sie aufeinander. Er wusste, dass sie nicht schießen würde – nicht, solange er die Geisel als Schutzschild benutzte –, und sie wusste, dass er nur sehr ungenau zielen konnte, weil er die Waffe mit einer Hand halten und mit der anderen das zappelnde Mädchen bändigen musste.
    Munroe machte sich auf die Einschläge gefasst. Hoffentlich hatte sie Glück, und er traf nur ihren Oberkörper, wo sie durch die Jacke immer noch weitgehend geschützt war. Die Wahrscheinlichkeit, dass er eine der bereits durchlöcherten Stellen traf, war gering. In diesem Augenblick der Schicksalsergebenheit platzte roter Nebel aus dem Schädel des Mannes. Tod, der nicht von ihrer Hand gekommen war.
    Die Zeit, bis jetzt gefangen, raste schlagartig auf und davon, losgelassen, wie von einer gespannten Feder gezogen. Der Gorilla brach zusammen, und die Geisel blieb kreischend stehen, wäre am liebsten aus ihrer Haut gekrochen, um den Körperflüssigkeiten und dem Tod zu entkommen, wollte, dass dieser Augenblick endlich vorbei war. Ihr Schock und ihre Todesangst gesellten sich zu dem Geschrei des Mädchens auf dem Boden. Es war ein ohrenbetäubender Lärm, der aber erst jetzt, in diesem Augenblick, zu Munroe durchdrang.
    Wie ein Sprinter nach dem Startschuss jagte Munroe durch das Labyrinth aus Tischen und Gängen, einmal quer durch den Saal, zu der Stelle, wo sie zuvor die Bewegung wahrgenommen hatte.
    Doch da war niemand.
    Sie drehte sich langsam um die eigene Achse. Achtete auf jedes Detail, spähte, während die Schreie und das Weinen der Teenagermädchen den höhlenartigen Raum mit ihrem Echo füllten.
    Neben einem Stuhlbein fand sie eine einzelne leere Patronenhülse.
    Sie nahm sie in die Hand. Wut wallte in ihr auf.
    Er hatte es von Mailand bis hierher geschafft. War hier gewesen. Hätte alles beenden können, wenn er den Mann erschossen hätte, der so viel Leid verursacht hatte. Hatte stattdessen Neevas Tod in Kauf genommen und – was ihm vermutlich als edle Geste erschien – Munroes Leben verschont. Hatte ihr dadurch jede Möglichkeit genommen, Frieden zu finden. Er hätte seinen Onkel töten können. Hätte dem Leid ein Ende setzen können. Er hatte die Macht gehabt, Neeva am Leben zu lassen, und hatte sie nicht genutzt. Dafür hasste Munroe ihn.
    Sie hatte ihn am Leben gelassen, hatte ihm eine Chance gegeben, aber doch nicht dafür.
    Nicht dafür.
    Munroe steckte die Patronenhülse ein, als Andenken, und warf noch einen Blick in den Juwelierladen. Die Frau hinter der Theke war tot. Sie lehnte an der Wand, mit einem Loch in der Stirn.
    Munroe ging zurück. Bei der Stahltür, die in das Kellerverlies führte, saßen die beiden Mädchen und versuchten mit glasigen Augen, sich das Blut und andere Flüssigkeiten aus dem Gesicht und von den Händen zu wischen. Aber sie verschmierten es nur und machten alles noch schlimmer.
    Sie winkte den beiden zu, wollte, dass sie mit ihr in den Keller kamen, wo es einen Wasserschlauch gab, aber sie weigerten sich, und Munroe beließ es bei diesem Versuch.
    Der Puppenmacher war tot. Vier seiner Schläger waren tot. Die Frau im Juwelierladen war tot, aber die Arbeiter würden bald eintreffen, und der Puppenmacher hatte mit Sicherheit noch mehr Helfer herbestellt. Sie wollte verschwinden, bevor sie hier waren.
    Das kleine Mädchen war mittlerweile aus der Zelle in den Flur gekommen und starrte jetzt den toten Wärter an. Als Munroe näher kam, zuckte sie zusammen, darum blieb Munroe stehen, streckte nur die Hand aus, bis das Kind sich langsam umdrehte und nach ihren Fingern griff.
    Sie brachte das kleine Mädchen nach oben in das Büro mit den Puppen. Der Anblick ließ die Augen der Kleinen leuchten. Munroe drückte ihr eine lebensgroße Puppe in die Hand und bedeutete ihr, dass sie sich setzen sollte. Während das Mädchen beinahe ebenso ehrfürchtig wie einst der Puppenmacher die Haare und die Kleider der Puppe streichelte, durchwühlte Munroe die Schubladen auf der Suche nach Papieren, nach elektronischen Speichermedien, nach allem, woraus hervorgehen konnte, wer der Puppenmacher war oder wie seine Organisation aufgebaut war.
    Sie fand nichts.
    Die Teenagermädchen kamen näher, blieben aber in der Tür stehen.
    Munroe zögerte. Unterbrach ihre Suche und richtete sich auf, kam dann um den Schreibtisch herum und streckte die Hand nach dem kleinen Mädchen aus. Sie rutschte von ihrem Stuhl herunter, und Munroe brachte sie zur Tür. Dort
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