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Mission Clockwork

Mission Clockwork

Titel: Mission Clockwork
Autoren: Arthur Slade
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schnell wie möglich das Seil hinaufzuklettern. Oben angekommen, verschnaufte Modo, hielt sich mit einer Hand fest und strich mit der anderen Hand über seine neueste Maske. Mrs Finchley hatte ihm geholfen, sie aus Mehl, Wasser, Papierbrei und Leim anzufertigen. Er hatte der Maske ein teuflisches, grinsendes Gesicht verliehen.
    Modo sprang mit einem Satz zu einem weiteren Seil hinüber, das in der Nähe baumelte, schwang sich daran zur gegenüberliegenden Wand und kletterte mit dem Kopf voraus nach unten.
    Â»Du bist stark für ein Kind von neun Jahren«, erklärte Tharpa in seinem förmlichen Englisch.
    Modo grinste stolz. Auf dem Boden bewegte er sich mit seinen ungelenken Beinen und dem plumpen Körper unbeholfen, doch seine großen Hände waren wie geschaffen für das Klettern. Er machte einen Überschlag über einen Bock und landete auf den Füßen. »Hoppla!«, rief er.
    Tharpa reagierte nicht, also vollführte Modo einen weiteren Überschlag. »Hoppla!«
    Â»Ja, ja, sehr beeindruckend«, erwiderte Tharpa, aber Modo wusste nicht genau, ob sein Ausbilder sich nicht vielleicht über ihn lustig machte. Obwohl er seit fünf Jahren bei Tharpa lernte, fand er den Inder immer noch völlig undurchschaubar.
    Dreimal in der Woche unterwies Tharpa den Jungen in den »Kampfkünsten«, wie er es nannte. Den Rest der Woche studierte Modo Geschichte, lernte Sprachen und prägte sich Karten ein, auf denen alle Länder des britischen Weltreichs rot eingezeichnet waren. Zu seiner Ausbildung gehörte auch, sich mit Mrs Finchley zu verkleiden, verschiedene Dialekte zu perfektionieren und in andere Rollen zu schlüpfen. Ihre Jahre als Schauspielerin machten sie zu einer exzellenten Lehrerin. Und Modo vermutete, dass er ein exzellenter Schüler war, weil sie ihn regelmäßig lobte.
    Der Junge war mittlerweile mühelos in der Lage, eine gesellschaftliche Rangordnung zu erstellen, mit Queen Victoria an der Spitze bis hinunter zu den Gentlemen, denen es gestattet war, Waffen zu tragen. Und er konnte ebenfalls erklären, wer neben wem an der Tafel bei einer Abendgesellschaft platziert werden sollte. Warum Mrs Finchley Wert darauf legte, dass er solche Belanglosigkeiten erlernte, war ihm allerdings ein Rätsel.
    Einmal pro Woche stattete ihm Mr Socrates einen Besuch ab und brachte jedes Mal eine Fotografie oder ein Porträt mit, das er vor Modo auf eine Staffelei stellte. »Verwandle dich in diese Person«, forderte er ihn dann immer auf. Und Modo konzentrierte all seine Willens- und Vorstellungskraft darauf, sich auszumalen, wie sein Körper sich verändern und sein Gesicht sich verwandeln würde, bis sich die Knochen schließlich unter Schmerzen tatsächlich bewegten. Meistens gelang es Modo nicht, die Verwandlung aufrechtzuerhalten, und er glitt schon nach wenigen Augenblicken in sein altes hässliches Selbst zurück. Aber von Zeit zu Zeit nahm er so vollkommen eine fremde Gestalt an, dass Augenbrauen, Nase und Lippen dem Porträt zum Verwechseln ähnlich sahen, und er schaffte es, das Aussehen für länger als zehn Minuten beizubehalten.
    An den seltenen Tagen, an denen Modo sich erfolgreich verwandelte, sprach Mr Socrates ihm ein sparsames, kleines Lob aus. Modo konnte eine ganze Woche lang von einem »Das war zufriedenstellend« zehren und übte, davon beflügelt, noch abends im Bett die Verwandlung seines Gesichts und seines Körpers, in der Hoffnung auf ein weiteres Lob bei ihrem nächsten Treffen.
    Während einer Sitzung fühlte Modo sich mutig und fragte: »Warum besitze ich diese Fähigkeit?«
    Â»Chamäleons passen ihre Farben der Umgebung an«, erklärte Mr Socrates. »Hasen ersetzen im Winter ihr braunes Sommerfell durch ein weißes. Ich habe sogar Fische gesehen, die leuchten, um so ihre Beute zu hypnotisieren. Du besitzt eine perfekte Überlebenstechnik, Modo – um deine Feinde zu täuschen und dich unter deine Freunde zu mischen. Du beherrschst die adaptive Verwandlung. Mutter Natur hat dir diese Gabe geschenkt.«
    Mr Socrates sprach stets von einem Geschenk. Modo war sich da nicht so sicher. Er dachte an all die Stunden, die er damit verbracht hatte, Gesicht und Körper zu verwandeln, um dann doch jedes Mal wieder in seine ursprüngliche Form zurückzufallen. Warum konnte er sich nicht für immer verwandeln? Mutter Natur war grausam zu ihm gewesen.
    Er
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