Mission Clockwork
darstellten. Der Junge betrachtete den glitzernden Spiegel wie hypnotisiert. Mr Socrates richtete ihn langsam auf Modos Gesicht.
Modo blickte hinein und zum ersten Mal in seinem Leben blinzelten ihn seine eigenen Augen an. Ein Auge war gröÃer als das andere und wölbte sich vor wie das eines Insekts. Seine riesigen Zähne waren krumm. Leuchtend rotes Haar wuchs in Büscheln auf seinem Kopf. Er hatte sich alle erdenklichen Variationen seines Gesichts ausgemalt, von schön über narbenbedeckt bis hässlich â aber der Anblick jetzt war furchtbarer als seine schlimmsten Vorstellungen, hässlicher als die abstoÃendsten Darstellungen, die er je gesehen hatte. Seine Fassungslosigkeit wich Entsetzen und seine Augen wurden groà und füllten sich mit Tränen.
Er blickte zu Mrs Finchley auf und flüsterte: »Sie haben mir gesagt, ich sei schön.«
Modo sank auf die Knie, schlug sich die Hände vor die Augen und brach in ein klagendes Geheul aus. Er rollte sich zu einer weinenden, jammernden Kugel zusammen, sein Buckel drückte gegen das Hemd.
Mr Socrates lieà den Spiegel sinken. »Ich habe dich gewarnt, dass dies eine harte Lehrstunde sein würde. Du bist missgestaltet. Du bist hässlich. Aber vergiss nie den heutigen Tag. Heute hast du gelernt, dass du ein groÃartiges Geschenk mitbekommen hast: Dein abstoÃendes Antlitz mag dir jetzt unerträglich erscheinen, doch die Welt wird dich genau deshalb stets unterschätzen. Die Natur hat dir noch ein zweites Geschenk mitgegeben, die Gabe, dein entstelltes ÃuÃeres zu verändern, eine Fähigkeit, von der andere Menschen nur träumen können. Es ist eine wundervolle und ungemein wertvolle Mitgift. Gemeinsam werden wir an ihrer Perfektionierung arbeiten.«
Modo hörte nicht mehr zu. Das grauenerregende Bild seines Gesichts hatte sich ihm eingebrannt. Er stieà einen spitzen Schrei aus und prügelte auf seinen Kopf und den Buckel ein, als wollte er die Missbildungen mit Schlägen in sein Fleisch zurücktreiben. Er trat so heftig mit den FüÃen um sich, dass er gegen die Wand prallte und Putz herabbröselte.
»Hör auf zu jammern!«, befahl Mr Socrates.
Modo versuchte, sein Schluchzen zu unterdrücken. Er beruhigte sich so weit, dass ihm nur noch vereinzelte wimmernde Laute entschlüpften, doch er hielt die Hände weiterhin auf sein Gesicht gepresst. Langsam sah er vom Boden auf. Alle Augen ruhten auf ihm. Mrs Finchley hatte geweint. Tharpas Miene war wie immer undurchdringlich, doch Mr Socrates wirkte überraschenderweise ein wenig traurig.
»Ich weiÃ, dass du erst fünf Jahre alt bist, aber du musst lernen, dich zu beherrschen«, flüsterte er. »Du musst.« Er griff in die Reisetasche zu seinen FüÃen und holte einen hautfarbenen Gegenstand hervor. Modo blickte ihn mit zusammengekniffenen Augen an und erkannte Löcher für die Augen und eine Mundöffnung.
»Ich habe das hier extra für dich im fernen Venedig bestellt. Es ist eine Maske. Diese Masken sind aus Pappmaché gefertigt und deshalb auÃerordentlich leicht. Du wirst kaum bemerken, dass du sie trägst.« Er legte sie neben Modo auf den Boden. Die Maske hatte eine gerade Nase und makellos geformte Lippen.
Modo wimmerte erneut.
Mr Socrates wandte sich abrupt ab und sagte: »Trösten Sie ihn nicht, Mrs Finchley. Das ist ein Befehl. Er muss lernen, sein Aussehen zu akzeptieren. Lassen wir den Jungen jetzt allein und trinken Tee. Ich habe eine Auswahl mitgebracht, die beim letzten Teeklipper-Rennen ganz frisch aus Fuzhou eingetroffen ist.«
Mit diesen Worten schritt er zur Tür, gefolgt von Tharpa und Mrs Finchley. Sie warf noch einen raschen Blick über die Schulter zurück, aber Modo hatte sein Gesicht erneut in den Händen verborgen. Unter Schluchzen hörte er, wie die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel.
Nach einigen Sekunden hob er den Kopf, streckte die Hand aus und berührte die Maske. Sie war kalt und hart. Er griff danach und untersuchte die Ãffnungen für die Augen und die kleineren für die Nasenlöcher. SchlieÃlich zog er die Maske über sein Gesicht, drückte seinen Rücken gegen die Wand und weinte.
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3
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Lernen, unberührbar zu werden
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S chweià tropfte Modo in die Augen, während er das Seil zur Glaskuppel hinaufkletterte. Zum zwölften Mal innerhalb der letzten Stunde befahl ihm Tharpa, so
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