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Miss Seeton riskiert alles

Miss Seeton riskiert alles

Titel: Miss Seeton riskiert alles
Autoren: Heron Carvic
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zu einer Entführung wartete. Thatcher lachte kurz auf. Das würde den Vater und die Mutter im Zaum halten. Bisher war das Mädchen in Kenharding Abbey geblieben und nur einige Male zum Krankenhaus nach Guildford gefahren, um irgendeinen dummen Kriminalbeamten zu besuchen, der sich in die Schlägerei eingemischt hatte. Man hatte ihm jedoch gesagt, der Polizist würde bald aus dem Krankenhaus entlassen. Der Rest war einfach.
    Übrigens würde das Fest in Plummergen – obwohl nur eine Bagatelle – dem Syndikat Gelegenheit geben zu zeigen, daß man hier, wie auf allen Gebieten des Glücksspiels, keinen Spaß verstand. Thatcher lächelte wieder. Dann gab er es auf, noch weiter über Miss Seeton und die Kenhardings nachzudenken, und wandte sich wichtigeren Dingen zu.
    Das Fest in Plummergen war in vollem Gange. Miss Seeton hatte das Zelt besucht, in dem Blumengebinde, Obst und Gemüse ausgestellt waren, und pflichtgemäß ein oder zwei Skizzen gemacht, obwohl sie meinte, es lohne sich nicht besonders. Sie hatte zugesehen, wie die ziemlich falsch spielende Dorfkapelle die Krönung der Miss Plummergen begleitete, und einige Szenen gezeichnet. Auch hier war sie der Ansicht, dies sei etwas, das man besser überginge, denn Emmy Pütts, Verkäuferin im Kolonialwarenladen der Poststelle, hatte kurzes dunkles Haar, und das durchsichtige Kleid mit der Schärpe, die ihr Hoheitszeichen trug, war nach Miss Seetons Meinung kein Ausgleich für die falsche Perücke mit den langen blonden Locken. Hinzu kam, daß Deirdres amüsante, aber beißende Kommentare sie in ihrer Meinung noch bestärkten.
    Miss Seeton war überrascht gewesen, als Deirdre, vor Glück strahlend, gerade in dem Augenblick erschien, als sie sich anschickte, zum Fest zu gehen. Offenbar hatte man Tom Haley aufsein Drängen hin erlaubt, das Krankenhaus zu verlassen. Deirdre hatte ihn mitgenommen und in London abgesetzt. Sie hatten vereinbart, den Abend im 10/20 zu verbringen. Mel Forby hatte ihnen den Club als ihr Lieblingslokal empfohlen. Deirdre und Tom wollten sich dort um zehn Uhr zwanzig treffen und einen Teil ihres Gewinnes ausgeben. Deirdre war dann nach Plummergen weitergefahren. Sie überbrachte die zweihundertfünfzig. Pfund, von denen Tom erklärte – ganz zu Unrecht, behauptete Miss Seeton – , er schulde sie ihr. Deirdre war indessen im Namen Toms eisern geblieben, und Miss S. hatte das Geld annehmen müssen. Als Deirdre von dem Fest am Nachmittag hörte, beschloß sie, an dem Vergnügen teilzunehmen, und tat dies in diesem Augenblick im buchstäblichen Sinne des Wortes: Sie ritt auf einem bunt bemalten Karussellpferd munter im Kreis.
    Nanu, was war denn das? Miss Seeton sah zu einem runden turmartigen Gestell auf, das sich Penny Matte nannte. Eine unzutreffende Bezeichnung, dachte sie, denn ein kleines Schild informierte das Publikum, daß fünf Pence für eine Rutschpartie zu bezahlen seien. Von dort oben würde sie eine viel bessere Übersicht über das Fest bekommen, geradezu ideal. Miss Seeton bezahlte ihre fünf Pence und kletterte die steile Wendeltreppe hinauf. Sie ließ sich etwas abseits der Stelle nieder, von wo aus die Leute zu ihrer Belustigung auf Matten in die Tiefe rutschten. Eine schöne Studie, eine sehr interessante Perspektive, fand Miss Seeton.
    Ein schmieriger junger Mann blieb neben ihr stehen. »Rutschen Sie nicht runter?« fragte er.
    »Nein«, erklärte Miss Seeton, »wissen Sie, ich möchte nämlich – «
    »Doch, Sie rutschen!« Er holte aus, stieß Miss Seeton zu Boden und warf ihr Skizzenbuch über das Geländer. Dann packte er sie. Man würde nie beweisen können, daß sie sich nicht bei einem Unfall das Genick gebrochen hatte.
    Um sich zu retten, versuchte Miss Seeton mit ihrem zweitbesten Schirm nach dem Pfosten der Wendeltreppe zu angeln. Statt dessen erwischte sie den Knöchel des jungen Mannes. Dieser verlor das Gleichgewicht und warf sich unter Ausstoßung einer Verwünschung gegen das Geländer. Dann entzog ihm der zunehmende Schwung seines Opfers beide Beine. Er schlug zusammen mit dem Regenschirm einen nicht gerade graziösen Purzelbaum, um auf dem direktesten Weg auf der Erde zu landen, während Miss Seeton auf der Rutschbahn ohne die Wohltat einer Matte unter sich talwärts schlingerte.
    Sergeant Ranger stand wie versteinert. Ein Skizzenbuch kam heruntergeflattert, eine Gestalt stürzte herab, und ein Schirm schoß wie ein Pfeil nicht weit von ihm entfernt zur Erde. Er starrte auf die Rutschbahn. Er sah ein paar
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