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Miras Welt (Mira und Melissa) (German Edition)

Miras Welt (Mira und Melissa) (German Edition)

Titel: Miras Welt (Mira und Melissa) (German Edition)
Autoren: Marlies Lüer
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Drache aus Stein.“
    Der Doktor meldete sich wieder zu Wort: „Minimale retrograde Amnesie. Nicht ungewöhnlich, auch bei einer leichten Gehirnerschütterung. Was Sie jetzt vor allem brauchen, ist Bettruhe. Ich könnte Sie auch ins Krankenhaus überweisen. Wir können aber auch vereinbaren, dass Sie jetzt einfach hier liegen bleiben und ich schaue in sechs Stunden noch einmal nach Ihnen. Bevor ich gehe, gebe ich Ihnen noch eine Spritze gegen die Schmerzen, das senkt auch gleich etwas das Fieber. Die Lunge hört sich nicht so gut an. Sind Sie schon länger erkältet?“
    „Nein, es fing gestern an. Ich kann aber doch nicht Frau Mertens hier so zur Last fallen. Muss nach Hause fahren, mein Auto…“ murmelte ich.
    „Sie fahren jetzt nirgendwo hin!“ sagten Dr. Wülfing und die Hausherrin unisono.
    Ich wollte mich aufsetzen, doch es ging beim besten Willen nicht. Mir wurde wieder schwindelig und die Schwerkraft der Erde musste sich punktuell drastisch erhöht haben. Jedenfalls war das Zentrum dieses Phänomens direkt unter mir. Was würde wohl mein alter Physiklehrer dazu sagen?
    „Frau Fink, es macht mir überhaupt nichts aus, wenn Sie hier im Gästezimmer bleiben. Ich kümmere mich gern um Sie, ganz ehrlich. Soll ich jemanden für Sie anrufen? Vielleicht Ihren Mann?“
    Ich dachte an Mutter, aber dann fiel mir ein, dass sie heute in der Früh nach Sylt abgereist war. „Nein, da ist im Moment niemand, den ich erreichen könnte. Ich lebe allein. Ich müsste mich aber in der Redaktion krankmelden.“
    „Gut, dann komme ich heute gegen Abend noch mal rein“ sagte der Arzt. Wenn Ihr Zustand sich verschlechtern sollte, und ich spreche jetzt von zunehmenden Kopfschmerzen und Übelkeit oder Bewusstseinseintrübungen, dann ruft Frau Mertens mich sofort an und ich bin innerhalb von fünf Minuten wieder hier. Meine Praxis ist gleich um die Ecke. Einverstanden?“
    Ich nickte, schloss wieder die Augen und schlief sofort ein.
     
     
     
    Frau Mertens ließ die Tür zum Gästezimmer angelehnt und ging in ihr Wohnzimmer, nachdem sie ihren Hausarzt zur Tür begleitet hatte. Sollte das Mädchen etwas brauchen, würde sie es bemerken. Erschöpft ließ sie sich in den dunkelroten, plüschigen Fernsehsessel fallen. Die Aufregung war doch anstrengender, als sie zugeben wollte. Nach kurzer Zeit fielen ihr die Augen zu und sie glitt in einen Zustand zwischen Wachen und Schlafen. Ihr Atem ging gleichmäßig und sanft.
    Und sanft war auch das Lächeln ihres Engels, der ihr vor ihrem geistigen Auge erschien. Er hatte keine sichtbare menschliche Gestalt mit Flügeln, nein. Was sie „sah“ war mehr eine leicht pulsierende Lichtpräsenz, mehr ein Fühlen als Sehen. Aber sie wusste, dass der Engel lächelte, denn sie spürte seine Liebe und Freude und die übergroße Herzenswärme.
    Dann wurden ihr wortlos Bilder gezeigt. Mira sah ein großes Buch, edel eingebunden, eine Kostbarkeit! Der Engel blätterte es um bis zur vorletzten Seite. Dort erschien das Gesicht einer jungen Frau, sie blickte traurig auf die Trümmer, die sie umgaben. Etwas Schreckliches schien passiert zu sein. Dann drehte sie sich um und blickte direkt zu ihr auf und streckte Hilfe suchend die Hand aus. Frau Mertens Herz klopfte nun schneller, es war Frau Fink, die ihr gezeigt wurde! Sie wusste nun ganz sicher, dass deren heutiges Eintreffen bedeutsam war, dass hier für sie in ihrer Eigenschaft als Lichtbringerin eine Aufgabe lag.
    Dann verblasste diese Vision und das Buch selbst war wieder im Vordergrund. Der Engel schickte der alten Frau ein Gefühl von großer Liebe und Vorfreude. Bedeutsam blätterte er die letzte Seite um und schloss dann mit Betonung das Buch, woraufhin es erstrahlte und sich in Licht auflöste. Mit ihm verschwand auch der Engel.
    Mira Mertens hatte verstanden.
    Sie sprach leise ein aus tiefstem Herzen kommendes Dankgebet. Ihr Wunsch würde sich also bald erfüllen. Ihre Zeit war gekommen!
     
     
     
    Als ich viele Stunden später erwachte, fühlte ich mich schon etwas besser. Das Fieber war gesunken und mir war nicht mehr übel, auch nicht wenn ich vorsichtig meinen Kopf bewegte. Aber ich hustete nach wie vor und der Hals war trocken und entzündet.
    Es klopfte leise an der Zimmertür. Frau Mertens, die gute Seele, kam herein und hatte ein Tablett in der Hand.
    „Ich bringe Ihnen einen Hustentee und ein Kännchen mit lauwarmem Salbeitee, aber dieser ist nicht zum Trinken gedacht, sondern zum Gurgeln. Der Doktor sagt, Sie sollten noch nicht
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