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Mirage: Roman (German Edition)

Mirage: Roman (German Edition)

Titel: Mirage: Roman (German Edition)
Autoren: Matt Ruff
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gegen einen König stellen! Ja, komm her, und wenn ich genug mit dir gespielt habe, schicke ich dich, ihm Gesellschaft leisten!«
    »Sie irren sich, Udai«, erwiderte Amal. »Mein Vater war ein Held, und selbst tot ist er zehnmal so viel wert wie Ihr Vater – und hundertmal so viel wie Sie. Was das Königtum Ihres Vaters angeht, fürchte ich, es ist hohl.« Sie stand auf, richtete das Gewehr auf Nebukadnezars Fußknöchel und drückte ab. Die Kugel durchschlug die dünne Blechwandung, trat an der anderen Seite wieder aus und traf Udai in den Rücken. Als er vornüber umkippte, versuchten die Gardisten sich hochzurappeln und sich zu wehren, aber Amal feuerte weiter, einen Schuss sauber neben den anderen, und die beiden kamen nicht einmal ganz auf die Füße.
    Draußen im Sturm kämpften die Krieger von al-Qaida gegen die Männer der Republikanischen Garde. Die Garde war zahlenmäßig überlegen, aber al-Qaida hatte das Überraschungsmoment auf ihrer Seite. Bevor der eigentliche Angriff begann, waren kleine Kommandos heimlich über die Mauer gestiegen und hatten sich, auf dem Gelände verstreut, in den Hinterhalt gelegt. Die Kommandokämpfer waren mit Infrarotbildgebern ausgerüstet, die warme Körper auch über größere Entfernung und sogar durch wirbelnden Sand hindurch sichtbar machten. Dies gab ihneneinen bedeutenden taktischen Vorteil über die Gardisten, die sich zu einem großen Teil nicht einmal damit aufhielten, Schutzbrillen anzulegen, bevor sie aus dem Palast stürmten. Die erste Welle von Verteidigern, die auf die Explosion am Tor reagierten, rannte blindlings in den Hinterhalt und wurde bis auf den letzten Mann niedergemäht. Eine zweite Welle versuchte, vorsichtiger vorzurücken, aber dadurch hatten die Kommandokämpfer lediglich mehr Zeit zum Zielen, und schon kurz darauf war auch diese zweite Gruppe von Gardisten völlig aufgerieben.
    Es trat eine Feuerpause ein, während der die al-Qaida-Kämpfer abwarteten, ob die Garde einen dritten Ausfall wagen würde. Aber die Gardisten hatten, wenn auch spät, ihre Lektion gelernt, und nach einem Moment standen die Kämpfer auf und begannen, auf das Haus vorzurücken.
    Inzwischen hatte Qusai Hussein mit einem Trupp Männer in einem Speisesaal im Obergeschoss mit Blick auf den Palastvorplatz Posten bezogen. Qusai brachte ein Scharfschützengewehr mit Infrarot-Zielfernrohr an einem Fenster in Position und befahl den Gardisten, sich mit ihren Kalaschnikows an den anderen aufzustellen. Er ließ die Kommandokämpfer nah ans Haus herankommen und befahl seinen Männern dann, zuerst zu schießen. Sobald er die Aufmerksamkeit der Kommandokämpfer hatte, legte er mit dem Scharfschützengewehr los und nahm sich die leuchtenden menschenförmigen Ziele, die ihm der Bildgeber lieferte, in rascher Folge eines nach dem anderen vor. Mehrere Zimmer entfernt eröffnete ein weiterer, von Qusais Vater kommandierter Trupp ebenfalls das Feuer. Während der ersten Sekunden wurden ein Dutzend Kommandokämpfer getötet oder verwundet, aber die al-Qaida-Männer behielten die Nerven; die Überlebenden fanden schnell Deckung und erwiderten das Feuer.
    Einer von Qusais Männern stand zu lange ungedeckt an einem Fenster; ein feindliches Geschoss zerschmetterte ihmdas Schlüsselbein. Als er schreiend umfiel, drehte sich ein anderer Gardist nach ihm um und wurde von zwei Kugeln seitlich am Kopf getroffen. Qusai duckte sich, um einem Schwarm Kugeln zu entgehen, die sich sein Fenster ausgesucht hatten. Mit einer Hand am Ohr, um die Schreie des Verwundeten und das Wimmern hereinkommender Geschosse auszublenden, hörte er die Funkmeldungen ab, die aus einem anderen Teil des Anwesens eingingen. Das Flusshaus war von einer Rakete oder möglicherweise einem Selbstmordattentäter angegriffen worden und brannte; die dort postierten Gardisten waren größtenteils tot, und die Übrigen waren von den Flammen eingeschlossen. Die Trupps, die Qusai zur Rückseite des Palastes geschickt hatte, meldeten, sie stünden ebenfalls unter Beschuss, und einer davon gab durch, Schüsse im Haus selbst gehört zu haben.
    »O Gott, rette mich!«, schrie der verwundete Gardist, und Qusai bellte: »Bringt ihn zum Schweigen!« Dann hob er den Kopf über das Fensterbrett, zielte und erschoss einen al-Qaida-Mann, der hinter einer Palme kauerte. Er schwenkte das Scharfschützengewehr langsam nach rechts und erspähte einen weiteren Kämpfer, der, ein Knie auf dem Boden, ein langes Rohr auf der Schulter balancierte. Im
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