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Mirad 03 - Das Wasser von Silmao

Titel: Mirad 03 - Das Wasser von Silmao
Autoren: Ralf Isau
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Anschließend roch sie daran. Zuletzt nickte sie. »Die auffällige Färbung, der Mandelgeruch und die Symptome, die du in dem Kratersee und im silbernen Pavillon gesehen hast – alles passt. Wikander hat deiner Mutter tatsächlich Gapagift zu trinken gegeben.«
    »Dann müssen wir die Warnung in ihrem Brief ernst nehmen?«
    Sie nickte mit versteinerter Miene. »Sehr ernst, mein Lieber. Du darfst deine Mutter auf keinen Fall aus der Zwischenwelt zurückholen, bevor wir ein Gegengift zur Hand haben.«
    »Dann mach dich bitte gleich an die Arbeit. Ich kann nicht zulassen, dass Mutter stirbt, jetzt, wo ich sie endlich gefunden habe.«
    »Leider ist das nicht so einfach, Ergil. Deine Mutter hat…«
    Seine Augen wurden groß und er keuchte: »Was soll das denn jetzt heißen? Du hast doch mir… «
    »Die Situation im Hain der Pyramiden war ein wenig anders«, erkämpfte sie sich das Wort zurück. »Die Absonderungen aus den Giftdrüsen der Harpyienwesen lähmen zunächst nur den Geist des Opfers. In dieser frühen Phase ist das Gegenmittel, das ich dir verabreicht habe, sehr wirksam. Aber schon kurze Zeit später – oder bei entsprechender Dosierung – hätte das Gift dich von deinen Erinnerungen abgeschnitten. Auch das kennst du ja bereits.«
    »Bis heute«, brummte er.
    »Wenn«, fuhr Múria auffallend sachlich fort, »das Zeug allerdings in so großen Mengen eingenommen wird, wie es wohl deine Mutter tun musste, dann wird schon nach kurzer Zeit die Atmung gelähmt. Der Betreffende muss unweigerlich ersticken, es sei denn…«
    »Wikander hat ihr einen Dolch an den Hals gehalten. Wäre es nicht einfacher gewesen, sie damit zu töten, anstatt ein ziemlich seltenes Gift zu benutzen?«, zischte Ergil. Die Vorstellung, untätig auf den Tod seiner Mutter warten zu müssen, machte ihn rasend.
    Múria ließ sich nicht aus der Fassung bringen. Gleichwohl klang ihre Stimme streng, als sie antwortete: »Wenn du mich ein einziges Mal ausreden lassen würdest, junger Mann, dann wüsstest du die Antwort längst.«
    Er schnappte nach Luft. Mürrisch funkelte er Popi an, der ihm gegenübersaß, auf seiner Unterlippe herumkaute und dem Dialog gespannt lauschte. Ergil stieß einen tiefen Seufzer aus, ließ mit dem Atem auch die aufgestaute Wut entweichen und sagte leise: »Entschuldige, Inimai, aber mir graut vor dem Gedanken, Mutter zu verlieren, jetzt, nachdem ich sich endlich wiedergefunden habe.«
    Sie legte ihm die Hand auf den Unterarm. »Ist schon gut. Ich wollte nur wiederholen, was wir schon vermutet haben: Möglicherweise bestand Wikanders Plan darin, zwar den Willen deiner Mutter abzutöten, sie selbst aber am Leben zu lassen. Er kann das Gapagift nur von Magos oder von dessen Schergen aus dem Harim-zedojim-Gebirge bekommen haben, vermutlich zusammen mit einem Gegenmittel. Letzteres hätte der Großkönig ihr wohl verabreicht, nachdem ihre Erinnerungen und ihr Geist von dem Gift zerstört worden wären.«
    »Dann war er ein noch abscheulicheres Ungeheuer, als ich bis heute angenommen habe.«
    Múria nickte abermals. Ihre Miene wurde noch düsterer. »Ich fürchte nur, mein Lieber, ich kann nichts mehr für deine Mutter tun.«
    Ergil schluckte. Eine kalte Faust schien sein Herz zusammenzupressen. Mit einem Ausdruck der Verzweiflung auf dem Gesicht flehte er sie an: »Aber du musst ihr helfen, Inimai! Ich kenne keine bessere Heilerin als dich.«
    Zum ersten Mal seit ihrer Unterhaltung wich Múria seinem Blick aus. Ihre Stimme bebte, als sie erwiderte: »Wunder vermag auch ich nicht zu vollbringen.«
    Ergil kannte seine Meisterin und ihre Beherrschtheit in allen Lebenslagen. Daher konnte er nachempfinden, wie schmerzvoll das Bewusstsein um die eigene Ohnmacht für sie sein musste. Sie und Vania waren einmal miteinander so vertraut gewesen wie Schwestern.
    Seine Finger tasteten nach der leeren Phiole unter dem Hemd. Mazar Oramas III. hatte sie ihm und Twikus zum Dank für die Rettung Nishigos geschenkt. Zwar war das birnenförmige Kristallfläschchen mittlerweile leer, aber weil es einst das Wasser von Silmao geborgen hatte, dem er sein zweites Leben verdankte, hielt er es weiterhin in Ehren. War es nur ein rührseliges Gefühl, das ihn so handeln ließ, oder verbarg sich dahinter einmal mehr jene Weitsicht, die ihn schon so oft überrascht hatte? Er legte seine Hand auf diejenige Múrias und flüsterte: »Das Lebenselixier.«
    Sie sah ihn fragend an.
    »Der Extrakt aus dem Ginkgosaft, mit dem Popi mich auf dem Kitora
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