Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Minuszeit

Minuszeit

Titel: Minuszeit
Autoren: James White
Vom Netzwerk:
unterscheiden und sogar versuchen, die Geräusche der Wörter zu formen, die sie einander sagten. Es gab nur ein Mädchen und vierzehn Männer. Einer der Männer nannte sich Daniels, und er lebte in einem Ding, das sie Daniels’ .Haus nannten. Die Männer lösten einander ab, so dass einer von ihnen immer in seiner Nähe war, mit ihm redete und auf ihn achtgab, den Projektor bediente und die Tonbänder auswechselte und verhinderte, dass er alle Wasserhähne im Badezimmer aufdrehte oder wieder die Treppe hinunterfiel. Das Mädchen kam auch häufig, und sie war immer da, bevor er einschlief oder wenn er aus einem schlechten Traum erwachte. Die Zahl der Löcher in der schwarzen Glasscheibe seines Geistes wuchs, aber langsam, und nur selten gab es direkte Verbindungen zwischen ihnen.
    Er fühlte sich ständig von bedeutungslosen Geräuschen und den Stimmen Kauderwelsch redender Leute berieselt, und bei Nacht hörte er in seinen Träumen die gleichen Leute reden, und manchmal schien er nahe daran, sie zu verstehen. Aber die Träume waren nicht immer furchterregend. In einigen von ihnen kam das Mädchen vor, sprach zu ihm oder spielte mit ihm, und nach solchen Träumen wachte er ungern auf.
    Obgleich er wusste, dass der Fernseher und die Projektionsleinwand nicht Fenster waren, war es einfacher, sie sich so vorzustellen. Heute wollten sie hauptsächlich Filme zeigen, hatten sie gesagt, und das Mädchen und der Mann namens Daniels redeten zu laut und ließen während der Vorbereitungen Sachen zu Boden fallen.
    Der erste Film zeigte einen brüllenden Vogel mit steifen Flügeln; von einer ebenen Fläche aufsteigend, im Himmel Kreise ziehend und wieder landend, nachdem er den Boden dreimal berührt hatte. Er wusste, dass der Vogel ein Flugzeug genannt wurde, und nachdem es gelandet war, kletterten zwei Gestalten heraus und kamen näher. Es waren zwei Männer. In einem erkannte er sich selbst, den anderen nannte das Mädchen Pebbles. Es folgten Nahaufnahmen der Pilotenkabine, der Armaturen, ein Foto von Pebbles, der ihm zulächelte …
    Pebbles.
    Er fühlte plötzlich Angst. Ein neues Loch war in die schwarze Glasscheibe seines Geistes geschlagen, und diesmal wollte er es nicht. Zu viele Sprünge strahlten von ihm aus, in zu viele Richtungen. Auf der anderen Seite des Raumes konnte er im von der Leinwand reflektierten Licht undeutlich das Mädchen sehen. Es beobachtete ihn. Aus einem Grund, den er selbst nicht verstand, der ihm aber wichtig erschien, zwang er sich, nicht zu weinen oder sie zu rufen.
    Die Bildfolge endete und wurde von einer neuen abgelöst. Daniels und einige von den anderen Leuten, die er kannte, saßen vor mehreren Tischen mit bunten Lichtern und Fernsehbildern darauf. Dazu gab es ein tiefes, grollendes Geräusch, das er in seinem Magen fühlen konnte, während seine Ohren es hörten. Verschiedene Stimmen redeten gleichzeitig, und das Bild wechselte und zeigte einen schimmernden Turm, aus dessen Fuß Feuer und Rauch quoll …
    Er bemühte sich sehr, kein Baby zu sein, sondern was Daniels einen guten Soldaten nannte, aber der Film schlug das bisher größte Loch in seine schwarze Glaswand, und große, breite Sprünge liefen in allen Richtungen über die Fläche, verzweigten sich wieder und wieder. Einige von ihnen erreichten die hellen Löcher, die Pebbles und die Fabrik und Daniels und das Mädchen waren.
    Wimmernd rannte er zu der Couch im Halbdunkel, wo das Mädchen saß.
    »Gewonnen!« sagte Daniels sachlich.
    Es dauerte lange, bis sie ihn beruhigen konnten, und bevor es ihnen gelang, gab das Mädchen ihm vier Tabletten, und Daniels goß Wasser in seinen Mund, damit er sie hinunterschlucken konnte. Aber trotzdem klammerte er sich an ihr fest, drückte sein Gesicht gegen ihr Kleid und versuchte sich vor seinen eigenen Gedanken zu verkriechen. »Du darfst mich nicht so fest drücken«, tadelte sie ihn freundlich. »Du bist größer als ich und kannst mir die Rippen brechen. Aber es ist schon gut, ich bin nicht böse …«
    »Was meinen Sie, Doktor?« fragte Daniels.
    »Ich denke, vielleicht – heute abend«, antwortete sie.
    »Elf Tage«, sagte Daniels. »Diesmal haben Sie es in elf Tagen geschafft.«
    Er fühlte, wie er sich entspannte und allmählich schläfrig wurde. »Ich glaube, wir sollten dich jetzt zu Bett bringen«, sagte sie sanft, und sie und Daniels zogen ihn auf die Füße, die auf einmal wie bleierne Anhängsel waren, und stützten ihn, als er in seinen Schlafraum wankte …
    Nachts wachte er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher