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Miles Flint 06 - Kallisto

Miles Flint 06 - Kallisto

Titel: Miles Flint 06 - Kallisto
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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sie in ihrem eigenen Garderobenschrank.
    Sie setzte sich auf und versetzte der Tür einen Stoß. Sie rührte sich nicht.
    »Haus«, sagte sie, bemüht, nicht in Panik zu geraten – Haus kam mit Panik nicht gut zurecht. »Entriegele bitte die Tür zu meinem Kleiderschrank.«
    »Hallo Talia.« Haus sprach mit der falschen, freundlichen Stimme, die Mom so gern hatte. »Mein Programm zur Entriegelung von Türen wurde gelöscht. Ich kann kein neues Programm herunterladen, weil meine Verbindung zum Netz getrennt wurde. Kann ich Ihnen in anderer Weise behilflich sein?«
    Talia blinzelte. Ihre Augen schmerzten. Sie waren zu trocken. Auch ihr Rücken schmerzte, und ihre Unterschenkel fühlten sich taub an. Offenbar lag sie schon seit langer Zeit in dieser Haltung im Schrank.
    »Ruf meine Mutter.« Wurde die Verbindung zum Netz getrennt, wurden weniger komplizierte Verbindungen bisweilen beibehalten, beispielsweise die zum Familiennetzwerk.
    »Ihre Mutter ist außer Reichweite.«
    Das hatte Talia noch nie gehört. »Was heißt außer Reichweite?«
    »Sie befindet sich entweder im Hafen oder außerhalb der Kuppel.«
    »Was?« Ihre Mutter hätte die Kuppel niemals verlassen, nicht ohne Talia. Sie rieb sich die brennenden Augen. »Okay, Haus, zeig mir, was heute passiert ist. Fang damit an, was mit mir passiert ist.«
    »Ich bedauere, Talia, aber dieser Mann hat sämtliche Datenspeicher, die mit seinen Taten in Verbindung stehen, gelöscht.«
    »Welcher Mann?« Nun klang ihre Stimme höher, und sie selbst konnte die Panik wahrnehmen, die sich in ihr niederschlug. Sie konnte nur hoffen, dass Haus nichts davon merkte.
    »Der Mann, der mit Ihrer Mutter gesprochen hat, bevor sie gegangen ist.«
    Talia konnte nicht ganz folgen. »Mom war hier?«
    »Sie konnte das Haus nicht betreten. Der Mann hat elektronische Bauteile an der Tür angebracht, durch die Sie normalerweise das Haus betreten, und die haben die Tür erhitzt. Sie hat mich nach einem Feuer suchen lassen, und während ich das getan habe, hat der Mann mit ihr gesprochen.«
    »Hast du das Gespräch aufgezeichnet?«
    »All meine Außenkameras wurden abgeschaltet.«
    »Und die Innenkameras?«
    »Sie sind inzwischen wieder online«, sagte Haus. »Ich habe eine Aufzeichnung des Gesprächs durch die geschlossene Tür archiviert. Möchten Sie, dass ich sie abspiele?«
    »Ja.« Talia setzte sich erneut auf und drückte den schmerzenden Rücken gegen die Rückwand. Auch mit ihr war etwas geschehen, etwas, das sich am Rande ihres Erinnerungsvermögens versteckte. Es wäre hilfreich gewesen, hätte Haus ihr das zeigen können.
    Aber das konnte Haus nicht. Statt dessen zeigte Haus ihr den Raum, zu dem die Nebentür führte, samt einem Ausblick auf die Tür. Die Tür war verdrahtet, war offensichtlich durch irgendein plumpes Steuerelement ihrer normalen Funktion beraubt worden. Ein Steuerelement, wie man es in jedem Haushaltswarenhandel kaufen konnte, wollte man ein bestehendes oder veraltetes Haussystem verändern.
    Die Stimme ihrer Mutter war schwach zu hören. Sie erkundigte sich nach der Hitze, nach der Innentemperatur und einem möglichen Feuer. Die Antworten von Haus waren besser zu hören. Nun erzählte Haus Mom von dem Mann, der die Programmierung außer Kraft gesetzt hatte, und dann sagte eine männliche Stimme: Nicht nötig. Ich bin dafür verantwortlich.
    »Aufnahme anhalten«, sagte Talia. »Zeig mir den Mann, der die Programmierung außer Kraft gesetzt hat.«
    Haus schaltete auf einen anderen Schirm um, der auf der anderen Seite der Schrankinnenwand aufleuchtete. Ein kleiner Mann mit lockigem schwarzem Haar saß neben dem Hauptsteuerpult des Hauses (das Talia im Stillen als das Steuerpult für Leute, die ein blödes Pult brauchten, bezeichnete) und arbeitete an dem System wie jemand, der Instruktionen über seine Links erhielt und befolgte.
    Dann drehte er sich ein wenig, und ihr stockte der Atem.
    Talia, beug den Kopf vor. Wir werden dir nicht wehtun. Wir wollen uns nur deinen Nacken ansehen.
    Er war ins Haus gekommen. Er hatte in ihrem Zimmer gewartet, er und ein großer, kahler, tätowierter Bursche, der sie in dem Moment gepackt hatte, in dem sie hereingekommen war.
    Ihre Links hatten sich abgeschaltet (in ihrem Zimmer schalteten sie sich immer ab; sie legte wert auf ihre Privatsphäre), und obgleich es ihr gelungen war, sie wieder zu reaktivieren, konnte sie keinen Kontakt zu Haus herstellen und keine Nachricht über die Grenzen der geschlossenen Schleife der direkten
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