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Midnight Breed 06 - Gesandte des Zwielichts-neu-ok-16.11.11

Midnight Breed 06 - Gesandte des Zwielichts-neu-ok-16.11.11

Titel: Midnight Breed 06 - Gesandte des Zwielichts-neu-ok-16.11.11
Autoren: Lara Adrian
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hatte.
    Erschrocken hob Claire den Kopf, ihre Stirn war
gegen die kühle Fensterscheibe gesunken. Sie wusste nicht, wie lange sie so
gedöst hatte - so lange, dass inzwischen die schwache rosafarbene Morgenröte
über den Horizont gewandert war und eine feuchte Nebeldecke mitgebracht hatte,
die den Wald und den Boden unter ihr bedeckte.
    Oh Gott... Morgen.
    Das Tageslicht wurde jede Minute heller.
    Und keine Spur mehr von Andreas' Licht zu
sehen.
    Das Glas beschlug von Claires Atem, als sie aus
dem Fenster auf die unbelebte Fläche von Gras, Asphalt und Fichten
hinunterspähte. War er etwa gegangen, während sie geschlafen hatte? War er
jetzt fort?
    War er tot?
    Nachdem sie letzte Nacht gesehen hatte, wozu er
fähig war, war sie nicht sicher, warum sich bei dem Gedanken ein Klumpen der
Angst in ihrer Brust zusammenballte. Aber bevor Claire sich sagen konnte, dass
sie verdammt dankbar dafür sein sollte, die Nacht überlebt zu haben, war sie
schon auf der Treppe im Herzen des Herrenhauses und stieg rasch hinunter. Sie
entriegelte die Eingangstür und öffnete sie, zog dann einen der Mäntel der Wachen
von einem Kleiderständer im Foyer und schlang ihn sich um die Schultern, um
sich gegen die feuchte Kälte zu schützen. Sie trat nach draußen.
    Das Erste, was sie bemerkte, war die
merkwürdige Stille. Sie hörte überhaupt kein Geräusch, außer dem zeitweiligen
Prasseln des leichten Regens. Es war so ruhig und friedlich, fast war sie
versucht zu denken, dass letzte Nacht nur ein schrecklicher Traum gewesen war.
Doch dann zog der beißende Geruch von kaltem Rauch über das Gelände.
    Es war alles real gewesen, schlimmer noch als
der schlimmste Albtraum. In ihrer Nase brannte die beißende Erinnerung an die
Gewalt, die sie mit angesehen hatte.
    Langsam ging Claire über das Gras, machte einen
weiten Bogen um die lange Auffahrt, um dem Gemetzel an ihrer Eskorte aus dem
Weg zu gehen.
    Sie wollte nicht sehen, was das Feuer den
Stammesvampiren angetan hatte, die letzte Nacht getötet worden waren, genauso
wenig wollte sie wissen, wie schnell die aufgehende Sonne ihre Überreste
verzehren würde. Es war dieser Gedanke - was anhaltende ultraviolette Strahlung
der hypersensitiven Stammeshaut antat —, der Claire tiefer in den Wald trieb.
    Zu der Stelle, wo Andreas zuletzt gewesen war.
    Man sah kaum, wo der Nebel endete und in die
Rauchschwaden von verbrannten Bäumen und versengtem Boden überging. Alles
schien wie in schweren grauen Nebel getaucht, ihre Haut wurde mit jedem Schritt
klammer. Claire sah zu, wie ihre Füße sich durch den tiefliegenden Nebel
bewegten, einen geschwärzten Pfad entlang, der sie tiefer in den Wald führte.
Die Stille streckte gespenstische Finger nach ihr aus, versengtes Gestrüpp
zerrte im Vorbeigehen an ihr wie skelettierte Totenfinger. Der Gestank von
kaltem Rauch und verbrannter Vegetation verstärkte sich hier, brannte ihr in
der Kehle.
    Und dann war da noch ein anderer, stechender
Geruch - nicht der von kaltem Rauch oder der beißende Ozongeruch, den Andreas'
Körper letzte Nacht ausgestrahlt hatte. Es lag etwas anderes in der Luft.
Irgendwo stieg frische, lebendige Hitze auf, und der süßliche, widerliche
Geruch von brennendem Fleisch.
    Oh nein.
    Sie machte ein paar ängstliche Schritte,
stolperte ein wenig, als der Boden abrupt etwa dreißig Zentimeter steil abfiel.
Das Loch, wo der alte Baum gewesen war, registrierte sie entfernt. Das Loch,
das ein Krater geworden war, als Andreas in seiner Wut ihr Versteck gesprengt
hatte.
    An dieser Stelle im Wald war er letzte Nacht
geblieben. Er war ihr nicht weiter gefolgt. Und er war nicht gegangen, bevor
die Sonne aufging.
    Er war immer noch da.
    Vorsichtig näherte Claire sich der riesigen,
dunklen Gestalt, die sich vor ihr auf dem von Nebelschwaden bedeckten Boden
zusammenkauerte. Er bewegte sich nicht, atmete kaum. Das Feuer, das in ihm und
um ihn gebrannt hatte, war nun fort. Seine Kleider waren versengt und
zerrissen. Seine Haut zischte schon unter den dunstigen Sonnenstrahlen, und
überall dort, wo sie ungeschützt war, bildeten sich Brandblasen.
    Wenn sie ihn so sah, wirkte er gar nicht
gefährlich.
    Er war nicht das Monster, das sie draußen im
Dunklen getroffen hatte; jetzt war er einfach nur ein Mann. Ein Mann, dessen
vampirische Seite ihn tödlich anfällig machte.
    Wenn sie ihn so sah, war es gar nicht schwer,
sich zu erinnern, dass sie ihn einmal geliebt hatte wie keinen anderen. Es
überraschte sie, wie schnell sich jetzt auch der
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