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Midkemia Saga 04 - Dunkel über Sethanon

Midkemia Saga 04 - Dunkel über Sethanon

Titel: Midkemia Saga 04 - Dunkel über Sethanon
Autoren: Raymond Feist
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der einen Gesichtshälfte von der Stirn durch das weiße Auge bis zum Kinn zog, hielt inne, als er von der frischen Brise erfaßt wurde. Er wollte schon den Befehl erteilen, die Segel einzuholen, als es ihn mit einem Mal seltsam fröstelte. Der Kapitän sah hinüber zu seinem ersten Maat, einem pockennarbigen Mann, der schon seit Jahren zu seiner Mannschaft gehörte. Sie blickten sich an - dann war der Wind vorbeigezogen. Der Kapitän verharrte noch; schließlich gab er Befehl, Männer in die Takelage zu schicken, und nach einem weiteren Augenblick, in dem alles still geblieben war, ließ er zusätzliche Laternen anzünden, die die plötzlich bedrückende Dunkelheit erhellen sollten.
     
    Weiter im Norden blies der Wind durch die Straßen einer Stadt und trieb kleine Staubwirbel auf, die wie ein ausgelassener Hofnarr über das Straßenpflaster tanzten. In dieser Stadt lebten Männer aus einer anderen Welt neben solchen, die hier geboren waren. In der Garnisonsmesse der Soldaten rang einer der Männer aus der anderen Welt gerade mit einem, der nur eine Meile vom Kampfplatz entfernt aufgewachsen war. Rund um die beiden herum wurden währenddessen von den Zuschauern eifrig Wetten abgeschlossen. Jeder Mann hatte den anderen bereits einmal auf den Rücken gelegt; beim nächsten Mal würde der Sieger feststehen. Plötzlich erhob sich der Wind, und die beiden Kontrahenten blieben voreinander stehen und sahen sich um. Staub wehte den Umstehenden in die Augen, und einige der erfahrenen Veteranen mußten einen Schauer unterdrücken. Schweigend verließen die Kämpfer den Ring, und diejenigen, die gewettet hatten, holten sich ohne Widerspruch ihre Einsätze zurück. Still kehrten die Männer in ihre Quartiere zurück. Die ausgelassene Stimmung des Kampfes war mit dem bitterkalten Wind dahingegangen.
     
    Die Wind setzte seinen Weg nach Norden fort, bis in einen Wald, in dem kleine, affenähnliche Wesen freundlich und schüchtern in den Ästen hockten. Sie drängten sich aneinander, denn nur in der gegenseitigen Nähe der Körper wurde es so warm, wie sie es mochten. Unter ihnen, auf dem Boden des Waldes, saß ein Mann in meditativer Haltung. Er kauerte im Schneidersitz, seine Handgelenke ruhten auf den Knien, und Daumen und Zeigefinger bildeten einen Kreis, der das Rad des Lebens symbolisierte, dem alle Lebewesen unterworfen sind. Als ihn der dunkle Wind berührte, schlug er die Augen auf und sah das Wesen an, welches ihm gegenübersaß. Es war ein alter Elb - seine Betagtheit ließ sich lediglich an den schwachen Altersmerkmalen seiner Art erkennen -, der den Menschen einen Moment lang betrachtete und die unausgesprochene Frage vom Gesicht des anderen ablas. Er nickte kaum merklich. Der Mensch hob die beiden Waffen an seiner Seite auf. Er schob sowohl das lange als auch das kurze Schwert in die Schärpe, die ihm als Gürtel diente und verabschiedete sich mit einer wortlosen Geste. Dann ging er los, verschwand zwischen den Bäumen des Waldes und begann seine Reise zum Meer. Dort würde er einen anderen Mann suchen, der auch den Titel Elbenfreund trug. Und dort würde er sich auch auf die letzte Schlacht vorbereiten, die bald ihren Anfang nehmen würde. Das Laub raschelte über seinem Kopf, während sich der Krieger auf seinen Weg zum Meer machte.
     
    In einem anderen Wald rauschte ebenfalls das Laub, allerdings eher aus Mitgefühl für diejenigen, die der vorbeistreichende Unheilswind beunruhigte. In einer riesigen Sternenwolke zog ein heißer Planet seine Bahn um eine grüngelbe Sonne. Unter der Eiskappe des Nordpols dieser Welt lag ein Zwillingswald von jenem, in dem der Krieger gerade aufgebrochen war. Tief in diesem zweiten Wald saßen Lebewesen im Kreis und wurden von zeitlosem Wissen eingehüllt. Sie wirkten einen Zauber. Um sie herum bildete ein warmes, sanftes Glühen eine Sphäre, und jedes der Wesen saß auf der nackten Erde, doch ihre überaus bunten Roben blieben vom Schmutz des Bodens unberührt. Alle hatten die Augen geschlossen, und sahen dennoch, was sie sehen mußten. Einer, so uralt, daß sich die anderen nicht an seine Anfänge erinnern konnten, saß über dem Kreis. Er schwebte durch die Kraft des Zaubers, den alle gemeinsam wirkten, in der Luft. Das weiße Haar hing ihm auf die Schultern und wurde nur von einem einfachen kupfernen Stirnreif gehalten, dessen einzige Verzierung in einem Jadestein auf der Stirn bestand. Er hatte die Hände in die Höhe gehoben und die Handflächen nach vorn gerichtet. Seine
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