Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Midkemia Saga 04 - Dunkel über Sethanon

Midkemia Saga 04 - Dunkel über Sethanon

Titel: Midkemia Saga 04 - Dunkel über Sethanon
Autoren: Raymond Feist
Vom Netzwerk:
wie riskant ein Vorhaben sein mochte, das Jimmy ausgeheckt hatte, Locklear machte für gewöhnlich mit. Wenn es wieder einmal Ärger gegeben hatte, weil Jimmy sein Spiel mit der Geduld der Hofbeamten zu weit getrieben hatte, nahm Locklear seine Strafe bereitwillig an und sah sie als gerechte Bezahlung dafür, daß sie erwischt worden waren.
    Jimmy sauste in das Zimmer und kam auf dem glatten Marmorboden rutschend zum Stehen. Zwei Dutzend Junker in ihrer grün-braunen Kleidung bildeten in dem Saal zwei ordentliche Reihen. Er sah sich um: Alle waren bereits da. Gerade in dem Moment, als der Zeremonienmeister Brian deLacy eintrat, nahm er den für ihn vorgesehenen Platz ein.
    Als Jimmy in den Rang eines Ersten Junkers erhoben worden war, hatte er ausschließlich an das Privileg dieser Stellung und nicht an die damit verbundene Verantwortung gedacht. Doch er war rasch eines Besseren belehrt worden. Als Mitglied des Hofes, wenn auch nur von untergeordnetem Rang, hatte er, wenn er wieder einmal seine Pflichten vernachlässigt hatte, schnell Bekanntschaft mit der wichtigsten Grundregel der Bürokraten aller Völker und Epochen gemacht: Die Vorgesetzten interessierten sich nie für Entschuldigungen, sondern nur für Ergebnisse. Jimmy mußte also auch für die Fehler einstehen, die die anderen Junker machten. Und insofern war es kein besonders gutes Jahr für Jimmy gewesen.
    In seiner rauschenden rot-schwarzen Amtstracht durchquerte der hochgewachsene, ehrwürdige Zeremonienmeister gemessenen Schrittes den Saal und blieb hinter Jimmy stehen, der nach dem Haushofmeister sein nächster Untergebener war, allerdings ebensosehr sein größtes Problem. An jeder Seite begleitete ihn ein purpurgelb uniformierter Page des Hofes, Söhne von Nichtadeligen, die zu Palastdienern herangezogen wurden. Die Junker hingegen würden einst zu den Herrschenden im Westlichen Königreich zählen. Meister deLacy pochte abwesend mit der Eisenspitze seines Zeremonienstabes auf den Boden und sagte: »Ihr habt es mal wieder gerade vor mir geschafft, nicht wahr, Junker James?«
    Jimmy zuckte nicht mit der Wimper, obwohl die Jungen hinter ihm unterdrückt lachten, und sagte: »Alle Junker sind anwesend, Meister deLacy Nur Junker Jerome ist in seinem Quartier und läßt sich wegen einer Verletzung entschuldigen.«
    deLacy nahm die Nachricht resigniert auf: »Ja, ich habe von Eurer gestrigen kleinen Meinungsverschiedenheit auf dem Spielfeld gehört. Ich meine, wir sollten uns über dieses Thema nicht weiter ausbreiten. Ihr habt ständig irgendwelche Schwierigkeiten mit Jerome. Ich habe schon wieder eine Beschwerde von seinem Vater bekommen. Ich überlege ernsthaft, ob ich in Zukunft diese Beschwerden nicht immer einfach gleich an Euch weiterleite.« Jimmy versuchte, möglichst unschuldig auszusehen, was ihm allerdings nicht gelang. »So, bevor ich nun zu den Aufgaben des heutigen Tages komme, fühle ich mich verpflichtet, Euch noch einmal eins in aller Deutlichkeit zu sagen: Es wird von Euch erwartet, daß Ihr Euch zu jeder Zeit wie junge Gentlemen benehmt. Aus diesem Grunde fühle ich mich ebenfalls verpflichtet, Euch ganz dringend davon abzuraten, Euch mit einem jüngst aufgekommenen Laster abzugeben. Wie ich gehört habe, wird nämlich bei den Faßballspielen am Sechstag auf die Ergebnisse gewettet. Habe ich mich verständlich ausgedrückt?« Eigentlich war die Frage an alle versammelten Junker gerichtet, doch deLacys Hand landete auf Jimmys Schulter. »Von heute an gibt es keine Wetten mehr, es sei denn, es handelt sich um ehrwürdige Angelegenheiten wie zum Beispiel Pferderennen. Laßt Euch nichts zuschulden kommen, das ist ein Befehl.«
    Die Junker stimmten murrend zu. Jimmy nickte scheinheilig und war insgeheim erleichtert, weil er seinen Einsatz für das Spiel am Nachmittag bereits gemacht hatte. Unter dem Personal und dem niedrigen Adel war das Interesse an diesem Spiel sehr groß gewesen, und Jimmy hatte nur unter größter Mühe seine Wette loswerden können. Wenn Meister deLacy ihn dabei erwischte, daß er längst gewettet hatte, würde der Teufel los sein. Dennoch fand Jimmy sein Verhalten keineswegs ehrenrührig: Schließlich hatte deLacy nichts über bereits gemachte Wetten gesagt.
    Meister deLacy überflog den Arbeitsplan, den Jimmy in der Nacht zuvor vorbereitet hatte. Welchen Anlaß zur Beschwerde ihm der Erste Junker auch immer bieten mochte, seine Arbeit erledigte er stets tadellos. Egal, welche Aufgabe der Junge auch übernahm, er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher