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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc
Autoren: SF-Online
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zu
    verschweigen. Wäre Steel Man ein Erfolg gewesen, hätte man Soldaten wie mich zu Hunderten gebaut, hätte eine Division von Supermännern geschaffen, die Prätorianergarde Amerikas sozusagen. Und man braucht nur ganz wenig über die
    Geschichte Roms zu lesen, um festzustellen, dass
    Prätorianergarden nicht selten bei diversen Umstürzen und Kaisermorden die entscheidende Rolle spielten. Die
    Verantwortlichen des Projekts werden schon in einem frühen Stadium beschlossen oder die Anweisung erhalten haben, eine Sicherung einzubauen, eine Möglichkeit, die Geister, die man zu rufen beabsichtigte, unter Kontrolle zu halten.
    Damit ist klar, wie Gabriel Whitewater von einem
    Lastwagen überrollt werden konnte. Es muss jemand vor Ort gewesen sein, der den Abschaltcode kannte. Jemand, der das 352
    entsprechende Gerät besaß und im richtigen Moment den
    Knopf drückte. Was heißt, dass es tatsächlich kein Unfall war, aber das habe ich im Grunde auch nie bezweifelt.
    Leider ist damit noch etwas anderes klar.
    Und ich muss jetzt handeln.
    353
    Wir müssen uns viel eher auf den Tod als auf das Leben vorbereiten. Dass wir genügend lebten, hängt nicht von Jahren und von Tagen ab, sondern von unserem Herzen. Ich habe genug gelebt. Als ein Vollendeter erwarte ich den Tod.
    Seneca

22
    Das geht ja gut. Tut nicht mal weh. Erstaunlich. Gelegenheit, das eine oder andere noch zu ergänzen.
    Zum Beispiel, welches Ende Lucius Annaeus Seneca fand.
    Im Jahre 62 zog er sich, einerseits aus gesundheitlichen Gründen, andererseits, weil er nach dem Tod eines
    Unterstützers dem Druck der ihm feindlich gesinnten Clique um Kaiser Nero nicht länger standhielt, auf seine ländlichen Besitzungen zurück. Es sind die auf diesen Fortgang folgenden Jahre, in denen Neros Größenwahn jene legendär gewordenen Ausmaße annahm, jene Jahre, in denen endlos Blut floss und Rom brannte.
    Im April 65 schließlich bildete sich um einen gewissen
    Calpurnius Piso eine Verschwörung, Nero zu stürzen. Doch die Gruppe wurde verraten, und da Piso ein guter Bekannter
    Senecas war und dieser zudem ausgerechnet am Tag vor dem geplanten Attentat nach Rom zurückgekehrt war, schöpfte der Kaiser den Verdacht, sein ehemaliger Lehrer sei an dem
    Komplott nicht nur beteiligt, sondern von den Verschwörern sogar als Nachfolger auf dem Thron ausersehen. Er verurteilte ihn zum Tode und ließ Seneca das Todesurteil von einem
    Hauptmann überbringen, zusammen mit der Vergünstigung,
    die Todesart selber zu wählen und das Urteil von eigener Hand an sich vollstrecken zu dürfen.
    354
    Seneca hatte gerade einen Freundeskreis zu philosophischen Gesprächen um sich versammelt. Ein Zeuge, Tacitus,
    beschreibt, dass er mit keiner Miene Furcht oder
    Niedergeschlagenheit verriet. Er verlangte ruhig nach seinem Testament, um darin Änderungen zugunsten seiner Freunde
    vorzunehmen, doch der Centurio untersagte ihm das. Daraufhin wandte er sich an seine Freunde und bat sie, das Andenken an sein Leben und sein Sterben als sein Vermächtnis anzunehmen, und tröstete diejenigen, die in Tränen ausbrachen, mit
    Ermahnungen, die Lehren der Weisheit nicht ausgerechnet in der Stunde zu vergessen, in der es darauf ankomme, aufrechte Haltung zu bewahren. Dann ließ er sich die Pulsadern öffnen, und während das Blut aus ihm strömte, diktierte er Schreibern seine letzten Worte, bis zuletzt seiner Rednergabe mächtig.
    So ungefähr war es, wenn ich mich recht erinnere.
    Ich habe Reilly angerufen und ihm gesagt, dass es bei
    unserem Treffen bleibt, und das in einer so allgemeinen Weise, dass die mithörenden Agenten keinen unnötigen Verdacht
    geschöpft haben sollten. Ich habe auch beiläufig erwähnt, dass ich noch in die Bibliothek gehe, um das Problem mit den
    ausgeliehenen Büchern zu klären, die man mir gestohlen hat.
    Das hat ihn zwar merklich irritiert, aber es musste sein. Ich wollte, dass meine Verfolger Bescheid wissen. Denn das
    Letzte, was ich brauchen kann, ist, dass ein Agent in die Bibliothek kommt, um nachzuschauen, was ich stundenlang
    dort mache.
    Nach dem Telefonat mit Reilly brach ich auf. Ich steckte ein paar Sachen aus dem Bad und der Küche ein, verließ mein
    Haus – diesmal durch die Vordertür – und schloss hinter mir ab, was aber nur Schauspielerei war. Diesmal würde ich nicht zurückkehren; ich wusste es.
    355
    Der letzte Gang durch die Stadt war qualvoll. Vor Abschied.
    Vor Schmerzen. Mein Oberschenkel glüht, die Haut spannt, und es hätte mich nicht
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