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Mich kriegt ihr nicht!: Gebrauchsanweisung zur digitalen Selbstverteidigung (German Edition)

Mich kriegt ihr nicht!: Gebrauchsanweisung zur digitalen Selbstverteidigung (German Edition)

Titel: Mich kriegt ihr nicht!: Gebrauchsanweisung zur digitalen Selbstverteidigung (German Edition)
Autoren: Pernille Tranberg , Steffan Heuer
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als jemand anderes ausgibt, zumindest gegen die Nutzungsbedingungen und wahrscheinlich auch gegen geltendes Recht. Wenn ein Onlinedienst das bemerkt, kann er das Konto kündigen. Auf einen Schlag wären die Beiträge, Posts oder E-Mails und Dokumente von Jahren verloren. Kostenpflichtige Dienste wie flickr Pro oder Media-Dienste wie iTunes verfallen, sobald die Kreditkarte stillgelegt wird. Damit versiegt oft auch die Möglichkeit, die rechtmäßig erworbenen Inhalte herunterzuladen. Es lohnt sich also, eine Strategie zu Lebzeiten zu erarbeiten.
    Einige Dienste haben Richtlinien für den Umgang mit verstorbenen Nutzern entwickelt, die sich jedoch alle unterscheiden. Sie werden zudem regelmäßig vor Gericht angefochten oder stehen im Widerspruch zu ersten Gesetzen, die das Problem der digitalen Hinterlassenschaft behandeln.
    Twitter zum Beispiel verlangt, dass ein Testamentsvollstrecker oder ein direktes Familienmitglied den Benutzernamen, die Sterbeurkunde und eine Kopie des Personalausweises oder Führerscheins der toten Person einsendet sowie eine unterschriebene, notariell beglaubigte Erklärung. Stimmen die Dokumente, wird das Twitter-Konto deaktiviert – ohne die Möglichkeit, den Inhalt zurückzubekommen oder wiederzubeleben.
    Facebook bietet seit 2005 ein sogenanntes Denkmal-Konto für verstorbene Mitglieder an und verlangt dabei ähnliche Unterlagen. Diese Art von digitalem Erbe ist allerdings weniger ideal, als es klingt, da es das Konto auch für die nächsten Angehörigen einfriert. Im Denkmal-Modus stellen sich die Kontoeinstellungen auf privat um und erlauben niemandem mehr, sich einzuloggen oder Daten zu exportieren. Das Denkmal wird zum digitalen Grabstein, und nur Freunde und Familie können auf der Wand des Verstorbenen etwas veröffentlichen, als lege man Blumen auf ein Grab.
    Bei Google+ ist die Situation noch schwieriger. Dieses soziale Netzwerk ist einer von inzwischen Dutzenden von Diensten des Suchriesen und deshalb an ein Google-Mail-Konto gebunden. Die Hinterbliebenen müssen verschiedene Dokumente einreichen und vor allem nachweisen, dass sie mindestens eine E-Mail mit diesem Konto des Verstorbenen ausgetauscht haben. All das ist noch keine Garantie dafür, dass die Erben tatsächlich Zugang bekommen werden.
    Im Übrigen wird jedes Gmail-Konto, das für neun Monate brachliegt, automatisch und ohne Möglichkeit, den Inhalt wiederzubekommen, geschlossen. Mit ihm verschwinden alle Picasa-Alben, Wiedergabelisten auf YouTube, Blog-Einträge und andere Inhalte. Google bietet zumindest die Möglichkeit der »Datenbefreiung«, bei der jeder Nutzer auf einer speziellen Webseite fast alle gespeicherten oder markierten Inhalte herunterladen kann, von allen Statusmeldungen und Dokumenten bis zu den Videos, die er auf YouTube hochgeladen hatte. Facebook offeriert einen ähnlichen Dienst, und es empfiehlt sich, beides in regelmäßigen Abständen zu tun. Wer schon zu Lebzeiten all seine hochauflösenden Fotos von Facebook wieder herunterladen möchte, sollte sich jedoch auf eine Enttäuschung gefasst machen, denn das Netzwerk komprimiert alle Bilder beim Hochladen, um Übertragungs- und Speicherkosten zu sparen.
    Was man selbst verwalten oder exportieren kann, ist für Verwandte oft tabu. Diese schmerzliche Erfahrung machen hin und wieder Eltern, deren Kinder plötzlich sterben. Sie erkennen, dass sich ein großer Teil der Hinterlassenschaft im Netz befindet, haben aber keine einfache oder legale Möglichkeit, zu diesen Daten Zugang zu bekommen, wenn sie nicht einmal das Passwort oder den Nutzernamen kennen.
    Dieses Problem wird noch an Bedeutung gewinnen, wenn wir uns alle nur noch in der Welt der digitalen Erinnerungen bewegen – egal ob auf einer Festplatte oder einem Server irgendwo im Netz. Laut Umfrage einer Fotosharing-App sind die Erinnerungen von Jugendlichen zu 86 Prozent schon heute nur noch digital. Diese Zahl sinkt mit fortschreitendem Alter bis auf gerade noch 12 Prozent für einen 65-Jährigen. 3
    Die rechtliche Grauzone, wer worauf Zugriff haben sollte, führt regelmäßig zu Klagen von Hinterbliebenen. Gleichzeitig versuchen die Gesetzgeber, Regeln für den Umgang mit digitalem Nachlass zu schaffen. Ein stark beachteter Fall betraf einen jungen Soldaten, der im Irak getötet wurde. Seine Eltern mussten Yahoo verklagen, um Zugriff auf seine E-Mails zu bekommen, die sie schließlich auf einer CD erhielten. 4 In vielen anderen Fällen weigern sich die Dienstleister unter Berufung auf
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