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Mich kriegt ihr nicht!: Gebrauchsanweisung zur digitalen Selbstverteidigung (German Edition)

Mich kriegt ihr nicht!: Gebrauchsanweisung zur digitalen Selbstverteidigung (German Edition)

Titel: Mich kriegt ihr nicht!: Gebrauchsanweisung zur digitalen Selbstverteidigung (German Edition)
Autoren: Pernille Tranberg , Steffan Heuer
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Arbeitgeber sind zum ersten Mal Zaungäste beim Privatleben ihrer Mitarbeiter – 24 Stunden, 7 Tage die Woche. Sie können wie noch nie zuvor Einblick in deren tägliches Leben zu Hause nehmen, Handlungen aufdecken und fast live verfolgen, die nichts mit dem Arbeitsplatz zu tun haben. Sie bekommen die hieb- und stichfesten Beweise gleich in den Posteingang geliefert. Ein Eintrag bei Facebook lässt sich zwar löschen, doch kann er bereits vorher von Zahlreichen Nutzern gelesen worden sein.
    Es ist nicht bekannt, wie viele Unternehmen ihre Mitarbeiter über soziale Medien überwachen und wie systematisch sie es tun. Immerhin muss es eine Nachfrage nach Überwachungswerkzeugen geben, denn selbst Google bietet Unternehmen ein Produkt namens Map Coordinate an, mit dem ein Arbeitgeber dank der Kombination von Googles Kartentechnologien mit Smartphones verfolgen kann, wo sich jeder Mitarbeiter gerade aufhält. In dieser vorläufigen Grauzone werden Gerichtsverfahren erst in Zukunft Präzedenzfälle schaffen.
    Unter Arbeitgebern ist die Praxis wesentlich stärker ausgeprägt, soziale Profilierung proaktiv zu verwenden, wenn sie Bewerbungen sichten. Eine Studie im Auftrag von Microsoft ergab, dass in den USA acht von zehn Arbeitgebern Informationen über die Online-Reputation der Bewerber einholen. 3 Die Zahlen in Europa liegen immer noch deutlich niedriger. Das Stockholm Trade Council berichtet, dass vier von zehn Arbeitgebern in Schweden soziale Profile ihrer Bewerber sichten, und ihre Zahl steigt jedes Jahr. 4 Gut die Hälfte der deutschen Arbeitgeber gibt an, über Bewerber im Internet zu recherchieren. 5 Ganze 70 Prozent der amerikanischen Personalchefs sagen, sie hätten Bewerber basierend auf dem, was sie online über sie in Erfahrung brachten, abgelehnt, während nur ein Drittel der befragten schwedischen Unternehmen Kandidaten aus diesem Grund aussortiert. 6 Deutschland scheint hier noch weit im Rückstand zu sein. Laut Statistischem Bundesamt setzte 2011 nur jeder zehnte Bürger soziale Netze für berufliche Zwecke ein. 7
    Sogenanntes social profiling ist ein Puzzlespiel, bei dem viele kleine Informationseinheiten über Ihren Charakter, Ihre Eigenschaften und Fähigkeiten zusammengesetzt werden, um am Ende eine Vermutung darüber anzustellen, ob Sie eine gute Wahl für eine bestimmte Position wären. Laut einer Studie der University of Maryland kann allein die Sprache, die Sie in Ihren Tweets verwenden, einem Personalchef verraten, ob Sie extrovertiert, freundlich, gewissenhaft, neurotisch oder zu gesprächig sind. 8 Die Art und Weise, wie Sie mit Menschen sprechen (andere Menschen mit »Sie« anzusprechen macht Sie zu einem höflichen Zeitgenossen), worüber Sie reden (wer immer »gewinnen« will, sammelt Minuspunkte) und welche Worte Sie wählen (gewissenhafte Leute vermeiden negative Wörter wie »killen«), enthüllt wichtige Teile Ihrer Persönlichkeit. Andere Wissenschaftler haben zudem festgestellt, dass sich ein Facebook-Profil sogar besser als ein herkömmlicher Persönlichkeitstest dazu eignet, Bewerber einzuschätzen und auszusieben.
    Ein Unternehmen kann auch einfach regelmäßig öffentlich zugängliche Facebook-Profile scannen und dies dazu nutzen, eine schnelle Entscheidung über die beiden wichtigsten Fragen bei der Einstellung treffen zu können: Ist die Person zuverlässig und emotional stabil? Forscher an der Northern Illinois University etwa ließen in einem Experiment Studenten fiktive Bewerber bewerten, nachdem sie deren Facebook-Profile nur zehn Minuten lang durchgelesen hatten. Sie entdeckten, dass ihre Testkandidaten in der Regel diejenigen Personen heraussuchten, deren Persönlichkeiten ihnen als vielseitig erschienen: Sie reisten viel, hatten vergleichsweise mehr Freunde und interessierten sich für verschiedene Hobbys. Das Veröffentlichen von »Partyfotos« wirkte sich nicht automatisch negativ aus, da sie eine Person als extrovertierter und freundlicher erscheinen ließen. 9
    Dieses Vorgehen klingt etwas weniger deprimierend als die heimliche Informationssammlung im Auftrag einer Personalabteilung. Aber es wirft eine ganz andere, nicht weniger beängstigende Frage auf: Wie viel konstantes Engagement müssen wir alle ständig zeigen, um unser Image und Ansehen online zu pflegen und genau so zurechtzubiegen, dass wir das richtige Maß extrovertierter Lebensfreude gegenüber unserer Umwelt präsentieren?
    Was Sie lieber für sich behalten sollten
    Für viele Arbeitsuchende sind soziale
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