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Mia - Vom Schicksal gezeichnet (Buch 1) (German Edition)

Mia - Vom Schicksal gezeichnet (Buch 1) (German Edition)

Titel: Mia - Vom Schicksal gezeichnet (Buch 1) (German Edition)
Autoren: M.S. Stone
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flüsterte ich und strich weiterhin
über ihren Handrücken, der sich viel zu kühl anfühlte.
    Frau
Maier schüttelte angestrengt den Kopf und plötzliche Angst strömte von ihr auf
mich über. „Dunkelheit … Licht … zwei Seelen!“, wisperte sie und drückte dabei
schwach meine Hand.
    „Alles
ist gut, Frau Maier.“ Mit sanfter Stimme redete ich auf sie ein, während mein
Daumen beruhigend über ihre Haut glitt, die so dünn war, dass die Äderchen
darunter, wie ein kleines verzweigtes Netz, durchschimmerten.
    „… in dir
… Gold, Sonne, … Schwarz, Mond, … Gold, Sonne, … Schwarz, Mond, …“, fuhr sie
fort. Ihre Aufregung wuchs, und mit ihr die Angst, die meine Fingerspitzen zum
Kribbeln brachte.
    Zu meiner
Verwunderung war es jedoch nicht die Angst zu sterben - wie ich sie schon so
oft verspürt hatte, wenn ich meine Gabe bei den Patienten einsetzte -, sondern
es war die Angst um mich, die ihren Herzschlag beschleunigte und einen
gehetzten Ausdruck auf ihrem Gesicht hinterließ.
    Wie
immer, wenn ich meine Gabe zum Einsatz brachte, fühlte ich die Emotionen des
anderen, als wären es meine eigenen. Und so kroch nun die Angst um mein eigenes
Leben, wie ein unheilbringender Vorbote, in meinen Körper und ließ mich
erschauern.
    Von
plötzlicher Kälte erfüllt, unterbrach ich den Kontakt und strich mit meinen
leicht feuchten Handflächen über meine Hose. Eigentlich hätte der fehlende
Körperkontakt bewirken sollen, dass ich wieder Herr meiner eigenen Gefühle war.
Doch die Angst in mir blieb, verstärkte sich sogar und bewirkte ein beengendes
Gefühl in meiner Brust.
    Der
folgende Blick auf Frau Maier ließ mich erschrocken zurückschrecken. Zu schnell
sprang ich auf. Und während das Geräusch, des zu Boden krachenden Stuhles, die
Stille durchbrach, starrte ich in Frau Maiers Augen, die nun nicht mehr trüb
und verschleiert wirkten. Im Gegenteil, sie waren von einer Klarheit und einem
Glanz, den ich noch nie bei jemandem vernommen hatte, und sie erweckten den
Eindruck, als hätten sie mehr gesehen, als man auf dieser Welt je sehen konnte.
    Ihr Blick
schien mich zu durchbohren, bis in die Tiefen meiner Seele zu reichen, während
sie mit ihrem Monolog fortfuhr, dessen verwirrende Worte die Klarheit in ihren
Augen Lügen strafte.
    „So Frau
Maier.“ Maria kam durch die Tür und riss mich aus meiner Starre. In einer Hand
hielt sie das Tablett mit den abendlichen Medikamenten. „Ah Mia.“ Ihr Blick
ging zu dem Stuhl, der immer noch am Boden lag, und eine Sorgenfalte erschien
auf ihrer Stirn.
    „Ich
wollte mich von Frau Maier verabschieden.“ Ohne viel Aufsehen stellte ich den
Plastikstuhl wieder auf die Beine. „Aber sie scheint heute keinen guten Tag zu
haben.“
    „Gold,
Sonne … Schwarz, Mond, … Gold, …“, kam es unaufhörlich von der Frau, die seit
zwei Monaten an ihr Sterbebett gebunden war.
    „Arme
Frau Maier.“ Maria schüttelte leicht den Kopf und machte sich daran die
verordneten Medikamente zu verabreichen. „Sie scheint schon mehr im Jenseits,
als in unserer Mitte.“
    „Zwei
Seelen, … Gold, Sonne, … zwwweiiiii Seeeleeen, … Goold, Sonneee, …“ Frau Maiers
Stimme wurde leiser, und sie begann zu lallen. Ihre Finger, die zuvor
krampfhaft ihre Bettdecke umschlossen hatten, lösten sich langsam und ihr Körper
begann sich zu entspannen. Doch ich wusste, dass sie nur äußerlich ruhig
schien. In ihrem Inneren war noch immer die Angst, die so plötzlich in ihr
aufgetaucht war, und die nun, als ich ihr sanft das Haar aus dem Gesicht
strich, erneut in mich überging.
    Jenseits.
Das Wort hallte in meinem Kopf, und ich fragte mich zum tausendsten Mal ob es
so etwas wirklich gab. Ob es möglich war, dass jemand noch unter uns weilte und
doch schon wo anders war. Zwischen den Welten, im Übergang zwischen Leben und
Tod.
    Maria
hielt an der Tür inne und meinte: „Sara hat vom Empfang aus angerufen. Sie
wartet auf dich in der Halle.“
    Ich
nickte in ihre Richtung. „Ja, danke. Ich geh dann gleich.“
    Wehmütig
beugte ich mich über Frau Maiers schlafende Gestalt, und flüsterte: „Bonum iter,
Frau Maier, und danke, dass ich sie kennenlernen durfte.“ Mit den lateinischen
Worten für „Gute Reise“ und einem letzten Kuss auf die Stirn verabschiedete ich
mich von ihr.
    Ich war
schon fast bei der Tür als ich glaubte, sie „me sijala“ sagen zu hören, das
Kosewort meiner Mutter. Erschrocken drehte ich mich noch einmal zu ihr um, in
Erwartung, dass sie mich wieder aus
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