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Mercy, Band 4: Befreit

Mercy, Band 4: Befreit

Titel: Mercy, Band 4: Befreit
Autoren: Ilse Rothfuss
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knisterndes blau-weißes Licht zuckt auf und Ryan wippt auf den Fersen zurück und umfasst seine brennenden Fingerspitzen mit der anderen Hand.
    Mit vorwurfsvollem Blick starrt er mich an, aber dann lacht er zerknirscht. „Okay, keine plötzlichen Bewegungen mehr, versprochen. Aber du musst mir auch was versprechen.“
    „Was?“, frage ich vorsichtig. „Versprechen halten ist nicht meine Stärke, schon vergessen?“
    „Sag einfach Ja“, sagt er. „Versprich mir, dass du mich diesmal mitnimmst. Dass du dich nicht in Luft auflöst und mich allein zurücklässt. Lass mich einfach bei dir bleiben, nur eine Weile, mehr will ich nicht.“
    Ich bin so gerührt, dass ich ihn am liebsten umarmen würde. Aber ich gehe nicht näher, sosehr ich es mir wünsche.
    Was ich will, ist unmöglich. Und Ryan hat mir die Antwort auf dieses Chaos gegeben, die einzige, die einen Sinn ergibt.
    Was ich ihm jetzt sagen muss, ist unendlich schmerzlich. Und schon wieder muss ich gegen den Drang ankämpfen, in tausend Stücke zu zerspringen.
    „Und es ist mir egal, ob du mich brauchst oder willst“, stößt er hitzig hervor. „So schnell wirst du mich nicht los, okay?“
    Das Kraftfeld, die schützende Hülle, mit der ich mich umgeben habe, hat ihren Zweck erfüllt und ich lasse sie fallen. Ich strecke meine rechte Hand nach Ryan aus, und wir sehen beide, dass sie zittert.
    Zögernd nimmt er sie, hält sie ganz fest, als wollte er mich nie wieder loslassen. Ich muss alles ausblenden, was ich unter seiner Haut auffange, alles an ihm, das mich im Innersten erschüttert, sonst bringe ich kein Wort heraus.
    „Wenn ich eins nicht kann, dann ist es bleiben “, stoße ich rau hervor.
    Ryan schüttelt heftig den Kopf, und ich wispere: „Hör mich an, bitte. Ich hab mich nie mit Luc gegen Gott erhoben. Ich wurde verbannt, ehe ich zu einer Entscheidung gezwungen war. Und deshalb – nenne es Glück oder Zufall oder was auch immer, denn Schicksal gibt es in meinen Augen nicht – bin ich eine Eloha geblieben und kein Dämon geworden. Ich habe immer noch die Wahl. Es gibt nur einen Weg, Luc für alle Ewigkeit in die Hölle zu verbannen, und dazu muss ich die Pflicht über meine Wünsche stellen, wie die Acht es immer getan haben. Ich muss gehen, Ryan, verstehst du das nicht? Und ein Teil von mir sehnt sich auch danach. Ich habe so lange das Licht gesucht, und jetzt kann ich tatsächlich zurück nach Hause, wenn ich will. Luc darf mich nicht wiederfinden, dann sitzt er hier für immer fest.“
    Entrüstet lässt Ryan mich los. „Soll das heißen, du überlässt uns einfach dem Teufel? Nach euch die Sintflut? Wir verdienen es wohl nicht, gerettet zu werden?“
    Wir  – ein winziges Wort nur, und doch liegt eine Welt darin.
    „Aber Luc wäre hier für immer gefangen“, erwidere ich flehentlich. „Er käme nie mehr frei und könnte nicht das ganze Universum …“
    „In Schutt und Asche legen“, unterbricht Ryan mich heftig. „So wie er die Erde zerstört, wenn du fort bist, was?“
    „Die Erde ist schon ein Schlachtfeld“, murmle ich. „Hier gilt das Recht des Stärkeren nach dem Prinzip: Was dem Löwen gebührt, steht dem Ochsen noch längst nicht zu. Das ist Unterdrückung. Und genauso ist es. So wurde es niedergelegt.“
    Die Worte entschlüpfen mir, ehe ich mich bremsen kann.
    Ryan zuckt vor mir zurück, als hätte ich ihm einen Schlag versetzt.
    „Dann geh doch“, würgt er hervor. „Wirf uns den Löwen vor oder wem auch immer. Hauptsache, du rettest dich selber, und dein tolles Zuhause. Wie konnte ich nur so blöd sein und meine Karten auf den Tisch legen – dich praktisch auf Knien anflehen, für mich und die ganze Menschheit?“
    „Du verstehst es nicht“, sage ich leise.
    „Und ob ich es verstehe“, knurrt Ryan. „Du opferst uns dem Gemeinwohl, stimmt’s? Das haben wir letztes Jahr in Sozialkunde durchgenommen. Wir Menschen sind … wie war das noch? Nur eine Stufe über den Tieren? Aber wenn Luc sich an uns allen rächt, weil du ihm durch die Finger geschlüpft bist, Mercy, dann hast du uns geopfert, dann ist es deine Schuld. Ich weiß, wie man sich fühlt, wenn man geopfert wird. Das willst du doch nicht auf dein Gewissen nehmen? Es ist ein feiger Ausweg. Und du bist nicht feige“, zischt er mir zu, „oder hab ich mich so in dir getäuscht?“
    Jedes seiner Worte trifft mich wie ein Peitschenhieb, und plötzlich werden wir von einer weiteren Hitze- und Energiewelle erfasst, die uns in die Luft
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