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Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Titel: Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)
Autoren: Julianna Baggott
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Partridge mit der nötigen Ausrüstung ausgestattet. Doch er will, dass El Capitán die Karten bekommt. Die Karten sind alles, was er zu geben hat. Vielleicht werden sie überhaupt nichts bringen – wie stehen die Chancen, dass El Capitán jemals eine brauchbare Armee aufstellen wird, die das Kapitol besiegen kann? Trotzdem, Partridge will einen Beitrag leisten. Bei der Arbeit an den Karten geht er immer wieder durch, was seine Mutter ihm vor ihrem Tod gesagt hat. Er hat alles aufgeschrieben, woran er sich erinnern kann. In ihren Worten scheinen versteckte Informationen zu schlummern. Ein Code.
    Er legt den Bleistift beiseite und spreizt die Finger. Seine Hand hat sich verkrampft, bis hin zu dem kleinen Finger, der zur Hälfte abgehackt wurde und inzwischen zu einem glänzenden, roten Stummel verheilt ist. Als er sich die Hände reibt, spürt er den glatten Film des wächsernen Serums, in dem er vor Kurzem auf Befehl der Mütter baden musste – eine Vorbereitung auf eine baldige Reise. Das Serum, das aus Kampferlorbeer und Bienenwachs gewonnen wird, soll seinen Geruch festhalten und übertünchen. Seine Haut glänzt und hat sich leicht versteift. Berichten zufolge verfügen die Spezialkräfte über einen hervorragenden Geruchssinn, ähnlich vielen Bestien und einigen Dusts. Die Mütter treiben Partridge und Lyda ständig von Ort zu Ort, zu ihrem eigenen Schutz – aber auch, hat Mutter Hestra ihm erklärt, weil sie nicht riskieren können, dass Partridge die gesamte Gruppe in Gefahr bringt. Die Spezialkräfte suchen nach ihm. Deshalb ist es am besten, wie Nomaden zu leben.
    Partridge fragt sich, ob auch Lyda in dem Serum baden musste. Er lebt in ständiger Angst, dass sie ihn eines Tages nicht mehr auf die Reise zur nächsten Station begleiten könnte. Aber bisher ist sie immer mitgekommen. Er versucht sich vorzustellen, wie sich ihre Haut in der wächsernen Hülle anfühlt.
    Neben ihm auf dem dreckigen Boden liegt die Spieluhr seiner Mutter, die er in ihrer Box im Archiv für Persönliche Gegenstände Verstorbener gefunden hat. Die Spieluhr ist ein wenig angesengt, seit Bradwell sie im Keller des Metzgerladens verbrennen wollte – aber dann hat er dafür gesorgt, dass Partridge sie zurückbekommt. Bradwell ist sentimentaler, als Partridge dachte, und Erbstücke von Eltern sind seine größte Schwäche. Partridge hat den Ruß von der Spieluhr gekratzt. Die Zahnräder sind noch immer geschwärzt, doch da sämtliche Teile aus Metall bestehen, funktioniert die Spieluhr weiterhin; die Töne klingen nur etwas schräg und gedämpft. Alles haben die Mütter ihm weggenommen, bloß die Spieluhr nicht – vielleicht weil sie selbst Mütter sind. Er nimmt die Spieluhr in die Hand, zieht sie auf und lauscht ihren Klängen, den Noten, die in der stickigen, feuchten Luft klimpern. Er vermisst seine Mutter; weil er sie schon fast seine ganze Kindheit hindurch vermisst hat, ist er richtig gut darin. Vielleicht ist er deshalb auch so gut darin, Lyda zu vermissen. Jahrelange Übung.
    Als das Geklimper verstummt, wirft er einen Blick auf seine neueste Karte, einen Querschnitt der drei oberen Ebenen des Kapitols, die Oben Eins, Oben Zwei und Oben Drei heißen, und der drei Kellergeschosse Unten Eins, Unten Zwei und Unten Drei, in denen sich auch der Bereich mit den riesigen Stromgeneratoren befindet. Das Erdgeschoss wird Zero genannt – dort ist die Akademie, in der Partridge den Großteil seiner Zeit verbracht hat.
    Partridge verspürt eine unbändige Sehnsucht nach der Akademie. Er weiß, dass es unsinnig ist, sich ins Wohnheim zurückzuwünschen, wo er mit Hastings herumgehangen und Arvin Weed um seine Notizen angebettelt hat, wo er ständig der Horde aus dem Weg gehen musste, einer Bande Jungs, die ihn mehr oder weniger gehasst hat. Aber er vermisst die Akademie nun mal. Sogar den Unterricht vermisst er. Er denkt an Glassings, den Geschichtslehrer, der ihn auf dem Flur vor dem Ballsaal beiseitegenommen hat, kurz bevor er das Messer gestohlen hat. Im Nachhinein war das wohl der Moment, an dem er noch hätte umkehren und mit seinem alten Leben weitermachen können.
    Aber das hat er nicht. Und irgendwie ist er hier gelandet, wo er rein gar nichts ausrichten kann.
    Die bittere Ironie ist, dass er die Ampullen besitzt, das Lebenswerk seiner Mutter. Die Ampullen sind nicht zu unterschätzen. Partridges Vater hat dafür gemordet – er hat den Mann getötet, der für Pressia gesorgt hat wie ein Großvater, dann seinen eigenen
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