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Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Titel: Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)
Autoren: Julianna Baggott
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verspricht er den Freiwilligen »Essen ohne Angst«. Welche Angst? Ja, die OSR hat eine dunkle Vergangenheit. Menschen wurden gefangen genommen und eingesperrt, manchen wurde das Lesen ausgetrieben, viele wurden als lebendige Ziele benutzt …
    Aber all das ist Geschichte. Die Plakate haben ihre Wirkung getan. Mehr und mehr Freiwillige strömen herbei. Sie wandern aus der Stadt herüber, hungrige, zerlumpte, verschmolzene Gestalten, übersät von Verbrennungen. Manchmal kommen ganze Familien. El Capitán hat Pressia schon öfter gesagt, dass er bald die Ersten zurückschicken muss. »Wir sind kein Flüchtlingsheim. Ich will hier eine Armee aufbauen.« Bisher konnte Pressia ihn immer überreden, trotzdem alle aufzunehmen.
    »Perlo!«, flüstert sie, während sie an der Wand entlanggeht und die Finger über die gewellten Ränder der Plakate gleiten lässt. Wo steckt er nur? Die Vorhänge peitschen ins Zimmer. Schnee weht herein, als würde der Raum tief einatmen.
    Eine Familie hat ein Tuch mit einem Stock aufgespannt, ein kleines Zelt gegen den Wind. Früher, als sie klein war, hat Pressia im Hinterzimmer des ausgebrannten Friseurladens manchmal ein kleines Zelt aus einem Stuhl, dem Gehstock ihres Großvaters und einer Decke gebaut, um mit ihrer besten Freundin Fandra Vater-Mutter-Kind zu spielen. Ihr Großvater nannte diese Bauwerke Welpenzelte , und wenn Fandra und sie dann bellten wie Welpen, musste er so laut lachen, dass der Ventilator in seiner Kehle wie wild rotierte. All das hat Pressia verloren – ihr Großvater ist tot, Fandra ist tot, ihre ganze Kindheit ist tot.
    Vor den Fenstern, in jeweils fünfzehn Metern Abstand, halten Wachen Ausschau. Sie haben rund um das Hauptquartier Position bezogen, weil das Kapitol immer mehr Spezialkräfte auf die OSR hetzt. Vor einigen Wochen wurden sie gesichtet, wie sie durch die Wälder stürmten: hünenhafte, mit Tiermuskeln bepackte Gestalten, die Haut bedeckt von einer künstlichen Tarnschicht. Gewandte, beinahe lautlose, unglaublich schnelle und starke Jäger, die bis an die Zähne bewaffnet sind – ihre Waffen sind in ihre Körper eingebaut. Auf ihren stillen, heimlichen Routinepatrouillen durch die Stadt flitzen sie über die Trümmerfelder, sprinten durchs Unterholz, stehlen sich Gassen hinunter. Sie suchen vor allem nach Pressias Halbbruder Partridge, einem Reinen. Doch Partridge steht unter dem Schutz der Mütter, die auch Lyda beherbergen, eine weitere Reine, die das Kapitol gegen ihren Willen als Lockvogel fortgeschickt hatte. Bei den Müttern befindet sich auch Illia, die frühere Frau des Oberhaupts der OSR, eines Wahnsinnigen, den sie eigenhändig getötet hat. Die Soldaten der OSR, die alle in tiefer Furcht vor den Müttern leben, lassen dem Hauptquartier ab und zu bruchstückhafte Berichte zukommen. In einem hieß es, die Mütter würden Lyda zur Kämpferin ausbilden. Aber wie soll Lyda, ein Mädchen aus dem Kapitol, in der Aschewüste überleben – und erst recht bei den Müttern? Normalerweise ist auf die Mütter Verlass, doch sie können genauso barbarisch wie liebevoll sein. Wird Lyda durchhalten? Aus einem anderen Bericht hat Pressia erfahren, dass es mit Illia bergab geht. Sie hat jahrelang auf der sicheren, geschützten Farm gewohnt, und nun kann ihre Lunge den wirbelnden Ascheschwaden kaum standhalten.
    Alle, die den Tod von Pressias Mutter miterlebt haben, müssen auf der Hut sein. Denn sie kennen die Wahrheit über Willux und das Kapitol, und vielleicht haben sie sogar etwas, das Willux immer noch braucht: die Ampullen. Nach dem Tod von Pressias Mutter haben Bradwell und El Capitán aus ihrem Bunker mitgenommen, was sie konnten, und die Ampullen befinden sich jetzt in Partridges Besitz. Hoffentlich passt er gut darauf auf. Für Willux wären sie von großer Bedeutung – mit den Ampullen, einer weiteren Zutat und der Formel für die korrekte Zusammensetzung könnte er sein Leben retten. In den Ampullen von Pressias Mutter schlummert große Macht, aber hier draußen wäre es zu gefährlich, sie einzusetzen. Die Folgen wären nicht abzusehen, und so sind sie nichts als hübsche Andenken.
    Wie lange können die Mütter Partridge noch versteckt halten? Bis zum Tod seines Vaters? Darauf ruhen alle Hoffnungen – dass Ellery Willux bald stirbt und Partridge vom Inneren des Kapitols aus seinen Platz einnehmen kann. Manchmal kommt es Pressia vor, als würden sie alle immer nur abwarten, weil sie wissen, dass irgendetwas irgendwo passieren wird.
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