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Melodie des Südens

Melodie des Südens

Titel: Melodie des Südens
Autoren: Gretchen Craig
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schmiedeeisernen Bänke voneinander abschirmten. So saßen sie ein wenig abgeschieden im Schatten, und Marianne schob ihren Rock zur Seite, um Platz für Yves zu machen.
    »Madame Chamard, ich muss Ihnen etwas sagen.«
    »Dass Sie mich verzweifelt lieben.«
    »Das würden Sie mir ja so ohne Weiteres wohl nicht glauben.« Er küsste sie innig und besitzergreifend. Mariannes Korsett verhinderte, dass sie tief durchatmen konnte, und als Yves seine Lippen zu ihrem Hals bewegte, war sie kurz davor, in Ohnmacht zu fallen. »Mach weiter«, murmelte sie.
    »Um Mitternacht falle ich über dich her«, flüsterte er ihr ins Ohr.
    Er knabberte an ihrem Hals, bis sie lachte. »Vor all diesen Leuten?«
    Er stand auf und streckte ihr einen Arm hin. »Gut, ich habe es mir anders überlegt. Wir verlassen zuerst den Ball.«
    »So lange kann ich nur unter der Bedingung warten, dass du wieder mit mir tanzt.«
    Er nahm sie in die Arme, und er wiegte sie für einen Augenblick zur Musik, bevor er im Walzerschritt mit ihr in das sanfte Licht des Ballsaals zurückkehrte.
    Die gesamte gute Gesellschaft war im Haus der Johnstons versammelt. Nahezu sämtliche Bekannten der Familie waren da, tranken Punsch und bewunderten die Frischvermählten. Aber Marianne dachte auch an die vielen, die heute nicht hier waren. Adam fehlte. Er hatte mit ihrem Vater und Marguerite an der Trauung in der Kathedrale teilgenommen und sie hinterher zur Seite genommen, ihr einen Kuss auf die Wange gegeben und versprochen, er werde schreiben. Dann war er verschwunden, und inzwischen war er wohl auf dem Weg nach South Carolina, um sich Butlers Erstem Infanterieregiment anzuschließen. Trotz des Duells und der Versöhnung mit ihrem Vater und ihr schien er immer noch zu leiden. Armer Bruder, er würde sich wohl selbst niemals verzeihen.
    Mariannes Liste der fehlenden Gäste schloss auch den Rest von Yves’ Familie ein. Die Eltern Johnston und Chamard hatten sie nicht eingeladen, und so tanzten weder Gabriel und Simone noch Nicolette mit ihrem Verehrer Mr Whittington mit ihnen durch den Saal.
    Marianne hatte plötzlich keine rechte Freude mehr an dem Walzer.
    »Was ist?«, fragte Yves, der die Veränderung bemerkt hatte.
    »Ich denke an die Verwandten und Freunde, die heute nicht hier sind. Nur weil sie keine Weißen sind, sind sie nicht willkommen.«
    Yves nickte. »Ja, es ist ein Jammer. In New York können wir uns unsere Freunde endlich selbst aussuchen.«
    »Und unsere Verwandten werden in unserem Haus willkommen sein. Alle Verwandten.«
    »Aber jetzt tanzen wir Walzer und genießen unsere Hochzeit.« Yves drehte sie in großen Kreisen durch den Saal und sorgte dafür, dass ihre Augen wieder leuchteten.
    Schließlich ließ sie sich von Yves überzeugen, der in seinem Wolljackett schwitzte, und verließ mit ihm die Tanzfläche, um ein Glas zu trinken. Mit einem Glas Punsch in der Hand schoben sie sich durch die Menge der Gratulanten in das Zimmer mit den bequemeren Sitzgelegenheiten.
    Yves schob Marianne zu dem Sofa, auf dem Madame DeBlieux schon mit ihrer mittleren Tochter Musette saß.
    »Tante Josie«, begrüßte er die Frau, die seine Tante ehrenhalber war.
    »Yves, mein Lieber«, sagte sie, als er sich herunterbeugte und sich auf die Wange küssen ließ. »Madame Chamard, setzen Sie sich doch einen Moment zu mir.« Musette machte Marianne Platz.
    Josephine hatte ein Glitzern in den Augen, als sie ihr anbot, ein paar Geschichten aus Yves’ Kindheit zu erzählen, und Marianne ließ sich gern unterhalten. Yves beugte sich zu Musette, die ein wenig nervös ihre erste Ballsaison genoss, und flüsterte ihr etwas zu. Errötend nahm sie seinen Arm und ließ sich zur Tanzfläche führen.
    Um halb zwölf fand Bertrand Chamard Marianne immer noch in ein angeregtes Gespräch mit Madame DeBlieux vertieft. »Josephine, meine Liebe, du siehst wie immer hinreißend aus.«
    Marianne, die schon viele Geschichten und uralten Klatsch über die beiden gehört, aber bei Weitem nicht alles verstanden oder auch nur erfahren hatte, beobachtete neugierig, wie Josephine das Lob und die Vertraulichkeit des gut aussehenden Bertrand mit einem freundlichen Lächeln entgegennahm.
    »Gutes neues Jahr, Bertrand«, sagte Josephine. »Ich vermute, du willst deine Schwiegertochter vor mir retten?«
    Bertrand nahm Josephines Hand. »In der Tat, Josie.« Er sprach sehr leise, so leise, dass Marianne kaum etwas hörte. »Aber kurz vor Mitternacht würde ich gern zu dir zurückkehren, wenn ich
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