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Melodie der Leidenschaft

Melodie der Leidenschaft

Titel: Melodie der Leidenschaft
Autoren: Chantelle Shaw
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ihren Schoß sinken. „Entschuldigung“, sagte sie. „Ich wollte nicht herumschnüffeln. Ich habe die Kette zurückgelegt und dabei die Fotos entdeckt …“
    Als Nicolaj schwieg, reichte sie ihm mit zitternden Händen Fotos und Puppe. „Ein süßes kleines Mädchen …“
    „Ja.“ Er betrachtete die Bilder. „Das sind Freunde von mir in Russland.“
    Ella nickte nur und ging ins Badezimmer. Dort löste sie wie benommen ihren Haarknoten, zog sich um und wusch sich das Gesicht. Zum Glück habe ich vorhin behauptet, ich hätte Kopfschmerzen, dachte sie unglücklich. Auf keinen Fall könnte sie mit Nicolaj schlafen, nachdem ihr die Fotos so unerbittlich vor Augen geführt hatten, wie wenig sie ihm bedeutete.
    Als sie wieder ins Schlafzimmer kam, war Nicolaj hinausgegangen. Er saß draußen auf der Gartenbank und wirkte so einsam, dass Ella doch nicht ins Bett ging, sondern zu ihm eilte.
    Er blickte auf und sah sie so voller Schmerz an, dass ihr der Atem stockte.
    „Die Frau auf dem Foto ist meine Frau“, sagte er leise.
    Ellas Herz zog sich zusammen, denn er hielt die Bilder noch immer in der Hand und strich sanft über das Gesicht des kleinen Mädchens.
    „Und das ist meine Tochter Klara.“ Nach einem angespannten Schweigen fügte er hinzu: „Sie sind beide tot.“
    Als er sich mit der Hand über die Augen fuhr, zerriss es ihr fast das Herz. Es tat weh, diesen starken Mann so verletzlich zu sehen. Am liebsten hätte sie ihn in die Arme geschlossen, doch sie hatte Angst, abgewiesen zu werden.
    „Das tut mir sehr leid.“ Ella wusste nicht, was sie sonst sagen könnte. Offenbar hatte der Tod seiner Frau und seiner Tochter Nicolaj tiefunglücklich gemacht. Wie hatte sie nur aufgebracht sein können, weil er über diesen unendlichen Schmerz nicht mit ihr reden wollte?
    „Was … was ist mit ihnen passiert?“
    Nicolaj schluckte, und seine Wimpern glänzten feucht, als er sie wieder ansah. „Sie sind durch eine Lawine ums Leben gekommen, die das Dorf von Irinas Eltern überrollt hat. Es wurde fast vollständig zerstört.“ Wieder betrachtete er die Fotos. „Man hat Irina und Klara erst nach drei Tagen gefunden. Natürlich kam jede Rettung zu spät“, sagte er heiser. „Klara hielt noch ihre Puppe in den Armen.“ Er schluckte erneut und schwieg. Keine Worte der Welt konnten ihm diese geliebten Menschen zurückbringen.
    Ellas Kehle war wie zugeschnürt. „Wann?“, brachte sie nur heraus.
    „Vor zehn Jahren. Heute wäre Klara fünfzehn geworden.“ Schon den ganzen Tag quälten ihn die Erinnerungen, und wie immer hatte er den Schmerz unterdrückt. Doch jetzt konnte er den Anblick der kleinen Klara nicht mehr verdrängen.
    „Deine … deine Frau hat also mit eurer Tochter ihre Eltern besucht?“ Wie schlimm musste es für Nicolaj gewesen sein, die Nachricht von ihrem Tod zu bekommen!
    Starr blickte Nicolaj in den dunklen Garten und dachte daran, wie er sich mit den Rettungsmännern Stunde um Stunde durch den Schnee gegraben hatte. Er verstand nicht, warum er plötzlich den Drang hatte, sich Ella anzuvertrauen. Irgendwie war es ihr gelungen, durch seine Schutzmauern zu dringen. Zum ersten Mal seit zehn Jahren dachte er über eine Beziehung nach, in der es um mehr ging als um Sex.
    Mit dem goldblonden Haar und der schmalen Figur wirkte Ella zerbrechlich und ätherisch. Aber es war nicht nur ihre Schönheit. Sie war witzig, geistreich und sehr intelligent. Und sie hatte tieferes Mitgefühl, als er es je bei einer Frau erlebt hatte. Nicolaj bewunderte sie wegen der Willensstärke, mit der sie ihre Solokarriere verfolgte – und er nahm ihre Verletzlichkeit wahr, die sie zu verbergen versuchte.
    Ella verdiente mehr, als er ihr geben konnte. Er hatte schon einmal eine Frau in einer Beziehung enttäuscht und unendliches Leid verursacht. Er durfte nicht riskieren, dass dies noch einmal geschah.
    „Um ehrlich zu sein, war Irina dort, weil sie genug von unserer Ehe hatte“, sagte er voller Selbstverachtung. „Als ich von einer meiner unzähligen Geschäftsreisen zurückkam, fand ich einen Brief von ihr. Sie habe nicht das Gefühl, ich würde sie lieben. Deshalb wollte sie mit Klara zu ihren Eltern ziehen. Irina war zutiefst enttäuscht, weil ich so viel Zeit mit meiner Arbeit verbrachte“, gestand er. „Ich bin ihr sofort nachgereist, um ihr zu versichern, dass sie und Klara das Wichtigste in meinem Leben waren. Aber ich kam zu spät.“
    „Oh, Nicolaj …“ Ella fühlte seinen Schmerz, als sei es ihr
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