Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Melina und die vergessene Magie

Melina und die vergessene Magie

Titel: Melina und die vergessene Magie
Autoren: Susanne Mittag
Vom Netzwerk:
über den Tiegel, und je ein Lichtstrahl führte zu jeder Hand, ein eisblauer und ein feuerroter. Als sie die Lichtstrahlen übereinanderzog, erstrahlten sie lautlos in hellem Weiß. Dann legte Morzena die Hände zusammen wie einen kleinen Käfig, als hielte sie ein neugeborenes Küken darin. Der Lichtball, der sich darin formte, funkelte nur so vor purer Magie. Niemand hätte ihn für etwas anderes halten können.
    »Brennendes Eis!«, hob Morzena an. »Du sollst …«
    Melina wusste, dass dieser Zauber die Welt verändern würde. Der Moment war gekommen, und Lamunee war wehrlos, weil es in seinen ältesten Kampf vertieft war. Melina, Tann und Lianna waren viel zu weit entfernt, um etwas tun zu können. Hinter sich hörte Melina Blitze und Flüche, Geschrei und Hass. Und dennoch war es in ihrem Inneren totenstill. Stille … das war vielleicht die Idee!
    Melina schloss die Augen und konzentrierte sich wie vorhin. Das Bild entstand schnell und deutlich. Und die Worte kamen ganz von allein. »Shaná lajar!«
    Morzena bewegte weiterhin die Lippen, aber plötzlich fasste sie sich entsetzt an die Kehle. Kein Ton drang mehr daraus hervor.
    »Jetzt!«, rief Melina, und Tann und Lianna folgten ihr nach vorn.
    Erstaunt starrten die beiden die Magierin an.
    »Was hast du mit ihr gemacht?«, fragte Lianna, während Tann der vor Wut rasenden Morzena das Licht aus den Händen wand und es Melina gab. Es fiel dem kräftigen Bogan nicht schwer, die Arme der Frau auf ihrem Rücken festzuhalten.
    »Sie ist stumm und kann keine Zauberformel mehr sprechen«, erwiderte Melina nervös. »Ich weiß nicht wie lange, also sollten wir uns beeilen.« Ihre Finger zitterten, als sie das Licht in ihren Händen betrachtete. Dies war die Arbeit von drei Jahren, die Arbeit von Hunderten von Eis- und Feuerzauberern. Die mächtigste Magie, die sie zusammen erschaffen konnten.
    »Sie soll nicht sinnlos entstanden sein«, murmelte Melina und hob das Licht hoch.
    »Brennendes Eis! Du wurdest geschaffen, um Lamunee zu verändern. Aber Lamunee ist so schön … dass man es nicht neu erschaffen muss. Hier habe ich gelernt, wie mächtig Fantasie ist – und wie gefährlich Macht. Deshalb soll diese Macht nur eines bewirken: dass jeder in diesem Land leben darf, wie es ihm gefällt, solange er damit keinen anderen bedrängt. Es soll keine Sklaverei mehr geben, alle Wesen sind frei in ihrem Willen und in ihrem Tun. Mögen sie alle vernünftig mit der Zukunft von Lamunee umgehen!«
    Die Lichtkugel begann sich in Melinas Hand um sich selbst zu drehen, immer schneller und noch heller als zuvor. Dann erstrahlte sie noch einmal wie eine kleine Sonne – und war gleich darauf verschwunden. Melina hatte das Gefühl zu erblinden, so hell brannte es noch immer auf ihrer Netzhaut. Aber als sie wieder etwas erkennen konnte, war das hellste Licht in ihrer Nähe das Licht der Fackeln. Hunderte von Zauberern hatten sich ihr zugewandt und jedem ihrer Worte wie gebannt gelauscht. Zwischen ihnen lagen einige Magier reglos am Boden, und in den hinteren Reihen standen einige mit Wut in den Augen und Fesseln um den Körper. Doch die anderen wirkten nicht feindselig. Einige nickten, einige blickten betreten zu Boden und manche – immer mehr – stießen laute Jubelrufe aus.
    Erel drängte sich nach vorn und schob sich durch bis zum Podest, wo er Melina lachend in die Arme nahm. Sie erwiderte die Umarmung und drückte ihr Gesicht an seine Schulter. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie weich ihre Knie waren.
    »Ich glaube, ich sterbe vor Angst«, lachte sie. »Zu Hause bin ich die schüchternste Nuss, die man sich vorstellen kann.«
    »Vielleicht
warst
du schüchtern«, korrigierte Erel und sah sie eindringlich an. »Aber zu Hause musstest du vermutlich auch noch nie eine Welt retten, oder?« Er zwinkerte ihr zu.
    Plötzlich hörten sie hinter sich einen Aufschrei. Tann lag keuchend am Boden und hielt sich den Bauch, geschrien hatte jedoch Lianna, deren Gesicht rot leuchtete.
    »Sie hat mir ihren Ellenbogen in den Magen gerammt, als ich abgelenkt war«, entschuldigte sich Tann. »Und sie hat Lianna ins Gesicht geschlagen.«
    Erschrocken wandten sich nur die nächsten Umstehenden um, niemand sonst hatte den kurzen Kampf mitbekommen.
    »Da!«, rief Tann mit ausgestrecktem Finger. Melina folgte seinem Blick. Morzena sprang soeben triumphierend auf den Rücken des Feuervogels, der sich gleich darauf mit voller Kraft dem Nachthimmel entgegenwarf. Es war zu spät!
    »Morzena flieht!«,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher