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Meister der Stimmen: Roman (German Edition)

Meister der Stimmen: Roman (German Edition)

Titel: Meister der Stimmen: Roman (German Edition)
Autoren: Rachel Aaron
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gruben und seine Kehle voller Dreck war. Eli beobachtete mit ruhigem Lächeln seine Zuckungen.
    Schließlich verebbte das Lachen des Königs zu Keuchen und Schluckauf, und er ließ sich mit einem Seufzen zurück auf den Boden sinken. »Eine Million?«, sagte er, immer noch amüsiert. »Unmöglich. Dafür könntest du den gesamten Rat kaufen. Da müsstest du schon jeden König der Welt entführen!«
    »Wenn sie sich so leicht erwischen lassen wie du«, meinte Eli mit einem Grinsen, »dürfte das kein Problem darstellen.« Er tätschelte dem König den Kopf, als wäre er ein königlicher Welpe, und stand auf. Dann stieg er über den gefesselten Monarchen hinweg und ging hinter ihm in die Hocke.
    Der König wand sich, weil er versuchte, zu sehen, was Eli tat. Aber der Dieb stellte nur einen Fuß auf die Seite des Königs, um ihn ruhig zu halten, während er seine Finger über die Seile an den Händen und Knöcheln des Königs gleiten ließ. »Vielen Dank«, sagte Eli. »Du hast mir sehr geholfen. Ich glaube allerdings, dass er es jetzt verstanden hat, also kannst du loslassen.«
    Henrith wollte gerade fragen, mit wem er redete, als das Seil um seine Hände sich wie eine Schlange bewegte. Erschrocken spürte er, wie das Seil sich selbst entknotete und sich ordentlich neben ihm zusammenrollte. Eli streckte die Hand aus und hob das Seil auf, während der König mit hängendem Kiefer vor ihm lag.
    »Gutes Seil«, flötete der Dieb und hielt die Seilrolle anerkennend hoch. »Es macht immer wieder Spaß, mit dir zu arbeiten.«
    Er ließ den König staunend im Dreck liegen und ging in eine Ecke, wo ein gutes Stück vom Feuer entfernt ein kleiner Stapel lederner Taschen an der Wand lehnte. Er schob das Seil vorsichtig in die oberste Tasche und fing dann an, in den anderen herumzuwühlen, offensichtlich auf der Suche nach etwas.
    Henrith setzte sich vorsichtig auf, bewegte die Hände, um die Durchblutung wieder anzuregen, und bemühte sich, nicht allzu genau darüber nachzudenken, was gerade geschehen war. Als er seine Hände wieder fühlen konnte, war Eli auch schon zurück und streckte ihm einen Federkiel, ein Tintenfass und einen Bogen leicht verschmutztes Papier entgegen.
    »In Ordnung, Eure Majestät«, sagte er mit einem Grinsen. »Wenn du so freundlich wärst, einen Brief zu schreiben, in dem du erläuterst, worüber wir gerade gesprochen haben, dann werde ich sicherstellen, dass er jemanden erreicht, der sich mit so etwas befasst. Du musst ausdrücklich erwähnen, dass du nicht zurückgebracht wirst, bevor ich nicht mein neues Fahndungsplakat gesehen habe – dieser Teil ist nicht verhandelbar. Mit ein bisschen Glück ist die ganze Sache in ein paar Tagen vorbei, und wir müssen einander niemals wiedersehen.«
    Er schlug dem König ein letztes Mal auf die Schulter und stand auf. »Nico, ich werde jemanden suchen gehen, der unseren Brief austragen kann. Würde es dir etwas ausmachen, auf unseren Gast aufzupassen? Ich will nicht, dass er auf dumme Ideen kommt, die ein böses Ende nehmen könnten.«
    Das Mädchen nickte geistesabwesend, ohne vom Feuer aufzusehen. Eli zwinkerte dem König zu, bevor er die Hüttentür öffnete und ins Sonnenlicht trat. Der Schwertkämpfer, der schon vor einiger Zeit mit dem Häuten der Hasen fertig geworden war, hob sein Eisenschwert auf und folgte ihm, so dass der König allein mit dem Mädchen in der kleinen, dunklen Hütte zurückblieb.
    Sie hatte ihm den Rücken zugewandt, und König Henrith bewegte seine jetzt nicht mehr gefesselten Hände. Die Tür war nur wenige Schritte entfernt.
    »Was auch immer du gerade denkst, ich würde dir davon abraten.«
    Die plötzliche Schärfe in ihrer Stimme ließ ihn heftig zusammenzucken. Er erstarrte, als sie sich zu ihm umdrehte. Der Blick aus ihren braunen Augen ließ ihn wieder an die große Leere denken. Plötzlich konnte er kaum noch atmen.
    »Schreib deinen Brief«, sagte sie und wandte sich wieder dem Feuer zu.
    Er holte zitternd Luft und breitete das Papier auf seinen Knien aus. Mit einem letzten Blick auf den Rücken des Mädchens lehnte er sich vor und fing an, seine eigene Lösegeldforderung zu verfassen.

    »Das war dumm«, sagte Josef, als er die windige Tür hinter sich geschlossen hatte.
    »Warum sagst du das?« Eli sah sich zwischen den Baumwipfeln um. Sie standen auf einer kleinen Lichtung vor der Försterhütte, die Eli für seine Zwecke ›umgewidmet‹ hatte. Hoch über ihnen drang Sonnenlicht durch die Baumwipfel, während
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