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Meines Bruders Moerderin

Meines Bruders Moerderin

Titel: Meines Bruders Moerderin
Autoren: Irene Rodrian
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nicht. Ich wollte dich nicht erschrecken. Natürlich kannst du gehen. Jederzeit.« Er ließ ihr den Vortritt, und schwach vor Erleichterung stieg sie die Treppe hinunter. Sie wäre gern gerannt, aber das wagte sie nicht. »Darf ich dich noch um einen kleinen Gefallen bitten?« Reimann war hinter ihr, aber nicht zu nah.
    Sie entspannte sich etwas, blieb aber auf der Hut. »Und zwar?«
    Reimann hob die Schultern und wirkte wieder sehr jungenhaft. »Ich habe ein kleines Automuseum. Mein größtes Hobby und mein ganzer Stolz. Das würde ich dir gerne zeigen, bevor alles unter den Hammer kommt. Und hören, wie du es bewunderst. Okay?«
    »Ein Museum? Wo?« Barbara blieb vorsichtig, aber von hier aus konnte sie jederzeit weg. Sie lächelte sogar.
    »Gleich neben dem Haus. Pablo el Rey. Er liebte diese alten Autos. Ich habe seinen Silver Shadow ersteigert.« Reimann strahlte, schob sich an ihr vorbei, sorgsam darauf bedacht ihr nicht zu nahe zu kommen, und ging voraus. Durch den Loft, über den Hof zu einem langen Flachbau aus Holz, der ihr vorher nicht aufgefallen war.
    Reimann wartete auf sie und machte es spannend wie im Theater. Er richtete eine Fernsteuerung auf das breite Tor, das sich surrend hob. Gleichzeitig leuchteten innen ganze Reihen von Halogenstrahlern auf und ließen seidig schimmernde Kotflügel erglühen. Silbern, tintenblau, dottergelb, nachtschwarz und glutrot. Wie Perlen auf einer Kette standen da mehr als ein Dutzend Oldtimer, die aussahen, als hätten sie soeben erst die Fabrik verlassen. Es roch nach Öl, Benzin, frischem Lack und neuem Leder.
    Barbara vergaß ihre Angst. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Luxus pur. Ein paar erkannte sie auf Anhieb. Den edlen Bugatti T44 mit Weymann-Aufbau in tintenblau, einen Mercedes Benz K24, die Königliche Hoheit, von dem damals weniger als dreihundert Exemplare gebaut worden waren, in burgunderrot, einen echten alten Silver Ghost von 1922, den Rolls Royce der Maharadschas in schneeweiß, einen blutroten Lamborghini Diablo und ganz hinten in der Ecke einen grünen Zwölfzylinder Ferrari GTO. Der war nur neununddreißigmal gebaut worden und nur dreimal in grün! Einen Augenblick lang glaubte sie hinter den spiegelblanken Scheiben sogar den Fahrer am Steuer zu erkennen und erwartete fast das Aufheulen des Motors.
    »Die sind ja wunderschön!« Sie wandte sich zu Reimann um. Er hielt immer noch Abstand.
    »Und alle wären sofort fahrbereit.« Reimann strahlte ergriffen wie ein kleiner Junge unter dem Weihnachtsbaum. »Das ist mein Lebenswerk.« Seine Augen wurden feucht, es sah aus, als würde er gleich weinen.
    »Aber Pablos Silver Shadow ist nicht dabei.«
    Reimann schüttelte nur den Kopf.
    Oh Gott, Barbaras Adrenalin brodelte hoch, sie wandte sich zum Tor um.
    Zu spät.
    Reimann stand zwischen ihr und dem Tor, das sich gerade mit leisem Summen zu schließen begann. Er hielt die Fernsteuerung in der einen Hand, ein Feuerzeug in der anderen. Ein absurd großes Sturmfeuerzeug. Ließ es schnappen. Klack. Fluffff. Eine daumengroße Stichflamme schoss hoch. Er lächelte wehmütig. »Eins kannst du mir glauben. Es tut auch mir weh. Sehr weh.«
    Barbara sprang ihn an, aber er hatte das Feuerzeug schon geworfen. Es blieb nahe bei dem Rolls Royce liegen, und zunächst passierte nichts.
    Barbara krallte ihre Finger in Reimanns Gesicht und trat ihm mit dem Knie zwischen die Beine. Er schrie auf, ließ die Fernsteuerung fallen und packte ihre Haare, riss ihr den Kopf zurück und schlug ihr die Faust in den Bauch. Unter dem Feuerzeug schoss die erste kleine Flamme hoch. Blau mit grünweißen Spitzen. Eine Benzinpfütze.
    Das Tor senkte sich weiter. Noch etwas mehr als ein Meter.
    Barbara bekam keine Luft mehr. Reimann schleuderte sie zu Boden und rannte zum Tor. Sie sprang hoch, hechtete hinter ihm her. Neunzig Zentimeter. Er bückte sich, um unter dem Tor hindurchzuschlüpfen.
    Die erste Explosion. Nicht so bedrohlich. Ein kleines Krachen, ein nada gegen das Feuerwerk draußen. Dann die erste Stichflamme in dickem Maisgelb. Knattern, Fauchen, Rauch und weitere Explosionen. Es wurde heiß. Siebzig Zentimeter.
    Sie war bei ihm, packte seinen Fuß und zog ihn zurück. Er rollte sich herum, hatte plötzlich eine Pistole in der Hand. Sie trat nach seiner Hand, aber er hielt die Pistole fest. Eine neue Explosion füllte mit einem Schlag den ganzen Raum mit Feuer. Metallteile flogen durch die Luft. Eine ganze Kette neuer Explosionen. Die Luft glühte. Er drückte ab, wieder und
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